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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Nebenstrafen an der Freiheit. §. 49.
nur in den durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen,
dem richterlichen Ermessen anheimgegeben ist (StGB. §. 38).
Diese vorgesehenen Fälle sind: StGB. §§. 115, 116 (Auf-
ruhr und Auflauf), 122 (Meuterei von Gefangenen), 125
(Landfriedensbruch), 146, 147 (Münzverbrechen), 180, 181
(Kuppelei), 248 (Diebstahl und Unterschlagung), 256 (Raub
und Erpressung), 262 (Hehlerei), 294 (gewerbsmäßige Wild-
dieberei), 325 (Reihe von gemeingefährlichen Delikten), 49 a
(Aufforderung und Erbieten zu Verbrechen); ferner bei dem
Versuch eines mit Tod oder lebenslangem Zuchthaus be-
drohten Verbrechens und der Beihülfe zu einem solchen
(StGB. §§. 44 und 49); Nahrungsmittelgesetz 14. Mai
1879 §. 13.

Ist Polizeiaufsicht neben der Strafe des vollendeten Ver-
brechens oder Vergehens zulässig, so gilt Gleiches bei der
Versuchsstrafe (StGB. §. 45); ist sie wegen einer von
mehreren real konkurrierenden strafbaren Handlungen zulässig,
so kann auf sie auch neben der Gesammtstrafe erkannt werden
(StGB. §. 76).

Dem jugendlichen Thäter gegenüber darf Zulässigkeit der
Polizeiaufsicht nicht ausgesprochen werden (StGB. §. 57 Ziff. 5).

Durch ein solches Erkenntnis erhält die höhere Landes-
polizeibehörde die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnis-
verwaltung den Verurteilten auf die Dauer von höchstens
5 Jahren unter Polizeiaufsicht zu stellen. Diese Zeit wird
von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe ver-
büßt, verjährt oder erlassen ist (StGB. §. 38).

Die Polizeiaufsicht hat folgende Wirkungen:

a) dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen
bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde
untersagt werden;

Nebenſtrafen an der Freiheit. §. 49.
nur in den durch das Geſetz ausdrücklich vorgeſehenen Fällen,
dem richterlichen Ermeſſen anheimgegeben iſt (StGB. §. 38).
Dieſe vorgeſehenen Fälle ſind: StGB. §§. 115, 116 (Auf-
ruhr und Auflauf), 122 (Meuterei von Gefangenen), 125
(Landfriedensbruch), 146, 147 (Münzverbrechen), 180, 181
(Kuppelei), 248 (Diebſtahl und Unterſchlagung), 256 (Raub
und Erpreſſung), 262 (Hehlerei), 294 (gewerbsmäßige Wild-
dieberei), 325 (Reihe von gemeingefährlichen Delikten), 49 a
(Aufforderung und Erbieten zu Verbrechen); ferner bei dem
Verſuch eines mit Tod oder lebenslangem Zuchthaus be-
drohten Verbrechens und der Beihülfe zu einem ſolchen
(StGB. §§. 44 und 49); Nahrungsmittelgeſetz 14. Mai
1879 §. 13.

Iſt Polizeiaufſicht neben der Strafe des vollendeten Ver-
brechens oder Vergehens zuläſſig, ſo gilt Gleiches bei der
Verſuchsſtrafe (StGB. §. 45); iſt ſie wegen einer von
mehreren real konkurrierenden ſtrafbaren Handlungen zuläſſig,
ſo kann auf ſie auch neben der Geſammtſtrafe erkannt werden
(StGB. §. 76).

Dem jugendlichen Thäter gegenüber darf Zuläſſigkeit der
Polizeiaufſicht nicht ausgeſprochen werden (StGB. §. 57 Ziff. 5).

Durch ein ſolches Erkenntnis erhält die höhere Landes-
polizeibehörde die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnis-
verwaltung den Verurteilten auf die Dauer von höchſtens
5 Jahren unter Polizeiaufſicht zu ſtellen. Dieſe Zeit wird
von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsſtrafe ver-
büßt, verjährt oder erlaſſen iſt (StGB. §. 38).

Die Polizeiaufſicht hat folgende Wirkungen:

a) dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen
beſtimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde
unterſagt werden;
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[195/0221] Nebenſtrafen an der Freiheit. §. 49. nur in den durch das Geſetz ausdrücklich vorgeſehenen Fällen, dem richterlichen Ermeſſen anheimgegeben iſt (StGB. §. 38). Dieſe vorgeſehenen Fälle ſind: StGB. §§. 115, 116 (Auf- ruhr und Auflauf), 122 (Meuterei von Gefangenen), 125 (Landfriedensbruch), 146, 147 (Münzverbrechen), 180, 181 (Kuppelei), 248 (Diebſtahl und Unterſchlagung), 256 (Raub und Erpreſſung), 262 (Hehlerei), 294 (gewerbsmäßige Wild- dieberei), 325 (Reihe von gemeingefährlichen Delikten), 49 a (Aufforderung und Erbieten zu Verbrechen); ferner bei dem Verſuch eines mit Tod oder lebenslangem Zuchthaus be- drohten Verbrechens und der Beihülfe zu einem ſolchen (StGB. §§. 44 und 49); Nahrungsmittelgeſetz 14. Mai 1879 §. 13. Iſt Polizeiaufſicht neben der Strafe des vollendeten Ver- brechens oder Vergehens zuläſſig, ſo gilt Gleiches bei der Verſuchsſtrafe (StGB. §. 45); iſt ſie wegen einer von mehreren real konkurrierenden ſtrafbaren Handlungen zuläſſig, ſo kann auf ſie auch neben der Geſammtſtrafe erkannt werden (StGB. §. 76). Dem jugendlichen Thäter gegenüber darf Zuläſſigkeit der Polizeiaufſicht nicht ausgeſprochen werden (StGB. §. 57 Ziff. 5). Durch ein ſolches Erkenntnis erhält die höhere Landes- polizeibehörde die Befugnis, nach Anhörung der Gefängnis- verwaltung den Verurteilten auf die Dauer von höchſtens 5 Jahren unter Polizeiaufſicht zu ſtellen. Dieſe Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsſtrafe ver- büßt, verjährt oder erlaſſen iſt (StGB. §. 38). Die Polizeiaufſicht hat folgende Wirkungen: a) dem Verurteilten kann der Aufenthalt an einzelnen beſtimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde unterſagt werden;

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/221>, abgerufen am 26.04.2024.