merkmalen gleichgestellt werden (vgl. das oben unter II bez. der Widerrechtlichkeit Gesagte).
Es liegt also vorsätzlicher Diebstahl nicht vor, wenn ich die Eigenschaft der Sache als einer fremden; es liegt Ascen- dententodschlag nicht vor, wenn ich die Eigenschaft des Er- schlagenen als meines Ascendenten nicht kannte.
2. Es kann aber ein Umstand auch dadurch zu einem wesentlichen werden, daß er, unter Ausschluß aller an- deren korrespondierenden Umstände aus der Vor- stellung, mit vollster Bestimmtheit in die spezialisierte Vor- stellung aufgenommen wurde.
Wenn der Erfolg daher bei einem ganz außerhalb der Vorstellung liegenden Objekte oder auf einem außerhalb derselben liegenden Wege (Kausalzusammenhang) oder end- lich wenn an dem vorgestellten Objekte ein außerhalb der Vorstellung liegender Erfolg eingetreten ist:14 so kann der Erfolg nicht zum Vorsatze zugerechnet werden.
Aus dem Gesagten folgt, daß die Möglichkeit der Nicht- übereinstimmung zwischen Vorstellung und Erfolg in wesent- lichen Punkten mit der größeren Spezialisierung der Vor- stellung im geraden Verhältnisse steht.
Dabei kann es der richtigen Ansicht nach keinen Unter- schied machen, ob der Eintritt des Erfolges bei einem an- deren als dem vorgestellten Objekte zurückzuführen ist auf äußere Umstände (sog. aberratio ictus) oder auf einen Irrtum des Thäters über die Identität des Objektes (sog. error in objecto oder in persona). Es ist gleich unrichtig, die Zu- rechnung zum Vorsatz bei der aberratio immer ausschließen,
14 Man vgl. mit dem Gesagten Binding Normen II S. 434.
Der Vorſatz. §. 28.
merkmalen gleichgeſtellt werden (vgl. das oben unter II bez. der Widerrechtlichkeit Geſagte).
Es liegt alſo vorſätzlicher Diebſtahl nicht vor, wenn ich die Eigenſchaft der Sache als einer fremden; es liegt Aſcen- dententodſchlag nicht vor, wenn ich die Eigenſchaft des Er- ſchlagenen als meines Aſcendenten nicht kannte.
2. Es kann aber ein Umſtand auch dadurch zu einem weſentlichen werden, daß er, unter Ausſchluß aller an- deren korreſpondierenden Umſtände aus der Vor- ſtellung, mit vollſter Beſtimmtheit in die ſpezialiſierte Vor- ſtellung aufgenommen wurde.
Wenn der Erfolg daher bei einem ganz außerhalb der Vorſtellung liegenden Objekte oder auf einem außerhalb derſelben liegenden Wege (Kauſalzuſammenhang) oder end- lich wenn an dem vorgeſtellten Objekte ein außerhalb der Vorſtellung liegender Erfolg eingetreten iſt:14 ſo kann der Erfolg nicht zum Vorſatze zugerechnet werden.
Aus dem Geſagten folgt, daß die Möglichkeit der Nicht- übereinſtimmung zwiſchen Vorſtellung und Erfolg in weſent- lichen Punkten mit der größeren Spezialiſierung der Vor- ſtellung im geraden Verhältniſſe ſteht.
Dabei kann es der richtigen Anſicht nach keinen Unter- ſchied machen, ob der Eintritt des Erfolges bei einem an- deren als dem vorgeſtellten Objekte zurückzuführen iſt auf äußere Umſtände (ſog. aberratio ictus) oder auf einen Irrtum des Thäters über die Identität des Objektes (ſog. error in objecto oder in persona). Es iſt gleich unrichtig, die Zu- rechnung zum Vorſatz bei der aberratio immer ausſchließen,
14 Man vgl. mit dem Geſagten Binding Normen II S. 434.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0141"n="115"/><fwplace="top"type="header">Der Vorſatz. §. 28.</fw><lb/>
merkmalen gleichgeſtellt werden (vgl. das oben unter <hirendition="#aq">II</hi> bez.<lb/>
der Widerrechtlichkeit Geſagte).</p><lb/><p>Es liegt alſo vorſätzlicher Diebſtahl nicht vor, wenn ich<lb/>
die Eigenſchaft der Sache als einer fremden; es liegt Aſcen-<lb/>
dententodſchlag nicht vor, wenn ich die Eigenſchaft des Er-<lb/>ſchlagenen als meines Aſcendenten nicht kannte.</p><lb/><p>2. Es kann aber ein Umſtand auch dadurch zu einem<lb/>
weſentlichen werden, daß er, <hirendition="#g">unter Ausſchluß aller an-<lb/>
deren korreſpondierenden Umſtände aus der Vor-<lb/>ſtellung</hi>, mit vollſter Beſtimmtheit in die ſpezialiſierte Vor-<lb/>ſtellung aufgenommen wurde.</p><lb/><p>Wenn der Erfolg daher bei einem ganz außerhalb der<lb/>
Vorſtellung liegenden <hirendition="#g">Objekte</hi> oder auf einem außerhalb<lb/>
derſelben liegenden <hirendition="#g">Wege</hi> (Kauſalzuſammenhang) oder end-<lb/>
lich wenn an dem vorgeſtellten Objekte ein außerhalb der<lb/>
Vorſtellung liegender <hirendition="#g">Erfolg</hi> eingetreten iſt:<noteplace="foot"n="14">Man vgl. mit dem Geſagten <hirendition="#g">Binding</hi> Normen <hirendition="#aq">II</hi><lb/>
S. 434.</note>ſo kann der<lb/>
Erfolg nicht zum Vorſatze zugerechnet werden.</p><lb/><p>Aus dem Geſagten folgt, daß die Möglichkeit der Nicht-<lb/>
übereinſtimmung zwiſchen Vorſtellung und Erfolg in weſent-<lb/>
lichen Punkten mit der größeren Spezialiſierung der Vor-<lb/>ſtellung im geraden Verhältniſſe ſteht.</p><lb/><p>Dabei kann es der richtigen Anſicht nach keinen Unter-<lb/>ſchied machen, ob der Eintritt des Erfolges bei einem an-<lb/>
deren als dem vorgeſtellten Objekte zurückzuführen iſt auf<lb/>
äußere Umſtände (ſog. <hirendition="#aq">aberratio ictus</hi>) oder auf einen Irrtum<lb/>
des Thäters über die Identität des Objektes (ſog. <hirendition="#aq">error in<lb/>
objecto</hi> oder <hirendition="#aq">in persona</hi>). Es iſt gleich unrichtig, die Zu-<lb/>
rechnung zum Vorſatz bei der <hirendition="#aq">aberratio</hi> immer ausſchließen,<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[115/0141]
Der Vorſatz. §. 28.
merkmalen gleichgeſtellt werden (vgl. das oben unter II bez.
der Widerrechtlichkeit Geſagte).
Es liegt alſo vorſätzlicher Diebſtahl nicht vor, wenn ich
die Eigenſchaft der Sache als einer fremden; es liegt Aſcen-
dententodſchlag nicht vor, wenn ich die Eigenſchaft des Er-
ſchlagenen als meines Aſcendenten nicht kannte.
2. Es kann aber ein Umſtand auch dadurch zu einem
weſentlichen werden, daß er, unter Ausſchluß aller an-
deren korreſpondierenden Umſtände aus der Vor-
ſtellung, mit vollſter Beſtimmtheit in die ſpezialiſierte Vor-
ſtellung aufgenommen wurde.
Wenn der Erfolg daher bei einem ganz außerhalb der
Vorſtellung liegenden Objekte oder auf einem außerhalb
derſelben liegenden Wege (Kauſalzuſammenhang) oder end-
lich wenn an dem vorgeſtellten Objekte ein außerhalb der
Vorſtellung liegender Erfolg eingetreten iſt: 14 ſo kann der
Erfolg nicht zum Vorſatze zugerechnet werden.
Aus dem Geſagten folgt, daß die Möglichkeit der Nicht-
übereinſtimmung zwiſchen Vorſtellung und Erfolg in weſent-
lichen Punkten mit der größeren Spezialiſierung der Vor-
ſtellung im geraden Verhältniſſe ſteht.
Dabei kann es der richtigen Anſicht nach keinen Unter-
ſchied machen, ob der Eintritt des Erfolges bei einem an-
deren als dem vorgeſtellten Objekte zurückzuführen iſt auf
äußere Umſtände (ſog. aberratio ictus) oder auf einen Irrtum
des Thäters über die Identität des Objektes (ſog. error in
objecto oder in persona). Es iſt gleich unrichtig, die Zu-
rechnung zum Vorſatz bei der aberratio immer ausſchließen,
14 Man vgl. mit dem Geſagten Binding Normen II
S. 434.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/141>, abgerufen am 01.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.