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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Drittes Buch. Delikte gegen "uneigentliche" Rechtsgüter.

3. Der Ehebruch (StGB. §. 172),7 begangen nur
durch eigentlichen Beischlaf, d. i. die naturgemäße Ver-
einigung der Geschlechtsteile; nicht durch beischlafsähn-
liche Handlungen
, d. i. durch Mißbrauch des Körpers
eines Andern zur Befriedigung des eigenen Geschlechts-
triebes; nicht durch unzüchtige, d. i. auf Erregung des
Geschlechtstriebes gerichtete Handlungen. Der Ehebruch ist
Antragsdelikt. Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten.

Scheidung der Ehe wegen des betreffenden Ehebruches
ist Bedingung der Strafbarkeit; erst mit ihr beginnt
daher der Lauf der Antragsfrist,8 während die Ver-
jährung
der Strafverfolgung nach allgemeiner Regel (vgl.
oben §. 58 II 2) schon mit der Begehung des Ehebruches
beginnt, allerdings aber nach §. 69 StGB. während der
Dauer des Scheidungsverfahrens ruht (vgl. oben §. 58 II 4).

V. Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit.
§. 91.

Auch die Sittlichkeit ist ein uneigentliches Rechtsgut. Sie
ist kein rechtlich geschütztes Interesse des Staates, sie ist auch
im modernen Rechte kein Rechtsgut des Einzelnen, wenn wir
nicht, gewissen Sittlichkeitsdelikten wie der Notzucht gegen-
über, die Sittlichkeit auffassen wollen als das Rechtsgut der
persönlichen Freiheit in ihrer Bethätigung nach einer be-
1

7 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 615
Note 7. Dazu Wahlberg HR.
"Ehebruch", Rosenthal, die
Rechtsfolgen des Ehebruchs 1880
(historisch).
8 [Spaltenumbruch] Ebenso RGR. 31. Januar
1880, E I 44, R I 180; 23. März[Spaltenumbruch] 1880, R I 505. Vgl. auch oben
§. 30 II, und Fischer GS.
XXXI.
1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 610
Note 1. Dazu Villnow GS.
XXX.
Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter.

3. Der Ehebruch (StGB. §. 172),7 begangen nur
durch eigentlichen Beiſchlaf, d. i. die naturgemäße Ver-
einigung der Geſchlechtsteile; nicht durch beiſchlafsähn-
liche Handlungen
, d. i. durch Mißbrauch des Körpers
eines Andern zur Befriedigung des eigenen Geſchlechts-
triebes; nicht durch unzüchtige, d. i. auf Erregung des
Geſchlechtstriebes gerichtete Handlungen. Der Ehebruch iſt
Antragsdelikt. Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten.

Scheidung der Ehe wegen des betreffenden Ehebruches
iſt Bedingung der Strafbarkeit; erſt mit ihr beginnt
daher der Lauf der Antragsfriſt,8 während die Ver-
jährung
der Strafverfolgung nach allgemeiner Regel (vgl.
oben §. 58 II 2) ſchon mit der Begehung des Ehebruches
beginnt, allerdings aber nach §. 69 StGB. während der
Dauer des Scheidungsverfahrens ruht (vgl. oben §. 58 II 4).

V. Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit.
§. 91.

Auch die Sittlichkeit iſt ein uneigentliches Rechtsgut. Sie
iſt kein rechtlich geſchütztes Intereſſe des Staates, ſie iſt auch
im modernen Rechte kein Rechtsgut des Einzelnen, wenn wir
nicht, gewiſſen Sittlichkeitsdelikten wie der Notzucht gegen-
über, die Sittlichkeit auffaſſen wollen als das Rechtsgut der
perſönlichen Freiheit in ihrer Bethätigung nach einer be-
1

7 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 615
Note 7. Dazu Wahlberg HR.
„Ehebruch“, Roſenthal, die
Rechtsfolgen des Ehebruchs 1880
(hiſtoriſch).
8 [Spaltenumbruch] Ebenſo RGR. 31. Januar
1880, E I 44, R I 180; 23. März[Spaltenumbruch] 1880, R I 505. Vgl. auch oben
§. 30 II, und Fiſcher GS.
XXXI.
1 [Spaltenumbruch] Lit. bei Meyer S. 610
Note 1. Dazu Villnow GS.
XXX.
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[370/0396] Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter. 3. Der Ehebruch (StGB. §. 172), 7 begangen nur durch eigentlichen Beiſchlaf, d. i. die naturgemäße Ver- einigung der Geſchlechtsteile; nicht durch beiſchlafsähn- liche Handlungen, d. i. durch Mißbrauch des Körpers eines Andern zur Befriedigung des eigenen Geſchlechts- triebes; nicht durch unzüchtige, d. i. auf Erregung des Geſchlechtstriebes gerichtete Handlungen. Der Ehebruch iſt Antragsdelikt. Strafe: Gefängnis bis zu 6 Monaten. Scheidung der Ehe wegen des betreffenden Ehebruches iſt Bedingung der Strafbarkeit; erſt mit ihr beginnt daher der Lauf der Antragsfriſt, 8 während die Ver- jährung der Strafverfolgung nach allgemeiner Regel (vgl. oben §. 58 II 2) ſchon mit der Begehung des Ehebruches beginnt, allerdings aber nach §. 69 StGB. während der Dauer des Scheidungsverfahrens ruht (vgl. oben §. 58 II 4). V. Strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit. §. 91. Auch die Sittlichkeit iſt ein uneigentliches Rechtsgut. Sie iſt kein rechtlich geſchütztes Intereſſe des Staates, ſie iſt auch im modernen Rechte kein Rechtsgut des Einzelnen, wenn wir nicht, gewiſſen Sittlichkeitsdelikten wie der Notzucht gegen- über, die Sittlichkeit auffaſſen wollen als das Rechtsgut der perſönlichen Freiheit in ihrer Bethätigung nach einer be- 1 7 Lit. bei Meyer S. 615 Note 7. Dazu Wahlberg HR. „Ehebruch“, Roſenthal, die Rechtsfolgen des Ehebruchs 1880 (hiſtoriſch). 8 Ebenſo RGR. 31. Januar 1880, E I 44, R I 180; 23. März 1880, R I 505. Vgl. auch oben §. 30 II, und Fiſcher GS. XXXI. 1 Lit. bei Meyer S. 610 Note 1. Dazu Villnow GS. XXX.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/396>, abgerufen am 21.11.2024.