Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. III. Delikte gegeu das Vermögen.
baren Versuches, ebenso wie die Möglichkeit strafbarer Teil-
nahme (§. 37 I 2 c und II 2) behaupten müssen. Wird der
geplante Betrug wirklich ausgeführt, so kann nach dem oben
§. 40 II c Gesagten nicht etwa Konkurrenz von Versicherungs-
betrug und einfachem Betrug angenommen werden; die auf
die Vorbereitungshandlung gesetzte Strafe ist, der Betrugsstrafe
gegenüber, eine so hohe, daß wir vielmehr zu dem Resultate
gelangen müssen, die Ausführungshandlung komme der Vor-
bereitungshandlung gegenüber strafrechtlich gar nicht mehr
in Betracht.

2.
§. 74. Die Erpressung.1

I. Begriff.

1. Erpressung ist Vermögensbeschädigung in Be-
reicherungsabsicht durch Nötigung
. Das Mittel der
Vermögensbeschädigung scheidet die Erpressung vom Betrug.
Negativ: hier aber nicht dort das mangelnde Bewußtsein
von der Kausalität des Thuns auf Seiten des Beschädigten;
positiv: dort aber nicht hier das Bewußtsein von der Un-
freiwilligkeit des Thuns. Das Vorhalten einer nicht gela-
denen Pistole, die Behauptung Vertreter einer gefürchteten
Räuberbande zu sein usw., können als Mittel der Erpressung
wie des Raubes, nicht des Betruges, in Betracht kommen.

2. Das positive Recht hat den Begriff der Erpressung
teilweise abweichend gestaltet.

a) Es hat die Vermögensbeschädigung aus der Delikts-
definition entfernt, und sich mit der Bereicherungs-
1 Lit. bei Meyer S. 512 Note 1. Dazu Katz GS. XXXI.

Erſtes Buch. III. Delikte gegeu das Vermögen.
baren Verſuches, ebenſo wie die Möglichkeit ſtrafbarer Teil-
nahme (§. 37 I 2 c und II 2) behaupten müſſen. Wird der
geplante Betrug wirklich ausgeführt, ſo kann nach dem oben
§. 40 II c Geſagten nicht etwa Konkurrenz von Verſicherungs-
betrug und einfachem Betrug angenommen werden; die auf
die Vorbereitungshandlung geſetzte Strafe iſt, der Betrugsſtrafe
gegenüber, eine ſo hohe, daß wir vielmehr zu dem Reſultate
gelangen müſſen, die Ausführungshandlung komme der Vor-
bereitungshandlung gegenüber ſtrafrechtlich gar nicht mehr
in Betracht.

2.
§. 74. Die Erpreſſung.1

I. Begriff.

1. Erpreſſung iſt Vermögensbeſchädigung in Be-
reicherungsabſicht durch Nötigung
. Das Mittel der
Vermögensbeſchädigung ſcheidet die Erpreſſung vom Betrug.
Negativ: hier aber nicht dort das mangelnde Bewußtſein
von der Kauſalität des Thuns auf Seiten des Beſchädigten;
poſitiv: dort aber nicht hier das Bewußtſein von der Un-
freiwilligkeit des Thuns. Das Vorhalten einer nicht gela-
denen Piſtole, die Behauptung Vertreter einer gefürchteten
Räuberbande zu ſein uſw., können als Mittel der Erpreſſung
wie des Raubes, nicht des Betruges, in Betracht kommen.

2. Das poſitive Recht hat den Begriff der Erpreſſung
teilweiſe abweichend geſtaltet.

a) Es hat die Vermögensbeſchädigung aus der Delikts-
definition entfernt, und ſich mit der Bereicherungs-
1 Lit. bei Meyer S. 512 Note 1. Dazu Katz GS. XXXI.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0322" n="296"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch. <hi rendition="#aq">III.</hi> Delikte gegeu das Vermögen.</fw><lb/>
baren Ver&#x017F;uches, eben&#x017F;o wie die Möglichkeit &#x017F;trafbarer Teil-<lb/>
nahme (§. 37 <hi rendition="#aq">I 2 c</hi> und <hi rendition="#aq">II</hi> 2) behaupten mü&#x017F;&#x017F;en. Wird der<lb/>
geplante Betrug wirklich ausgeführt, &#x017F;o kann nach dem oben<lb/>
§. 40 <hi rendition="#aq">II c</hi> Ge&#x017F;agten nicht etwa Konkurrenz von Ver&#x017F;icherungs-<lb/>
betrug und einfachem Betrug angenommen werden; die auf<lb/>
die Vorbereitungshandlung ge&#x017F;etzte Strafe i&#x017F;t, der Betrugs&#x017F;trafe<lb/>
gegenüber, eine &#x017F;o hohe, daß wir vielmehr zu dem Re&#x017F;ultate<lb/>
gelangen mü&#x017F;&#x017F;en, die Ausführungshandlung komme der Vor-<lb/>
bereitungshandlung gegenüber &#x017F;trafrechtlich <hi rendition="#g">gar nicht mehr</hi><lb/>
in Betracht.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>2.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head> <hi rendition="#b">§. 74. Die Erpre&#x017F;&#x017F;ung.</hi> <note place="foot" n="1">Lit. bei <hi rendition="#g">Meyer</hi> S. 512 Note 1. Dazu <hi rendition="#g">Katz</hi> GS. <hi rendition="#aq">XXXI.</hi></note>
                  </head><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Begriff</hi>.</p><lb/>
                  <p>1. Erpre&#x017F;&#x017F;ung i&#x017F;t <hi rendition="#g">Vermögensbe&#x017F;chädigung in Be-<lb/>
reicherungsab&#x017F;icht durch Nötigung</hi>. Das Mittel der<lb/>
Vermögensbe&#x017F;chädigung &#x017F;cheidet die Erpre&#x017F;&#x017F;ung vom Betrug.<lb/><hi rendition="#g">Negativ</hi>: hier aber nicht dort das mangelnde Bewußt&#x017F;ein<lb/>
von der Kau&#x017F;alität des Thuns auf Seiten des Be&#x017F;chädigten;<lb/><hi rendition="#g">po&#x017F;itiv</hi>: dort aber nicht hier das Bewußt&#x017F;ein von der Un-<lb/>
freiwilligkeit des Thuns. Das Vorhalten einer nicht gela-<lb/>
denen Pi&#x017F;tole, die Behauptung Vertreter einer gefürchteten<lb/>
Räuberbande zu &#x017F;ein u&#x017F;w., können als Mittel der Erpre&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
wie des Raubes, nicht des Betruges, in Betracht kommen.</p><lb/>
                  <p>2. Das <hi rendition="#g">po&#x017F;itive Recht</hi> hat den Begriff der Erpre&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
teilwei&#x017F;e abweichend ge&#x017F;taltet.</p><lb/>
                  <list>
                    <item><hi rendition="#aq">a</hi>) Es hat die Vermögensbe&#x017F;chädigung aus der Delikts-<lb/>
definition entfernt, und &#x017F;ich mit der Bereicherungs-<lb/></item>
                  </list>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0322] Erſtes Buch. III. Delikte gegeu das Vermögen. baren Verſuches, ebenſo wie die Möglichkeit ſtrafbarer Teil- nahme (§. 37 I 2 c und II 2) behaupten müſſen. Wird der geplante Betrug wirklich ausgeführt, ſo kann nach dem oben §. 40 II c Geſagten nicht etwa Konkurrenz von Verſicherungs- betrug und einfachem Betrug angenommen werden; die auf die Vorbereitungshandlung geſetzte Strafe iſt, der Betrugsſtrafe gegenüber, eine ſo hohe, daß wir vielmehr zu dem Reſultate gelangen müſſen, die Ausführungshandlung komme der Vor- bereitungshandlung gegenüber ſtrafrechtlich gar nicht mehr in Betracht. 2. §. 74. Die Erpreſſung. 1 I. Begriff. 1. Erpreſſung iſt Vermögensbeſchädigung in Be- reicherungsabſicht durch Nötigung. Das Mittel der Vermögensbeſchädigung ſcheidet die Erpreſſung vom Betrug. Negativ: hier aber nicht dort das mangelnde Bewußtſein von der Kauſalität des Thuns auf Seiten des Beſchädigten; poſitiv: dort aber nicht hier das Bewußtſein von der Un- freiwilligkeit des Thuns. Das Vorhalten einer nicht gela- denen Piſtole, die Behauptung Vertreter einer gefürchteten Räuberbande zu ſein uſw., können als Mittel der Erpreſſung wie des Raubes, nicht des Betruges, in Betracht kommen. 2. Das poſitive Recht hat den Begriff der Erpreſſung teilweiſe abweichend geſtaltet. a) Es hat die Vermögensbeſchädigung aus der Delikts- definition entfernt, und ſich mit der Bereicherungs- 1 Lit. bei Meyer S. 512 Note 1. Dazu Katz GS. XXXI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/322
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/322>, abgerufen am 22.12.2024.