Erstes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.
ist auch die vielbesprochene Frage, ob auf diese Fälle §. 73 StGB. analog anzuwenden sei -- eine Frage, die bei rich- tiger Fassung des Konkurrenzbegriffes gar nicht aufgeworfen werden kann -- erledigt. Zur Anwendung gelangt hier vielmehr nur die allgemeine, nirgends ausdrücklich im Ge- setze ausgesprochene, weil selbstverständliche Regel, daß eine Handlung nur unter ein Strafgesetz subsumiert werden und nur eine Strafe nach sich ziehen kann; eine Strafe, bei deren Bemessung (vgl. unten §. 53 II 1 und III) die Aus- breitung der einen Rechtsverletzung allerdings in Anschlag zu bringen ist.
§. 41. Mehrheit der Uerbrechen. Rückfall und Realkonkurrenz.
Mehrere Verbrechen desselben Thäters stehen nicht not- wendig in juristischer Beziehung zu einander. Wir haben im Gegenteile, von besonderer gesetzlicher Anordnung abge- sehen, die mehreren Verbrechen desselben Thäters ebenso selbständig zu behandeln, wie mehrere Handlungen verschie- dener Thäter. Eine strafrechtlich relevante Beziehung der meh- reren Handlungen desselben Thäters untereinander entsteht nur durch positivrechtliche, von sekundären Gesichtspunkten beeinflußte Anordnung des Gesetzgebers. Nach geltendem Rechte kann diese Beziehung sein:
I.Rückfall; d. i. Begehung eines gleichen oder gleich- artigen Verbrechens nach gänzlicher oder teilweiser Ver- büßung oder Erlassung der wegen eines früher begangenen gleichen oder gleichartigen Verbrechens zuerkannten Strafe; vorausgesetzt, daß nicht seit Verbüßung oder Erlaß der frü- heren Strafe bis zur Begehung des neuen Verbrechens ein
Erſtes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.
iſt auch die vielbeſprochene Frage, ob auf dieſe Fälle §. 73 StGB. analog anzuwenden ſei — eine Frage, die bei rich- tiger Faſſung des Konkurrenzbegriffes gar nicht aufgeworfen werden kann — erledigt. Zur Anwendung gelangt hier vielmehr nur die allgemeine, nirgends ausdrücklich im Ge- ſetze ausgeſprochene, weil ſelbſtverſtändliche Regel, daß eine Handlung nur unter ein Strafgeſetz ſubſumiert werden und nur eine Strafe nach ſich ziehen kann; eine Strafe, bei deren Bemeſſung (vgl. unten §. 53 II 1 und III) die Aus- breitung der einen Rechtsverletzung allerdings in Anſchlag zu bringen iſt.
§. 41. Mehrheit der Uerbrechen. Rückfall und Realkonkurrenz.
Mehrere Verbrechen desſelben Thäters ſtehen nicht not- wendig in juriſtiſcher Beziehung zu einander. Wir haben im Gegenteile, von beſonderer geſetzlicher Anordnung abge- ſehen, die mehreren Verbrechen desſelben Thäters ebenſo ſelbſtändig zu behandeln, wie mehrere Handlungen verſchie- dener Thäter. Eine ſtrafrechtlich relevante Beziehung der meh- reren Handlungen desſelben Thäters untereinander entſteht nur durch poſitivrechtliche, von ſekundären Geſichtspunkten beeinflußte Anordnung des Geſetzgebers. Nach geltendem Rechte kann dieſe Beziehung ſein:
I.Rückfall; d. i. Begehung eines gleichen oder gleich- artigen Verbrechens nach gänzlicher oder teilweiſer Ver- büßung oder Erlaſſung der wegen eines früher begangenen gleichen oder gleichartigen Verbrechens zuerkannten Strafe; vorausgeſetzt, daß nicht ſeit Verbüßung oder Erlaß der frü- heren Strafe bis zur Begehung des neuen Verbrechens ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0194"n="168"/><fwplace="top"type="header">Erſtes Buch. <hirendition="#aq">VIII.</hi> Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.</fw><lb/>
iſt auch die vielbeſprochene Frage, ob auf dieſe Fälle §. 73<lb/>
StGB. analog anzuwenden ſei — eine Frage, die bei rich-<lb/>
tiger Faſſung des Konkurrenzbegriffes gar nicht aufgeworfen<lb/>
werden kann — erledigt. Zur Anwendung gelangt hier<lb/>
vielmehr nur die allgemeine, nirgends ausdrücklich im Ge-<lb/>ſetze ausgeſprochene, weil ſelbſtverſtändliche Regel, daß eine<lb/>
Handlung nur unter ein Strafgeſetz ſubſumiert werden und<lb/>
nur eine Strafe nach ſich ziehen kann; eine Strafe, bei<lb/>
deren Bemeſſung (vgl. unten §. 53 <hirendition="#aq">II</hi> 1 und <hirendition="#aq">III</hi>) die Aus-<lb/>
breitung der einen Rechtsverletzung allerdings in Anſchlag<lb/>
zu bringen iſt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 41.<lb/><hirendition="#b">Mehrheit der Uerbrechen. Rückfall und Realkonkurrenz.</hi></head><lb/><p>Mehrere Verbrechen desſelben Thäters ſtehen nicht not-<lb/>
wendig in juriſtiſcher Beziehung zu einander. Wir haben<lb/>
im Gegenteile, von beſonderer geſetzlicher Anordnung abge-<lb/>ſehen, die mehreren Verbrechen desſelben Thäters ebenſo<lb/>ſelbſtändig zu behandeln, wie mehrere Handlungen verſchie-<lb/>
dener Thäter. Eine ſtrafrechtlich relevante Beziehung der meh-<lb/>
reren Handlungen desſelben Thäters untereinander entſteht<lb/>
nur durch poſitivrechtliche, von ſekundären Geſichtspunkten<lb/>
beeinflußte Anordnung des Geſetzgebers. Nach geltendem<lb/>
Rechte kann dieſe Beziehung ſein:</p><lb/><p><hirendition="#aq">I.</hi><hirendition="#g">Rückfall</hi>; d. i. Begehung eines gleichen oder gleich-<lb/>
artigen Verbrechens <hirendition="#g">nach</hi> gänzlicher oder teilweiſer Ver-<lb/>
büßung oder Erlaſſung der wegen eines früher begangenen<lb/>
gleichen oder gleichartigen Verbrechens zuerkannten Strafe;<lb/>
vorausgeſetzt, daß nicht ſeit Verbüßung oder Erlaß der frü-<lb/>
heren Strafe bis zur Begehung des neuen Verbrechens ein<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[168/0194]
Erſtes Buch. VIII. Verbrechens-Einheit u. -Mehrheit.
iſt auch die vielbeſprochene Frage, ob auf dieſe Fälle §. 73
StGB. analog anzuwenden ſei — eine Frage, die bei rich-
tiger Faſſung des Konkurrenzbegriffes gar nicht aufgeworfen
werden kann — erledigt. Zur Anwendung gelangt hier
vielmehr nur die allgemeine, nirgends ausdrücklich im Ge-
ſetze ausgeſprochene, weil ſelbſtverſtändliche Regel, daß eine
Handlung nur unter ein Strafgeſetz ſubſumiert werden und
nur eine Strafe nach ſich ziehen kann; eine Strafe, bei
deren Bemeſſung (vgl. unten §. 53 II 1 und III) die Aus-
breitung der einen Rechtsverletzung allerdings in Anſchlag
zu bringen iſt.
§. 41.
Mehrheit der Uerbrechen. Rückfall und Realkonkurrenz.
Mehrere Verbrechen desſelben Thäters ſtehen nicht not-
wendig in juriſtiſcher Beziehung zu einander. Wir haben
im Gegenteile, von beſonderer geſetzlicher Anordnung abge-
ſehen, die mehreren Verbrechen desſelben Thäters ebenſo
ſelbſtändig zu behandeln, wie mehrere Handlungen verſchie-
dener Thäter. Eine ſtrafrechtlich relevante Beziehung der meh-
reren Handlungen desſelben Thäters untereinander entſteht
nur durch poſitivrechtliche, von ſekundären Geſichtspunkten
beeinflußte Anordnung des Geſetzgebers. Nach geltendem
Rechte kann dieſe Beziehung ſein:
I. Rückfall; d. i. Begehung eines gleichen oder gleich-
artigen Verbrechens nach gänzlicher oder teilweiſer Ver-
büßung oder Erlaſſung der wegen eines früher begangenen
gleichen oder gleichartigen Verbrechens zuerkannten Strafe;
vorausgeſetzt, daß nicht ſeit Verbüßung oder Erlaß der frü-
heren Strafe bis zur Begehung des neuen Verbrechens ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/194>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.