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List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.

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Überhaupt muß es Grundsatz sein, das Werk so viel möglich zu fördern, selbst wenn zu diesem Zwecke höhere Preise und Löhne bezahlt werden müssen, weil in der Regel die Zinsenersparniß an den Baukosten und die früher eintretenden Erträgnisse des Unternehmens den Mehrbetrag der Kosten weit überwiegen.

Die mit Leitung der Geschäfte besonders beauftragten Directoren sollten während des Baues einer großen Eisenbahn ihre Zeit ganz und ungetheilt dem Unternehmen widmen. Diese Stellen sollten nicht zu bloßer Befriedigung des Ehrgeizes dienen können, und ihnen sowohl als den Technikern sollte während ihrer Amtsführung untersagt sein, andere Privat- oder öffentliche Geschäfte zu betreiben. Wenn ihnen auch zur Entschädigung viel bedeutendere Gehalte geschöpft werden müssen, so kommt dieser Aufwand wenig in Betracht im Vergleich mit den Verlusten, die aus den Verzögerungen erwachsen.

Nach Vollendung des Baues wird es am zweckmäßigsten sein, den Directoren und dem leitenden Techniker, neben einer ganz mäßigen fixen Besoldung eine Tantieme von dem über 4 pCt. sich belaufenden Reinertrage auszusetzen.

Den Directoren und Angestellten darf es nicht erlaubt sein, in den Actien irgend einer Eisenbahn, am wenigsten aber in den Actien derjenigen Compagnie, deren Angelegenheiten sie dirigiren, zu speculiren, weder auf eigene Rechnung und unter eigenem Namen, noch in Gemeinschaft mit Andern und unter fremdem Namen; sie sollten deshalb bei dem Antritt des Amtes eine eidliche Versicherung auszustellen haben. In Contraventionsfällen aber sollten nicht nur die Contracte für null und nichtig erklärt, sondern auch neben dem Verlust ihrer Stellen eine dem Belauf des ganzen Contracts gleichkommende Geldstrafe, und zwar zur einen Hälfte zum Besten der Compagnie, zur andern Hälfte zum Besten des Denuncianten über sie verhängt werden. Jedoch sollten sie mit Vorwissen und Genehmigung des Ausschusses Actien, die sie besitzen, verkaufen oder auch neue Ankäufe machen können.

Compagnien, welchen vom Staat kein Minimum des Ertrags garantirt ist, und solche, die auf einen den Baukosten entsprechenden Reinertrag nicht mit voller Sicherheit rechnen können, werden nicht wohl daran thun, die kostbarste Bauart zu wählen; auch ist es nicht billig von Seiten des Staats, sie dazu zu verpflichten.

Jede Privatunternehmung, die nicht unmittelbar nach ihrer Beendigung wenigstens 3 Procent bringt, wie vollkommen sie auch in technischer Beziehung sein mag, da sie eine Masse von Familienunglück im Gefolge hat, ist eine verfehlte und schädliche. Privaten können nicht wie Staaten und Gemeinheiten überhaupt darauf rechnen, daß dasjenige, was sie in den nächsten 15 Jahren verlieren, ihnen werde in den folgenden 15 Jahren ersetzt werden. Wollten sie auch den größeren und sichereren Reinertrag einer unvollkommeneren und

Überhaupt muß es Grundsatz sein, das Werk so viel möglich zu fördern, selbst wenn zu diesem Zwecke höhere Preise und Löhne bezahlt werden müssen, weil in der Regel die Zinsenersparniß an den Baukosten und die früher eintretenden Erträgnisse des Unternehmens den Mehrbetrag der Kosten weit überwiegen.

Die mit Leitung der Geschäfte besonders beauftragten Directoren sollten während des Baues einer großen Eisenbahn ihre Zeit ganz und ungetheilt dem Unternehmen widmen. Diese Stellen sollten nicht zu bloßer Befriedigung des Ehrgeizes dienen können, und ihnen sowohl als den Technikern sollte während ihrer Amtsführung untersagt sein, andere Privat- oder öffentliche Geschäfte zu betreiben. Wenn ihnen auch zur Entschädigung viel bedeutendere Gehalte geschöpft werden müssen, so kommt dieser Aufwand wenig in Betracht im Vergleich mit den Verlusten, die aus den Verzögerungen erwachsen.

Nach Vollendung des Baues wird es am zweckmäßigsten sein, den Directoren und dem leitenden Techniker, neben einer ganz mäßigen fixen Besoldung eine Tantieme von dem über 4 pCt. sich belaufenden Reinertrage auszusetzen.

Den Directoren und Angestellten darf es nicht erlaubt sein, in den Actien irgend einer Eisenbahn, am wenigsten aber in den Actien derjenigen Compagnie, deren Angelegenheiten sie dirigiren, zu speculiren, weder auf eigene Rechnung und unter eigenem Namen, noch in Gemeinschaft mit Andern und unter fremdem Namen; sie sollten deshalb bei dem Antritt des Amtes eine eidliche Versicherung auszustellen haben. In Contraventionsfällen aber sollten nicht nur die Contracte für null und nichtig erklärt, sondern auch neben dem Verlust ihrer Stellen eine dem Belauf des ganzen Contracts gleichkommende Geldstrafe, und zwar zur einen Hälfte zum Besten der Compagnie, zur andern Hälfte zum Besten des Denuncianten über sie verhängt werden. Jedoch sollten sie mit Vorwissen und Genehmigung des Ausschusses Actien, die sie besitzen, verkaufen oder auch neue Ankäufe machen können.

Compagnien, welchen vom Staat kein Minimum des Ertrags garantirt ist, und solche, die auf einen den Baukosten entsprechenden Reinertrag nicht mit voller Sicherheit rechnen können, werden nicht wohl daran thun, die kostbarste Bauart zu wählen; auch ist es nicht billig von Seiten des Staats, sie dazu zu verpflichten.

Jede Privatunternehmung, die nicht unmittelbar nach ihrer Beendigung wenigstens 3 Procent bringt, wie vollkommen sie auch in technischer Beziehung sein mag, da sie eine Masse von Familienunglück im Gefolge hat, ist eine verfehlte und schädliche. Privaten können nicht wie Staaten und Gemeinheiten überhaupt darauf rechnen, daß dasjenige, was sie in den nächsten 15 Jahren verlieren, ihnen werde in den folgenden 15 Jahren ersetzt werden. Wollten sie auch den größeren und sichereren Reinertrag einer unvollkommeneren und

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[53/0054] Überhaupt muß es Grundsatz sein, das Werk so viel möglich zu fördern, selbst wenn zu diesem Zwecke höhere Preise und Löhne bezahlt werden müssen, weil in der Regel die Zinsenersparniß an den Baukosten und die früher eintretenden Erträgnisse des Unternehmens den Mehrbetrag der Kosten weit überwiegen. Die mit Leitung der Geschäfte besonders beauftragten Directoren sollten während des Baues einer großen Eisenbahn ihre Zeit ganz und ungetheilt dem Unternehmen widmen. Diese Stellen sollten nicht zu bloßer Befriedigung des Ehrgeizes dienen können, und ihnen sowohl als den Technikern sollte während ihrer Amtsführung untersagt sein, andere Privat- oder öffentliche Geschäfte zu betreiben. Wenn ihnen auch zur Entschädigung viel bedeutendere Gehalte geschöpft werden müssen, so kommt dieser Aufwand wenig in Betracht im Vergleich mit den Verlusten, die aus den Verzögerungen erwachsen. Nach Vollendung des Baues wird es am zweckmäßigsten sein, den Directoren und dem leitenden Techniker, neben einer ganz mäßigen fixen Besoldung eine Tantieme von dem über 4 pCt. sich belaufenden Reinertrage auszusetzen. Den Directoren und Angestellten darf es nicht erlaubt sein, in den Actien irgend einer Eisenbahn, am wenigsten aber in den Actien derjenigen Compagnie, deren Angelegenheiten sie dirigiren, zu speculiren, weder auf eigene Rechnung und unter eigenem Namen, noch in Gemeinschaft mit Andern und unter fremdem Namen; sie sollten deshalb bei dem Antritt des Amtes eine eidliche Versicherung auszustellen haben. In Contraventionsfällen aber sollten nicht nur die Contracte für null und nichtig erklärt, sondern auch neben dem Verlust ihrer Stellen eine dem Belauf des ganzen Contracts gleichkommende Geldstrafe, und zwar zur einen Hälfte zum Besten der Compagnie, zur andern Hälfte zum Besten des Denuncianten über sie verhängt werden. Jedoch sollten sie mit Vorwissen und Genehmigung des Ausschusses Actien, die sie besitzen, verkaufen oder auch neue Ankäufe machen können. Compagnien, welchen vom Staat kein Minimum des Ertrags garantirt ist, und solche, die auf einen den Baukosten entsprechenden Reinertrag nicht mit voller Sicherheit rechnen können, werden nicht wohl daran thun, die kostbarste Bauart zu wählen; auch ist es nicht billig von Seiten des Staats, sie dazu zu verpflichten. Jede Privatunternehmung, die nicht unmittelbar nach ihrer Beendigung wenigstens 3 Procent bringt, wie vollkommen sie auch in technischer Beziehung sein mag, da sie eine Masse von Familienunglück im Gefolge hat, ist eine verfehlte und schädliche. Privaten können nicht wie Staaten und Gemeinheiten überhaupt darauf rechnen, daß dasjenige, was sie in den nächsten 15 Jahren verlieren, ihnen werde in den folgenden 15 Jahren ersetzt werden. Wollten sie auch den größeren und sichereren Reinertrag einer unvollkommeneren und

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Zitationshilfe: List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/list_transportsystem_1838/54>, abgerufen am 26.04.2024.