Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Schuh' aus, schleicht sie, daß sie Keiner spüre, Und ich schließe sachte, sacht die Thüre, Öffne leise, leise dann die Luken, In die frische, schöne Morgenwelt zu gucken. Kurz ist der Frühling. Kam in ein Wirtshaus, ich weiß nicht wie, Tanzt der Soldate, tanzt der Commis. War ein so schöner Frühlingstag, Schlug mein Herz so besonderen Schlag. Trug ein wunderbar Verlangen, Mit einem Mädel heut anzufangen. Und, alle Wetter, da seh' ich sie tanzen, Dichtete gleich zehntausend Stanzen. Kurz ist der Frühling. Als wieder am Platze die Tänzerin, Ging ich stracks zu der Kleinen hin. Bat sie, ein Glas zu trinken mit mir, Ja, sagte sie gleich und ohne Gezier. Bestellt' ich uns eine kalte Flaschen, Und dem Holdchen etwas zum Naschen. Blitzt mir ihr Auge dankbar entgegen, Zuckt um die Lippen es noch verlegen. Kurz ist der Frühling. Schuh’ aus, ſchleicht ſie, daß ſie Keiner ſpüre, Und ich ſchließe ſachte, ſacht die Thüre, Öffne leiſe, leiſe dann die Luken, In die friſche, ſchöne Morgenwelt zu gucken. Kurz iſt der Frühling. Kam in ein Wirtshaus, ich weiß nicht wie, Tanzt der Soldate, tanzt der Commis. War ein ſo ſchöner Frühlingstag, Schlug mein Herz ſo beſonderen Schlag. Trug ein wunderbar Verlangen, Mit einem Mädel heut anzufangen. Und, alle Wetter, da ſeh’ ich ſie tanzen, Dichtete gleich zehntauſend Stanzen. Kurz iſt der Frühling. Als wieder am Platze die Tänzerin, Ging ich ſtracks zu der Kleinen hin. Bat ſie, ein Glas zu trinken mit mir, Ja, ſagte ſie gleich und ohne Gezier. Beſtellt’ ich uns eine kalte Flaſchen, Und dem Holdchen etwas zum Naſchen. Blitzt mir ihr Auge dankbar entgegen, Zuckt um die Lippen es noch verlegen. Kurz iſt der Frühling. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb n="63" facs="#f0071"/> <lg n="4"> <l>Schuh’ aus, ſchleicht ſie, daß ſie Keiner ſpüre,</l><lb/> <l>Und ich ſchließe ſachte, ſacht die Thüre,</l><lb/> <l>Öffne leiſe, leiſe dann die Luken,</l><lb/> <l>In die friſche, ſchöne Morgenwelt zu gucken.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Kurz iſt der Frühling.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">K</hi>am in ein Wirtshaus, ich weiß nicht wie,</l><lb/> <l>Tanzt der Soldate, tanzt der Commis.</l><lb/> <l>War ein ſo ſchöner Frühlingstag,</l><lb/> <l>Schlug mein Herz ſo beſonderen Schlag.</l><lb/> <l>Trug ein wunderbar Verlangen,</l><lb/> <l>Mit einem Mädel heut anzufangen.</l><lb/> <l>Und, alle Wetter, da ſeh’ ich ſie tanzen,</l><lb/> <l>Dichtete gleich zehntauſend Stanzen.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Kurz</hi> iſt der Frühling.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Als wieder am Platze die Tänzerin,</l><lb/> <l>Ging ich ſtracks zu der Kleinen hin.</l><lb/> <l>Bat ſie, ein Glas zu trinken mit mir,</l><lb/> <l>Ja, ſagte ſie gleich und ohne Gezier.</l><lb/> <l>Beſtellt’ ich uns eine kalte Flaſchen,</l><lb/> <l>Und dem Holdchen etwas zum Naſchen.</l><lb/> <l>Blitzt mir ihr Auge dankbar entgegen,</l><lb/> <l>Zuckt um die Lippen es noch verlegen.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Kurz</hi> iſt der Frühling.</hi> </l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [63/0071]
Schuh’ aus, ſchleicht ſie, daß ſie Keiner ſpüre,
Und ich ſchließe ſachte, ſacht die Thüre,
Öffne leiſe, leiſe dann die Luken,
In die friſche, ſchöne Morgenwelt zu gucken.
Kurz iſt der Frühling.
Kam in ein Wirtshaus, ich weiß nicht wie,
Tanzt der Soldate, tanzt der Commis.
War ein ſo ſchöner Frühlingstag,
Schlug mein Herz ſo beſonderen Schlag.
Trug ein wunderbar Verlangen,
Mit einem Mädel heut anzufangen.
Und, alle Wetter, da ſeh’ ich ſie tanzen,
Dichtete gleich zehntauſend Stanzen.
Kurz iſt der Frühling.
Als wieder am Platze die Tänzerin,
Ging ich ſtracks zu der Kleinen hin.
Bat ſie, ein Glas zu trinken mit mir,
Ja, ſagte ſie gleich und ohne Gezier.
Beſtellt’ ich uns eine kalte Flaſchen,
Und dem Holdchen etwas zum Naſchen.
Blitzt mir ihr Auge dankbar entgegen,
Zuckt um die Lippen es noch verlegen.
Kurz iſt der Frühling.
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/71>, abgerufen am 04.03.2025. |