Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Am andern Abend, beim heiligen Gral, Schön Doris fehlt im Gesellschaftssaal. Und ist auch Hans Töffel mein Freund und mir wert -- Die Katze schläft unten am Feuerherd, Beim Kätzchen steht sinnend Schön Doris und sehnt, Ihr Köpfchen an meiner Schulter lehnt. Und hätt' ich auch eine Legion Verdammer, Zu süß war die Stunde bei ihr in der Kammer. Hans Töffel liest oben Gedichte. Nach dem Ball. Setz' in des Wagens Finsterniß Getrost den Atlasschuh. Die Füchse schäumen ins Gebiß, Und nun, Johann, fahr' zu. Es ruht an meiner Schulter aus Und schläft, ein müder Veilchenstrauß, Die kleine blonde Comtesse. Die Nacht versinkt in Sumpf und Moor, Ein erster roter Streif. Der Kiebitz schüttelt sich im Rohr Aus Schopf und Pelz den Reif. Noch hört im Traum der Rosse Lauf, Dann schlägt die blauen Augen auf Die kleine blonde Comtesse. Die Sichel klingt vom Wiesengrund, Der Tauber gurrt und lacht, Am Rade kläfft der Bauernhund, All' Leben ist erwacht. Ach, wie die Sonne köstlich schien, Wir fuhren schnell nach Gretna Green, Ich und die kleine Comtesse. Am andern Abend, beim heiligen Gral, Schön Doris fehlt im Geſellſchaftsſaal. Und iſt auch Hans Töffel mein Freund und mir wert — Die Katze ſchläft unten am Feuerherd, Beim Kätzchen ſteht ſinnend Schön Doris und ſehnt, Ihr Köpfchen an meiner Schulter lehnt. Und hätt’ ich auch eine Legion Verdammer, Zu ſüß war die Stunde bei ihr in der Kammer. Hans Töffel lieſt oben Gedichte. Nach dem Ball. Setz’ in des Wagens Finſterniß Getroſt den Atlasſchuh. Die Füchſe ſchäumen ins Gebiß, Und nun, Johann, fahr’ zu. Es ruht an meiner Schulter aus Und ſchläft, ein müder Veilchenſtrauß, Die kleine blonde Comteſſe. Die Nacht verſinkt in Sumpf und Moor, Ein erſter roter Streif. Der Kiebitz ſchüttelt ſich im Rohr Aus Schopf und Pelz den Reif. Noch hört im Traum der Roſſe Lauf, Dann ſchlägt die blauen Augen auf Die kleine blonde Comteſſe. Die Sichel klingt vom Wieſengrund, Der Tauber gurrt und lacht, Am Rade kläfft der Bauernhund, All’ Leben iſt erwacht. Ach, wie die Sonne köſtlich ſchien, Wir fuhren ſchnell nach Gretna Green, Ich und die kleine Comteſſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb n="52" facs="#f0060"/> <lg n="4"> <l>Am andern Abend, beim heiligen Gral,</l><lb/> <l>Schön Doris fehlt im Geſellſchaftsſaal.</l><lb/> <l>Und iſt auch Hans Töffel mein Freund und mir wert —</l><lb/> <l>Die Katze ſchläft unten am Feuerherd,</l><lb/> <l>Beim Kätzchen ſteht ſinnend Schön Doris und ſehnt,</l><lb/> <l>Ihr Köpfchen an meiner Schulter lehnt.</l><lb/> <l>Und hätt’ ich auch eine Legion Verdammer,</l><lb/> <l>Zu ſüß war die Stunde bei ihr in der Kammer.</l><lb/> <l> <hi rendition="#c">Hans Töffel lieſt oben Gedichte.</hi> </l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Nach dem Ball.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>etz’ in des Wagens Finſterniß</l><lb/> <l>Getroſt den Atlasſchuh.</l><lb/> <l>Die Füchſe ſchäumen ins Gebiß,</l><lb/> <l>Und nun, Johann, fahr’ zu.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Es ruht an meiner Schulter aus</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Und ſchläft, ein müder Veilchenſtrauß,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die kleine blonde Comteſſe.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Nacht verſinkt in Sumpf und Moor,</l><lb/> <l>Ein erſter roter Streif.</l><lb/> <l>Der Kiebitz ſchüttelt ſich im Rohr</l><lb/> <l>Aus Schopf und Pelz den Reif.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Noch hört im Traum der Roſſe Lauf,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Dann ſchlägt die blauen Augen auf</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Die kleine blonde Comteſſe.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Sichel klingt vom Wieſengrund,</l><lb/> <l>Der Tauber gurrt und lacht,</l><lb/> <l>Am Rade kläfft der Bauernhund,</l><lb/> <l>All’ Leben iſt erwacht.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ach, wie die Sonne köſtlich ſchien,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wir fuhren ſchnell nach Gretna Green,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Ich und die kleine Comteſſe.</hi> </l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </body> </text> </TEI> [52/0060]
Am andern Abend, beim heiligen Gral,
Schön Doris fehlt im Geſellſchaftsſaal.
Und iſt auch Hans Töffel mein Freund und mir wert —
Die Katze ſchläft unten am Feuerherd,
Beim Kätzchen ſteht ſinnend Schön Doris und ſehnt,
Ihr Köpfchen an meiner Schulter lehnt.
Und hätt’ ich auch eine Legion Verdammer,
Zu ſüß war die Stunde bei ihr in der Kammer.
Hans Töffel lieſt oben Gedichte.
Nach dem Ball.
Setz’ in des Wagens Finſterniß
Getroſt den Atlasſchuh.
Die Füchſe ſchäumen ins Gebiß,
Und nun, Johann, fahr’ zu.
Es ruht an meiner Schulter aus
Und ſchläft, ein müder Veilchenſtrauß,
Die kleine blonde Comteſſe.
Die Nacht verſinkt in Sumpf und Moor,
Ein erſter roter Streif.
Der Kiebitz ſchüttelt ſich im Rohr
Aus Schopf und Pelz den Reif.
Noch hört im Traum der Roſſe Lauf,
Dann ſchlägt die blauen Augen auf
Die kleine blonde Comteſſe.
Die Sichel klingt vom Wieſengrund,
Der Tauber gurrt und lacht,
Am Rade kläfft der Bauernhund,
All’ Leben iſt erwacht.
Ach, wie die Sonne köſtlich ſchien,
Wir fuhren ſchnell nach Gretna Green,
Ich und die kleine Comteſſe.
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/60>, abgerufen am 04.03.2025. |