Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].(Gestorben.) Conrad von Prittwitz-Gaffron. Nun ist ihm wohl. Er schaut das neue Land, Und bleibt, "Das hätt' ich nicht erwartet", stehn. Der Eine stirbt verlassen und verbannt, Bei Andern Pomp und Trauerfahnenwehn. Die Nachbarweiber, menschlich, halten Stand Der Stunden viel, die "schöne Leich'" zu sehn. Und hinterdrein die Freunde, wehentbrannt, Vermitteln einen Skat im Weitergehn. (Der alte General a. D.) Nun muß ich oft in's Thal hinunterlauschen Vom kahlen Berge der Verlassenheit. Es dringt zu mir herauf ein Singen, Rauschen, Musik und Trommeln bringen nun mir Leid. Die Rosse wiehern und die Fahnen bauschen, Kanonendonner, matt und nebelweit. O, jene Zeiten, könnte ich sie tauschen, Das alte Herz, die alte Fröhlichkeit. (Geſtorben.) Conrad von Prittwitz-Gaffron. Nun iſt ihm wohl. Er ſchaut das neue Land, Und bleibt, „Das hätt’ ich nicht erwartet“, ſtehn. Der Eine ſtirbt verlaſſen und verbannt, Bei Andern Pomp und Trauerfahnenwehn. Die Nachbarweiber, menſchlich, halten Stand Der Stunden viel, die „ſchöne Leich’“ zu ſehn. Und hinterdrein die Freunde, wehentbrannt, Vermitteln einen Skat im Weitergehn. (Der alte General a. D.) Nun muß ich oft in’s Thal hinunterlauſchen Vom kahlen Berge der Verlaſſenheit. Es dringt zu mir herauf ein Singen, Rauſchen, Muſik und Trommeln bringen nun mir Leid. Die Roſſe wiehern und die Fahnen bauſchen, Kanonendonner, matt und nebelweit. O, jene Zeiten, könnte ich ſie tauſchen, Das alte Herz, die alte Fröhlichkeit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="12"/> <div n="2"> <head>(Geſtorben.)</head><lb/> <cit> <quote> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Der Sterbende.</hi> </hi> </head><lb/> <l>— — — — — — — — — — — — — — — —</l><lb/> <l>— — — — Der Blaſſe wird noch bläſſer — —</l><lb/> <l>Doch die Genoſſen ſprechen, ihn beneidend:</l><lb/> <l>Wohl ihm — nun wird er ſtill — nun iſt ihm beſſer.</l> </lg><lb/> </quote> <bibl> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#b">Conrad von Prittwitz-Gaffron.</hi> </hi> </bibl> </cit><lb/> <lg type="poem"> <l>Nun iſt ihm wohl. Er ſchaut das neue Land,</l><lb/> <l>Und bleibt, „Das hätt’ ich nicht erwartet“, ſtehn.</l><lb/> <l>Der Eine ſtirbt verlaſſen und verbannt,</l><lb/> <l>Bei Andern Pomp und Trauerfahnenwehn.</l><lb/> <l>Die Nachbarweiber, menſchlich, halten Stand</l><lb/> <l>Der Stunden viel, die „ſchöne Leich’“ zu ſehn.</l><lb/> <l>Und hinterdrein die Freunde, wehentbrannt,</l><lb/> <l>Vermitteln einen Skat im Weitergehn.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>(<hi rendition="#b">Der alte General a. D.</hi>)</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Nun muß ich oft in’s Thal hinunterlauſchen</l><lb/> <l>Vom kahlen Berge der Verlaſſenheit.</l><lb/> <l>Es dringt zu mir herauf ein Singen, Rauſchen,</l><lb/> <l>Muſik und Trommeln bringen nun mir Leid.</l><lb/> <l>Die Roſſe wiehern und die Fahnen bauſchen,</l><lb/> <l>Kanonendonner, matt und nebelweit.</l><lb/> <l>O, jene Zeiten, könnte ich ſie tauſchen,</l><lb/> <l>Das alte Herz, die alte Fröhlichkeit.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0020]
(Geſtorben.)
Der Sterbende.
— — — — — — — — — — — — — — — —
— — — — Der Blaſſe wird noch bläſſer — —
Doch die Genoſſen ſprechen, ihn beneidend:
Wohl ihm — nun wird er ſtill — nun iſt ihm beſſer.
Conrad von Prittwitz-Gaffron.
Nun iſt ihm wohl. Er ſchaut das neue Land,
Und bleibt, „Das hätt’ ich nicht erwartet“, ſtehn.
Der Eine ſtirbt verlaſſen und verbannt,
Bei Andern Pomp und Trauerfahnenwehn.
Die Nachbarweiber, menſchlich, halten Stand
Der Stunden viel, die „ſchöne Leich’“ zu ſehn.
Und hinterdrein die Freunde, wehentbrannt,
Vermitteln einen Skat im Weitergehn.
(Der alte General a. D.)
Nun muß ich oft in’s Thal hinunterlauſchen
Vom kahlen Berge der Verlaſſenheit.
Es dringt zu mir herauf ein Singen, Rauſchen,
Muſik und Trommeln bringen nun mir Leid.
Die Roſſe wiehern und die Fahnen bauſchen,
Kanonendonner, matt und nebelweit.
O, jene Zeiten, könnte ich ſie tauſchen,
Das alte Herz, die alte Fröhlichkeit.
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