Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].(Im Bivouak.) Das Feuer knistert und die Becher klirren, Laß in die Arme sank der Nacht die Welt. Gedanken, ohne Steg und Steuer, irren, Bis in der Palmenbucht der Anker fällt. Manch Wort und Witz, die hin und gegen schwirren, Verweht der Wind, begräbt das stille Feld. Ein letzter Trunk, und schon in Traumeswirren Verliert sich ferner Postenruf in's Zelt. ("Die Anbetung der heiligen drei Könige".) Im Saale vor mir Veroneses Bild, Als Nachbarin die schönste aller Frauen, In Sicht ein gut zerstücktes Hummerschild, Um mich Gelächter, Glasgeklirr und Kauen. Die alte Gräfin, sonst so engelmild, Wie will sie jenen Trüffelberg verdauen. Indessen hallt Musik, verschallt und schwillt, Und aus dem Garten schrillt der Schrei des Pfauen. (Marschall Niel.) Die große gelbe Rose ruhte schwer Auf schwarzem Marmorsarg in Marmorhallen. Wess' Hand sie brach und wer sie trug anher, Auch wer die Leiche war, ist mir entfallen. Es schlief der Sarg, von Blatt und Blumen leer, Im Dämmer, eine Sphinx, auf Löwenkrallen. Der Abendwölkchen lichtgeflocktes Heer Entstieg dem Meere, rot wie Blutkorallen. (Im Bivouak.) Das Feuer kniſtert und die Becher klirren, Laß in die Arme ſank der Nacht die Welt. Gedanken, ohne Steg und Steuer, irren, Bis in der Palmenbucht der Anker fällt. Manch Wort und Witz, die hin und gegen ſchwirren, Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld. Ein letzter Trunk, und ſchon in Traumeswirren Verliert ſich ferner Poſtenruf in’s Zelt. („Die Anbetung der heiligen drei Könige“.) Im Saale vor mir Veroneſes Bild, Als Nachbarin die ſchönſte aller Frauen, In Sicht ein gut zerſtücktes Hummerſchild, Um mich Gelächter, Glasgeklirr und Kauen. Die alte Gräfin, ſonſt ſo engelmild, Wie will ſie jenen Trüffelberg verdauen. Indeſſen hallt Muſik, verſchallt und ſchwillt, Und aus dem Garten ſchrillt der Schrei des Pfauen. (Marſchall Niel.) Die große gelbe Roſe ruhte ſchwer Auf ſchwarzem Marmorſarg in Marmorhallen. Weſſ’ Hand ſie brach und wer ſie trug anher, Auch wer die Leiche war, iſt mir entfallen. Es ſchlief der Sarg, von Blatt und Blumen leer, Im Dämmer, eine Sphinx, auf Löwenkrallen. Der Abendwölkchen lichtgeflocktes Heer Entſtieg dem Meere, rot wie Blutkorallen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0015" n="7"/> <div n="2"> <head>(<hi rendition="#b">Im Bivouak.</hi>)</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Das Feuer kniſtert und die Becher klirren,</l><lb/> <l>Laß in die Arme ſank der Nacht die Welt.</l><lb/> <l>Gedanken, ohne Steg und Steuer, irren,</l><lb/> <l>Bis in der Palmenbucht der Anker fällt.</l><lb/> <l>Manch Wort und Witz, die hin und gegen ſchwirren,</l><lb/> <l>Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld.</l><lb/> <l>Ein letzter Trunk, und ſchon in Traumeswirren</l><lb/> <l>Verliert ſich ferner Poſtenruf in’s Zelt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>(<hi rendition="#b">„Die Anbetung der heiligen drei Könige“.</hi>)</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Im Saale vor mir Veroneſes Bild,</l><lb/> <l>Als Nachbarin die ſchönſte aller Frauen,</l><lb/> <l>In Sicht ein gut zerſtücktes Hummerſchild,</l><lb/> <l>Um mich Gelächter, Glasgeklirr und Kauen.</l><lb/> <l>Die alte Gräfin, ſonſt ſo engelmild,</l><lb/> <l>Wie will ſie jenen Trüffelberg verdauen.</l><lb/> <l>Indeſſen hallt Muſik, verſchallt und ſchwillt,</l><lb/> <l>Und aus dem Garten ſchrillt der Schrei des Pfauen.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>(<hi rendition="#b">Marſchall Niel.</hi>)</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Die große gelbe Roſe ruhte ſchwer</l><lb/> <l>Auf ſchwarzem Marmorſarg in Marmorhallen.</l><lb/> <l>Weſſ’ Hand ſie brach und wer ſie trug anher,</l><lb/> <l>Auch wer die Leiche war, iſt mir entfallen.</l><lb/> <l>Es ſchlief der Sarg, von Blatt und Blumen leer,</l><lb/> <l>Im Dämmer, eine Sphinx, auf Löwenkrallen.</l><lb/> <l>Der Abendwölkchen lichtgeflocktes Heer</l><lb/> <l>Entſtieg dem Meere, rot wie Blutkorallen.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0015]
(Im Bivouak.)
Das Feuer kniſtert und die Becher klirren,
Laß in die Arme ſank der Nacht die Welt.
Gedanken, ohne Steg und Steuer, irren,
Bis in der Palmenbucht der Anker fällt.
Manch Wort und Witz, die hin und gegen ſchwirren,
Verweht der Wind, begräbt das ſtille Feld.
Ein letzter Trunk, und ſchon in Traumeswirren
Verliert ſich ferner Poſtenruf in’s Zelt.
(„Die Anbetung der heiligen drei Könige“.)
Im Saale vor mir Veroneſes Bild,
Als Nachbarin die ſchönſte aller Frauen,
In Sicht ein gut zerſtücktes Hummerſchild,
Um mich Gelächter, Glasgeklirr und Kauen.
Die alte Gräfin, ſonſt ſo engelmild,
Wie will ſie jenen Trüffelberg verdauen.
Indeſſen hallt Muſik, verſchallt und ſchwillt,
Und aus dem Garten ſchrillt der Schrei des Pfauen.
(Marſchall Niel.)
Die große gelbe Roſe ruhte ſchwer
Auf ſchwarzem Marmorſarg in Marmorhallen.
Weſſ’ Hand ſie brach und wer ſie trug anher,
Auch wer die Leiche war, iſt mir entfallen.
Es ſchlief der Sarg, von Blatt und Blumen leer,
Im Dämmer, eine Sphinx, auf Löwenkrallen.
Der Abendwölkchen lichtgeflocktes Heer
Entſtieg dem Meere, rot wie Blutkorallen.
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