Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].Una ex hisre morieris. Es flammt der Horizont des heißen Tages. Der Schmetterlinge Flügelschlag ist hörbar, So still ruht Baum und Blatt im Sonnenschein. Auf fernem Steig klingt schwach des Gärtners Harke. "In einer dieser Stunden wirst du sterben!" Steht auf der Sonnenuhr im großen Garten, Auf dessen Weiser sich ein alter Spatz Den unscheinbaren Kragen emsig putzt Und schnell das schiefgebogne Köpfchen kraut. Dann fliegt er fort, im Kirschenbaum zu landen. Doch unterwegs schlägt ihn der böse Falk. In einer dieser Stunden wirst du sterben. Bewegung. Menschen. Nackte braune Arme Tragen zum Teich ein breites Fischernetz, Und warten dann gehorsam auf Befehl Zum Anfang. Goldene Gitterthore springen, Und trotz der Schwüle naht in schwerem Sammet Die junge, wunderschöne Königin. Auf blonder Pagen Armen schläft die Schleppe. Rechts trägt das Dach, den riesigen Sonnenschirm, Ein Mohrenknab' in gelb und rother Seide. Links hält ein schlanker Fant im Puffenwams, Mit dem sie huldvoll spricht, den gleichen Schritt; Im schaukelnden Gehenke blitzt sein Dolch. Der Kammerherr vom Tag und ihre Damen Folgen in ehrerbietiger Entfernung. Una ex hisre morieris. Es flammt der Horizont des heißen Tages. Der Schmetterlinge Flügelſchlag iſt hörbar, So ſtill ruht Baum und Blatt im Sonnenſchein. Auf fernem Steig klingt ſchwach des Gärtners Harke. „In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben!“ Steht auf der Sonnenuhr im großen Garten, Auf deſſen Weiſer ſich ein alter Spatz Den unſcheinbaren Kragen emſig putzt Und ſchnell das ſchiefgebogne Köpfchen kraut. Dann fliegt er fort, im Kirſchenbaum zu landen. Doch unterwegs ſchlägt ihn der böſe Falk. In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben. Bewegung. Menſchen. Nackte braune Arme Tragen zum Teich ein breites Fiſchernetz, Und warten dann gehorſam auf Befehl Zum Anfang. Goldene Gitterthore ſpringen, Und trotz der Schwüle naht in ſchwerem Sammet Die junge, wunderſchöne Königin. Auf blonder Pagen Armen ſchläft die Schleppe. Rechts trägt das Dach, den rieſigen Sonnenſchirm, Ein Mohrenknab’ in gelb und rother Seide. Links hält ein ſchlanker Fant im Puffenwams, Mit dem ſie huldvoll ſpricht, den gleichen Schritt; Im ſchaukelnden Gehenke blitzt ſein Dolch. Der Kammerherr vom Tag und ihre Damen Folgen in ehrerbietiger Entfernung. <TEI> <text> <body> <pb n="132" facs="#f0140"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Una ex hisre morieris.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s flammt der Horizont des heißen Tages.</l><lb/> <l>Der Schmetterlinge Flügelſchlag iſt hörbar,</l><lb/> <l>So ſtill ruht Baum und Blatt im Sonnenſchein.</l><lb/> <l>Auf fernem Steig klingt ſchwach des Gärtners Harke.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>„In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben!“</l><lb/> <l>Steht auf der Sonnenuhr im großen Garten,</l><lb/> <l>Auf deſſen Weiſer ſich ein alter Spatz</l><lb/> <l>Den unſcheinbaren Kragen emſig putzt</l><lb/> <l>Und ſchnell das ſchiefgebogne Köpfchen kraut.</l><lb/> <l>Dann fliegt er fort, im Kirſchenbaum zu landen.</l><lb/> <l>Doch unterwegs ſchlägt ihn der böſe Falk.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bewegung. Menſchen. Nackte braune Arme</l><lb/> <l>Tragen zum Teich ein breites Fiſchernetz,</l><lb/> <l>Und warten dann gehorſam auf Befehl</l><lb/> <l>Zum Anfang.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l> <hi rendition="#et">Goldene Gitterthore ſpringen,</hi> </l><lb/> <l>Und trotz der Schwüle naht in ſchwerem Sammet</l><lb/> <l>Die junge, wunderſchöne Königin.</l><lb/> <l>Auf blonder Pagen Armen ſchläft die Schleppe.</l><lb/> <l>Rechts trägt das Dach, den rieſigen Sonnenſchirm,</l><lb/> <l>Ein Mohrenknab’ in gelb und rother Seide.</l><lb/> <l>Links hält ein ſchlanker Fant im Puffenwams,</l><lb/> <l>Mit dem ſie huldvoll ſpricht, den gleichen Schritt;</l><lb/> <l>Im ſchaukelnden Gehenke blitzt ſein Dolch.</l><lb/> <l>Der Kammerherr vom Tag und ihre Damen</l><lb/> <l>Folgen in ehrerbietiger Entfernung.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [132/0140]
Una ex hisre morieris.
Es flammt der Horizont des heißen Tages.
Der Schmetterlinge Flügelſchlag iſt hörbar,
So ſtill ruht Baum und Blatt im Sonnenſchein.
Auf fernem Steig klingt ſchwach des Gärtners Harke.
„In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben!“
Steht auf der Sonnenuhr im großen Garten,
Auf deſſen Weiſer ſich ein alter Spatz
Den unſcheinbaren Kragen emſig putzt
Und ſchnell das ſchiefgebogne Köpfchen kraut.
Dann fliegt er fort, im Kirſchenbaum zu landen.
Doch unterwegs ſchlägt ihn der böſe Falk.
In einer dieſer Stunden wirſt du ſterben.
Bewegung. Menſchen. Nackte braune Arme
Tragen zum Teich ein breites Fiſchernetz,
Und warten dann gehorſam auf Befehl
Zum Anfang.
Goldene Gitterthore ſpringen,
Und trotz der Schwüle naht in ſchwerem Sammet
Die junge, wunderſchöne Königin.
Auf blonder Pagen Armen ſchläft die Schleppe.
Rechts trägt das Dach, den rieſigen Sonnenſchirm,
Ein Mohrenknab’ in gelb und rother Seide.
Links hält ein ſchlanker Fant im Puffenwams,
Mit dem ſie huldvoll ſpricht, den gleichen Schritt;
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Zitationshilfe: | Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/140>, abgerufen am 04.03.2025. |