Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Anhang.
1) Die Pflanzen nehmen keine sogenannten Extractiv-
stoffe, keine Humusauflösung aus dem Boden auf.

Vier größere Glascylinder wurden gefüllt mit einer Auf-
lösung sogenannter Humussäure aus Dammerde in Kali, und
zwar in der Art, daß dem ersten Glase die Auflösung sehr
concentrirt und dunkel-schwarzbraun jedem der folgenden Glä-
ser mit der Hälfte Wasser verdünnt gegeben wurde, so daß das
zweite Glas nur 1/2, das dritte nur 1/4, das vierte nur 1/8
der Humusauflösung enthielt. In diesen Gläsern wur-
den junge Bohnenpflanzen erzogen, und es zeigt sich ein
verhältnißmäßig kräftigeres und rascheres Wachsen der Pflänz-
chen, je mehr Humus die Auflösung enthielt. Nachdem ich
mich auf diese Weise von der günstigen Wirkung des aufge-
lös'ten humussauren Kali im Allgemeinen überzeugt hatte, kam
es darauf zu erforschen, ob und wieviel dieses Stoffes von den
Wurzeln der Pflanze aufgesogen werde. Zu diesem Zwecke
wurden sehr kleine Glascylinder von 3 Zoll Länge, 4 Linien
innerem Durchmesser und 0,35 Loth Wassergehalt mit einer
Lösung von humussaurem Kali gefüllt, in welcher 0,057 p. c.
des Wassergewichtes oder in 0,35 Loth Wasser 0,0002 Loth
trocknes humussaures Kali aufgelös't waren.

In die gefüllten Cylinder wurden kleine Bohnenpflänzchen
gebracht, welche freudig wuchsen und bald eine Menge Wur-
zeln entwickelten. In den ersten 14 Tagen wurde täglich die
Hälfte der stets durch destillirtes Wasser ergänzten Flüssigkeit,
in den folgenden 14 Tagen, von Morgens 51/2 Uhr bis Abends
7 Uhr 3/4, in der Nacht 1/4 derselben, binnen 24 Stunden da-
her durchschnittlich die ganze Wassermasse des Gefäßes, das
Doppelte des Gewichts der Pflanze
betragend, von den
Wurzeln derselben eingesogen. Die Gewichtzunahme der einzelnen

Anhang.
1) Die Pflanzen nehmen keine ſogenannten Extractiv-
ſtoffe, keine Humusauflöſung aus dem Boden auf.

Vier größere Glascylinder wurden gefüllt mit einer Auf-
löſung ſogenannter Humusſäure aus Dammerde in Kali, und
zwar in der Art, daß dem erſten Glaſe die Auflöſung ſehr
concentrirt und dunkel-ſchwarzbraun jedem der folgenden Glä-
ſer mit der Hälfte Waſſer verdünnt gegeben wurde, ſo daß das
zweite Glas nur ½, das dritte nur ¼, das vierte nur ⅛
der Humusauflöſung enthielt. In dieſen Gläſern wur-
den junge Bohnenpflanzen erzogen, und es zeigt ſich ein
verhältnißmäßig kräftigeres und raſcheres Wachſen der Pflänz-
chen, je mehr Humus die Auflöſung enthielt. Nachdem ich
mich auf dieſe Weiſe von der günſtigen Wirkung des aufge-
löſ’ten humusſauren Kali im Allgemeinen überzeugt hatte, kam
es darauf zu erforſchen, ob und wieviel dieſes Stoffes von den
Wurzeln der Pflanze aufgeſogen werde. Zu dieſem Zwecke
wurden ſehr kleine Glascylinder von 3 Zoll Länge, 4 Linien
innerem Durchmeſſer und 0,35 Loth Waſſergehalt mit einer
Löſung von humusſaurem Kali gefüllt, in welcher 0,057 p. c.
des Waſſergewichtes oder in 0,35 Loth Waſſer 0,0002 Loth
trocknes humusſaures Kali aufgelöſ’t waren.

In die gefüllten Cylinder wurden kleine Bohnenpflänzchen
gebracht, welche freudig wuchſen und bald eine Menge Wur-
zeln entwickelten. In den erſten 14 Tagen wurde täglich die
Hälfte der ſtets durch deſtillirtes Waſſer ergänzten Flüſſigkeit,
in den folgenden 14 Tagen, von Morgens 5½ Uhr bis Abends
7 Uhr ¾, in der Nacht ¼ derſelben, binnen 24 Stunden da-
her durchſchnittlich die ganze Waſſermaſſe des Gefäßes, das
Doppelte des Gewichts der Pflanze
betragend, von den
Wurzeln derſelben eingeſogen. Die Gewichtzunahme der einzelnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0210" n="192"/>
            <fw place="top" type="header">Anhang.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">1) Die Pflanzen nehmen keine &#x017F;ogenannten Extractiv-<lb/>
&#x017F;toffe, keine Humusauflö&#x017F;ung aus dem Boden auf.</hi> </head><lb/>
              <p>Vier größere Glascylinder wurden gefüllt mit einer Auf-<lb/>&#x017F;ung &#x017F;ogenannter Humus&#x017F;äure aus Dammerde in Kali, und<lb/>
zwar in der Art, daß dem er&#x017F;ten Gla&#x017F;e die Auflö&#x017F;ung &#x017F;ehr<lb/>
concentrirt und dunkel-&#x017F;chwarzbraun jedem der folgenden Glä-<lb/>
&#x017F;er mit der Hälfte Wa&#x017F;&#x017F;er verdünnt gegeben wurde, &#x017F;o daß das<lb/>
zweite Glas nur ½, das dritte nur ¼, das vierte nur &#x215B;<lb/>
der Humusauflö&#x017F;ung enthielt. In die&#x017F;en Glä&#x017F;ern wur-<lb/>
den junge Bohnenpflanzen erzogen, und es zeigt &#x017F;ich ein<lb/>
verhältnißmäßig kräftigeres und ra&#x017F;cheres Wach&#x017F;en der Pflänz-<lb/>
chen, <hi rendition="#g">je mehr</hi> Humus die Auflö&#x017F;ung enthielt. Nachdem ich<lb/>
mich auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e von der gün&#x017F;tigen Wirkung des aufge-<lb/>&#x017F;&#x2019;ten humus&#x017F;auren Kali im Allgemeinen überzeugt hatte, kam<lb/>
es darauf zu erfor&#x017F;chen, ob und wieviel die&#x017F;es Stoffes von den<lb/>
Wurzeln der Pflanze aufge&#x017F;ogen werde. Zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
wurden &#x017F;ehr kleine Glascylinder von 3 Zoll Länge, 4 Linien<lb/>
innerem Durchme&#x017F;&#x017F;er und 0,35 Loth Wa&#x017F;&#x017F;ergehalt mit einer<lb/>&#x017F;ung von humus&#x017F;aurem Kali gefüllt, in welcher 0,057 <hi rendition="#aq">p. c.</hi><lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ergewichtes oder in 0,35 Loth Wa&#x017F;&#x017F;er 0,0002 Loth<lb/>
trocknes humus&#x017F;aures Kali aufgelö&#x017F;&#x2019;t waren.</p><lb/>
              <p>In die gefüllten Cylinder wurden kleine Bohnenpflänzchen<lb/>
gebracht, welche freudig wuch&#x017F;en und bald eine Menge Wur-<lb/>
zeln entwickelten. In den er&#x017F;ten 14 Tagen wurde täglich die<lb/>
Hälfte der &#x017F;tets durch de&#x017F;tillirtes Wa&#x017F;&#x017F;er ergänzten Flü&#x017F;&#x017F;igkeit,<lb/>
in den folgenden 14 Tagen, von Morgens 5½ Uhr bis Abends<lb/>
7 Uhr ¾, in der Nacht ¼ der&#x017F;elben, binnen 24 Stunden da-<lb/>
her durch&#x017F;chnittlich die ganze Wa&#x017F;&#x017F;erma&#x017F;&#x017F;e des Gefäßes, <hi rendition="#g">das<lb/>
Doppelte des Gewichts der Pflanze</hi> betragend, von den<lb/>
Wurzeln der&#x017F;elben einge&#x017F;ogen. Die Gewichtzunahme der einzelnen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0210] Anhang. 1) Die Pflanzen nehmen keine ſogenannten Extractiv- ſtoffe, keine Humusauflöſung aus dem Boden auf. Vier größere Glascylinder wurden gefüllt mit einer Auf- löſung ſogenannter Humusſäure aus Dammerde in Kali, und zwar in der Art, daß dem erſten Glaſe die Auflöſung ſehr concentrirt und dunkel-ſchwarzbraun jedem der folgenden Glä- ſer mit der Hälfte Waſſer verdünnt gegeben wurde, ſo daß das zweite Glas nur ½, das dritte nur ¼, das vierte nur ⅛ der Humusauflöſung enthielt. In dieſen Gläſern wur- den junge Bohnenpflanzen erzogen, und es zeigt ſich ein verhältnißmäßig kräftigeres und raſcheres Wachſen der Pflänz- chen, je mehr Humus die Auflöſung enthielt. Nachdem ich mich auf dieſe Weiſe von der günſtigen Wirkung des aufge- löſ’ten humusſauren Kali im Allgemeinen überzeugt hatte, kam es darauf zu erforſchen, ob und wieviel dieſes Stoffes von den Wurzeln der Pflanze aufgeſogen werde. Zu dieſem Zwecke wurden ſehr kleine Glascylinder von 3 Zoll Länge, 4 Linien innerem Durchmeſſer und 0,35 Loth Waſſergehalt mit einer Löſung von humusſaurem Kali gefüllt, in welcher 0,057 p. c. des Waſſergewichtes oder in 0,35 Loth Waſſer 0,0002 Loth trocknes humusſaures Kali aufgelöſ’t waren. In die gefüllten Cylinder wurden kleine Bohnenpflänzchen gebracht, welche freudig wuchſen und bald eine Menge Wur- zeln entwickelten. In den erſten 14 Tagen wurde täglich die Hälfte der ſtets durch deſtillirtes Waſſer ergänzten Flüſſigkeit, in den folgenden 14 Tagen, von Morgens 5½ Uhr bis Abends 7 Uhr ¾, in der Nacht ¼ derſelben, binnen 24 Stunden da- her durchſchnittlich die ganze Waſſermaſſe des Gefäßes, das Doppelte des Gewichts der Pflanze betragend, von den Wurzeln derſelben eingeſogen. Die Gewichtzunahme der einzelnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/210
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/210>, abgerufen am 21.12.2024.