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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Vorrede.

Die Seltenheit unserer Geschichtschreiber kan die Ausar-
beitung einer neuen Ordensgeschichte von Liefland
zur Gnüge rechtfertigen, die bey so bewandten Um-
ständen keine unnöthige Arbeit seyn kan. Wenige Lieb-
haber besitzen die theuren Werke des Huitfelds, des
Pontanus und Chyträus, welche Schriftsteller doch noch nicht einmal
zur Hauptabsicht gehabt, die Händel des liefländischen Ordens aus-
führlich zu erzehlen. Die Menge der pohlnischen und preußischen Ge-
schichtschreiber treiben sie gleichfals bey andern Materien nur als ein Ne-
benwerk. Die so den Staat von Rusland beschrieben, bleiben nur bey
den neuesten liefländischen Begebenheiten. Unsere einheimischen Ge-
schichtschreiber, Russow*) und Kelch**), sind bey uns so selten, daß sie auf

den
*) Von des revelschen Pastor Balthasar Russows platdeutschen Chronik von Lief-
land
sind 3 Ausgaben vorhanden. Die erste ist zu Rostock 1578 in 4 gedruckt; die
andere eben daselbst, in 8, noch in eben dem Jahr, doch mit einigen Zusätzen; die
dritte zu Barth in Pommern in gros 4, durch Andreas Seitner, in der fürstlichen
Druckerey, welche letztere die beste und volständigste ist. Er hat eine beissende Schreib-
art, und mahlet die Laster seiner Zeit ohne Ansehen der Person mit natürlichen Farben.
Da hingegen Salomon Hennigs Chronik von Lief- und Curland mit Chyträi
Vorrede vielen parteiisch vorkömt, weil sie mit noch lebenden Personen oder deren Häu-
sern zu thun gehabt. Sie samlet auch nur die Begebenheiten von 1554 bis 1590, wes-
wegen man sie beim Russow zur Fortsetzung gebrauchen kan. Sie ist so wol, als
die Arbeit des Menius und Herrn von Ceumern, in den Nebenanmerkungen dieses
Theils beschrieben worden, wo auch von unsern ungedruckten Geschichtschreibern Nach-
richt zu finden ist.
**) Der Pastor zu St. Johannis in Jerwen, nachmaliger Präpositus, und zuletzt re-
velscher
Oberpastor, Herr Christian Relch, hat eine liefländische Krieges- und
Friedensgeschichte geschrieben, die zu Rudolphstadt 1695 in 4 gedruckt worden.
Sie hat ihres ordentlichen Vortrages und ihrer Volständigkeit halber durchgängig Bei-
fal erhalten, ohnerachtet diese Arbeit vor dem Druck wider des Verfassers Willen ei-
ne öffentliche Durchsichtigung ausstehen müssen. Jn den liefländischen Historien, so
in lateinischer, englischer, französischer, schwedischer und andern Sprachen
geschrieben sind, hat man dieses Werk theils stückweise, theils völlig übersetzet, auch
hier
a


Vorrede.

Die Seltenheit unſerer Geſchichtſchreiber kan die Ausar-
beitung einer neuen Ordensgeſchichte von Liefland
zur Gnuͤge rechtfertigen, die bey ſo bewandten Um-
ſtaͤnden keine unnoͤthige Arbeit ſeyn kan. Wenige Lieb-
haber beſitzen die theuren Werke des Huitfelds, des
Pontanus und Chytraͤus, welche Schriftſteller doch noch nicht einmal
zur Hauptabſicht gehabt, die Haͤndel des lieflaͤndiſchen Ordens aus-
fuͤhrlich zu erzehlen. Die Menge der pohlniſchen und preußiſchen Ge-
ſchichtſchreiber treiben ſie gleichfals bey andern Materien nur als ein Ne-
benwerk. Die ſo den Staat von Rusland beſchrieben, bleiben nur bey
den neueſten lieflaͤndiſchen Begebenheiten. Unſere einheimiſchen Ge-
ſchichtſchreiber, Ruſſow*) und Kelch**), ſind bey uns ſo ſelten, daß ſie auf

den
*) Von des revelſchen Paſtor Balthaſar Ruſſows platdeutſchen Chronik von Lief-
land
ſind 3 Ausgaben vorhanden. Die erſte iſt zu Roſtock 1578 in 4 gedruckt; die
andere eben daſelbſt, in 8, noch in eben dem Jahr, doch mit einigen Zuſaͤtzen; die
dritte zu Barth in Pommern in gros 4, durch Andreas Seitner, in der fuͤrſtlichen
Druckerey, welche letztere die beſte und volſtaͤndigſte iſt. Er hat eine beiſſende Schreib-
art, und mahlet die Laſter ſeiner Zeit ohne Anſehen der Perſon mit natuͤrlichen Farben.
Da hingegen Salomon Hennigs Chronik von Lief- und Curland mit Chytraͤi
Vorrede vielen parteiiſch vorkoͤmt, weil ſie mit noch lebenden Perſonen oder deren Haͤu-
ſern zu thun gehabt. Sie ſamlet auch nur die Begebenheiten von 1554 bis 1590, wes-
wegen man ſie beim Ruſſow zur Fortſetzung gebrauchen kan. Sie iſt ſo wol, als
die Arbeit des Menius und Herrn von Ceumern, in den Nebenanmerkungen dieſes
Theils beſchrieben worden, wo auch von unſern ungedruckten Geſchichtſchreibern Nach-
richt zu finden iſt.
**) Der Paſtor zu St. Johannis in Jerwen, nachmaliger Praͤpoſitus, und zuletzt re-
velſcher
Oberpaſtor, Herr Chriſtian Relch, hat eine lieflaͤndiſche Krieges- und
Friedensgeſchichte geſchrieben, die zu Rudolphſtadt 1695 in 4 gedruckt worden.
Sie hat ihres ordentlichen Vortrages und ihrer Volſtaͤndigkeit halber durchgaͤngig Bei-
fal erhalten, ohnerachtet dieſe Arbeit vor dem Druck wider des Verfaſſers Willen ei-
ne oͤffentliche Durchſichtigung ausſtehen muͤſſen. Jn den lieflaͤndiſchen Hiſtorien, ſo
in lateiniſcher, engliſcher, franzoͤſiſcher, ſchwediſcher und andern Sprachen
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[0009] Vorrede. Die Seltenheit unſerer Geſchichtſchreiber kan die Ausar- beitung einer neuen Ordensgeſchichte von Liefland zur Gnuͤge rechtfertigen, die bey ſo bewandten Um- ſtaͤnden keine unnoͤthige Arbeit ſeyn kan. Wenige Lieb- haber beſitzen die theuren Werke des Huitfelds, des Pontanus und Chytraͤus, welche Schriftſteller doch noch nicht einmal zur Hauptabſicht gehabt, die Haͤndel des lieflaͤndiſchen Ordens aus- fuͤhrlich zu erzehlen. Die Menge der pohlniſchen und preußiſchen Ge- ſchichtſchreiber treiben ſie gleichfals bey andern Materien nur als ein Ne- benwerk. Die ſo den Staat von Rusland beſchrieben, bleiben nur bey den neueſten lieflaͤndiſchen Begebenheiten. Unſere einheimiſchen Ge- ſchichtſchreiber, Ruſſow *) und Kelch **), ſind bey uns ſo ſelten, daß ſie auf den *) Von des revelſchen Paſtor Balthaſar Ruſſows platdeutſchen Chronik von Lief- land ſind 3 Ausgaben vorhanden. Die erſte iſt zu Roſtock 1578 in 4 gedruckt; die andere eben daſelbſt, in 8, noch in eben dem Jahr, doch mit einigen Zuſaͤtzen; die dritte zu Barth in Pommern in gros 4, durch Andreas Seitner, in der fuͤrſtlichen Druckerey, welche letztere die beſte und volſtaͤndigſte iſt. Er hat eine beiſſende Schreib- art, und mahlet die Laſter ſeiner Zeit ohne Anſehen der Perſon mit natuͤrlichen Farben. Da hingegen Salomon Hennigs Chronik von Lief- und Curland mit Chytraͤi Vorrede vielen parteiiſch vorkoͤmt, weil ſie mit noch lebenden Perſonen oder deren Haͤu- ſern zu thun gehabt. Sie ſamlet auch nur die Begebenheiten von 1554 bis 1590, wes- wegen man ſie beim Ruſſow zur Fortſetzung gebrauchen kan. Sie iſt ſo wol, als die Arbeit des Menius und Herrn von Ceumern, in den Nebenanmerkungen dieſes Theils beſchrieben worden, wo auch von unſern ungedruckten Geſchichtſchreibern Nach- richt zu finden iſt. **) Der Paſtor zu St. Johannis in Jerwen, nachmaliger Praͤpoſitus, und zuletzt re- velſcher Oberpaſtor, Herr Chriſtian Relch, hat eine lieflaͤndiſche Krieges- und Friedensgeſchichte geſchrieben, die zu Rudolphſtadt 1695 in 4 gedruckt worden. Sie hat ihres ordentlichen Vortrages und ihrer Volſtaͤndigkeit halber durchgaͤngig Bei- fal erhalten, ohnerachtet dieſe Arbeit vor dem Druck wider des Verfaſſers Willen ei- ne oͤffentliche Durchſichtigung ausſtehen muͤſſen. Jn den lieflaͤndiſchen Hiſtorien, ſo in lateiniſcher, engliſcher, franzoͤſiſcher, ſchwediſcher und andern Sprachen geſchrieben ſind, hat man dieſes Werk theils ſtuͤckweiſe, theils voͤllig uͤberſetzet, auch hier a

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/9>, abgerufen am 03.12.2024.