[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Erster Theil. Halle, 1747.Geschichte des dritten Bischof Alberts, dreyzehntes Jahr, 1210Bischof von Semgallien werden. Seine besondern Begebenheiten erzählen Albertvon Stade beym Jahre 1228. Albericus beym Jahre 1207 p. 445. Meibom. Scriptor. tom. 1. p. 902. Zu welchen unser Chronikschreiber hinzugethan werden kan unten n. 4. und beym Jahre 1217. n. 1. §. 3. Jnzwischen boten die Oeseler, die Reveler und Rotalier eine grosse ten *) Sygewalde ein ehemaliges Dorf und Schloß, so jetzo Jhro Hochreichsgräflichen Excellenz dem Herrn
General-Feldmarschal, Peter von Lascy erblich zugehöret. Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr, 1210Biſchof von Semgallien werden. Seine beſondern Begebenheiten erzaͤhlen Albertvon Stade beym Jahre 1228. Albericus beym Jahre 1207 p. 445. Meibom. Scriptor. tom. 1. p. 902. Zu welchen unſer Chronikſchreiber hinzugethan werden kan unten n. 4. und beym Jahre 1217. n. 1. §. 3. Jnzwiſchen boten die Oeſeler, die Reveler und Rotalier eine groſſe ten *) Sygewalde ein ehemaliges Dorf und Schloß, ſo jetzo Jhro Hochreichsgraͤflichen Excellenz dem Herrn
General-Feldmarſchal, Peter von Lascy erblich zugehoͤret. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <note place="end" n="g)"><pb facs="#f0120" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr,</hi></fw><lb/><note place="left">1210</note>Biſchof von <hi rendition="#fr">Semgallien</hi> werden. Seine beſondern Begebenheiten erzaͤhlen <hi rendition="#fr">Albert</hi><lb/> von <hi rendition="#fr">Stade</hi> beym Jahre 1228. <hi rendition="#fr">Albericus</hi> beym Jahre 1207 <hi rendition="#aq">p. 445. <hi rendition="#i">Meibom.</hi> Scriptor.<lb/> tom. 1. p.</hi> 902. 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Jedennoch lieſſen ſie ſich von ihrem Vorſatz<lb/> nicht abſchrecken, ſondern ſtuͤrmten auf die im Schloſſe los, machten groſſe Holz-<lb/> ſchichten, und untergruben den Schloßberg, verſprachen auch da <hi rendition="#fr">magetas,</hi> das<lb/> iſt, auf ewig zu bleiben, bis ſie entweder das Schloß niedergeriſſen, oder die <hi rendition="#fr">Li-<lb/> ven</hi> zur Einſtimmung bewogen, damit ſie gleich drauf deſſelben Weges mit ihnen<lb/> vor <hi rendition="#fr">Riga</hi> ruͤcken und es zerſtoͤren huͤlfen. Ein <hi rendition="#fr">Live</hi> rief auch aus dem Schloſſe<lb/> heraus: <hi rendition="#fr">Maga magamas,</hi> daß heiſt: So bleib denn hier ewig liegen. 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Die Reuterey aber kam den Weg zur rechten nach. Das<lb/> Fußvolk ging ſehr vorſichtig und in Schlachtordnung, zog mit fruͤhem Morgen den<lb/> Berg hinab, und bekam das Schloß und das feindliche Heer zu Geſichte, daß nur<lb/> ein Thal dazwiſchen war. Sogleich ſchlugen ſie die Freudenpaucken, und mach-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0120]
Geſchichte des dritten Biſchof Alberts, dreyzehntes Jahr,
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Biſchof von Semgallien werden. Seine beſondern Begebenheiten erzaͤhlen Albert
von Stade beym Jahre 1228. Albericus beym Jahre 1207 p. 445. Meibom. Scriptor.
tom. 1. p. 902. Zu welchen unſer Chronikſchreiber hinzugethan werden kan unten n. 4.
und beym Jahre 1217. n. 1.
§. 3.
Jnzwiſchen boten die Oeſeler, die Reveler und Rotalier eine groſſe
und ſtarke Armee, aus allen an die See grenzenden Oertern auf, hatten alle Lan-
desaͤlteſten von Oeſel und Roͤtel und ganz Eſthland, wie auch viel tauſend
Pferde, und noch mehrere tauſend zu Schiffe bey ſich, und fielen in Liefland ein.
Die Reuterey und das Fußvolk kamen in Metſepole an, und brachen eilend nach
Thoreida auf. Die andern kamen uͤber die See und fuhren mit ihren Raub-
ſchiffen die Goiwa hinauf, verſamleten ſich auch an einem Tage zugleich mit al-
len ihren Reutern bey dem groſſen Schloſſe des Caupo, in welchem die Liven
damals aus Furcht vor den Heiden wohnten, und ſchloſſen ſie rund herum allent-
halben ein. Die Reuterey lagerte ſich an das Vordertheil des Schloſſes, die
andern an das Hintertheil bey ihren Raubſchiffen an dem Fluſſe. Die Stein-
ſchuͤtzen zogen ihnen aufs Feld heraus entgegen, die man von Riga dahin ge-
ſchickt hatte, das Schloß mit den Liven zu bewachen; ſie verwundeten viele un-
ter ihnen, viele toͤdteten ſie, weil jene kein Gewehr hatten und nicht gewohnt wa-
ren die Waffen ſo zu fuͤhren, als andre Voͤlker. Nach dieſen ſchickten die Eſthen
ihre tapferſten Leute umher, das Land zu pluͤndern; dieſe branten Doͤrfer und
Kirchen auf, ſchlugen die Liven, ſo ſie ertapten, todt, fuͤhrten einige gefangen;
ſchlepten viel Beute mit ſich, trieben Ochſen und Vieh an den Ort, wo ihre
Leute ſich verſamleten, ſchlachteten die Ochſen und das Vieh, opferten es ihren
Goͤttern, und forſchten nach derſelben Gunſt. Das Fleiſch aber fiel, da es ge-
ſchlagen war, auf die linke Seite, und zeigte dadurch an, daß die Goͤtter zornig,
und lauter Uebel bedeutet waͤre
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. Jedennoch lieſſen ſie ſich von ihrem Vorſatz
nicht abſchrecken, ſondern ſtuͤrmten auf die im Schloſſe los, machten groſſe Holz-
ſchichten, und untergruben den Schloßberg, verſprachen auch da magetas, das
iſt, auf ewig zu bleiben, bis ſie entweder das Schloß niedergeriſſen, oder die Li-
ven zur Einſtimmung bewogen, damit ſie gleich drauf deſſelben Weges mit ihnen
vor Riga ruͤcken und es zerſtoͤren huͤlfen. Ein Live rief auch aus dem Schloſſe
heraus: Maga magamas, daß heiſt: So bleib denn hier ewig liegen. Die
Bruͤder aber der Ritterſchaft in Sygenwalde *), wie ſie ſahen, was die Hei-
den alle vorhatten, thaten es denen in Riga zu wiſſen, und begehrten die Pilger
zu Huͤlfe. Es kamen von denen im Schloſſe belagerten Liven auch Boten dazu,
die alles Herzeleid, was die Liven und Letten von den Heiden litten, mit Thraͤ-
nen anbrachten, und die Biſchoͤfe inſtaͤndig baten, ihnen Leute zu ſchicken, und ihre
Kirche zu erretten. Die Biſchoͤfe ſprachen ihrem Kriegsvolk einen Muth ein, und
legten den Pilgern und dem ganzen Volke zur Vergebung ihrer Suͤnden auf, ihren
Bruͤdern, den Liven, zu Huͤlfe zu eilen, und an den Nationen der Eſthen unter
goͤttlichem Beyſtande ſich zu raͤchen. Und es machten ſich die Pilger mit den Bruͤ-
dern der Ritterſchaft, und Helmold von Pleſſe nebſt andern Rittern auf, legten
ihr Gewehr an, putzten ihre Pferde ſchoͤn aus, reiſeten mit ihren Fußknechten und
Liven und ihrer ganzen Bedienung nach der Goiwa, paßirten dieſelbe, mar-
ſchirten die ganze Nacht durch, gelangeten an die Heiden, ſtelten ihre Armee, fuͤhr-
ten ſie zum Treffen an, und lieſſen das Fußvolk die groſſe Straſſe nach Wende-
culle voraus ruͤcken. Die Reuterey aber kam den Weg zur rechten nach. Das
Fußvolk ging ſehr vorſichtig und in Schlachtordnung, zog mit fruͤhem Morgen den
Berg hinab, und bekam das Schloß und das feindliche Heer zu Geſichte, daß nur
ein Thal dazwiſchen war. Sogleich ſchlugen ſie die Freudenpaucken, und mach-
ten
*) Sygewalde ein ehemaliges Dorf und Schloß, ſo jetzo Jhro Hochreichsgraͤflichen Excellenz dem Herrn
General-Feldmarſchal, Peter von Lascy erblich zugehoͤret.
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