Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Marie und Wilhelm. Im Abendschein am Fenster saß Allein mit ihrem Harme Marie, das Antlitz welk und blaß Gesenkt auf ihre Arme. So saß das Mädchen still und sann, Sann nach den alten Zeiten, Und manche heiße Thräne rann Den schönen alten Zeiten: Als sie im trauten Hüttlein noch Bei lieben Eltern wohnte, Und süßer Gottesfriede noch Der reinen Seele lohnte; Als sie so fromm zur Kirche ging,
Und ihre Wange glühte, Wenn jedes Aug' im Dorfe hing An ihrer Jugendblüthe. Marie und Wilhelm. Im Abendſchein am Fenſter ſaß Allein mit ihrem Harme Marie, das Antlitz welk und blaß Geſenkt auf ihre Arme. So ſaß das Maͤdchen ſtill und ſann, Sann nach den alten Zeiten, Und manche heiße Thraͤne rann Den ſchoͤnen alten Zeiten: Als ſie im trauten Huͤttlein noch Bei lieben Eltern wohnte, Und ſuͤßer Gottesfriede noch Der reinen Seele lohnte; Als ſie ſo fromm zur Kirche ging,
Und ihre Wange gluͤhte, Wenn jedes Aug' im Dorfe hing An ihrer Jugendbluͤthe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0043" n="29"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Marie und Wilhelm.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>m Abendſchein am Fenſter ſaß</l><lb/> <l>Allein mit ihrem Harme</l><lb/> <l>Marie, das Antlitz welk und blaß</l><lb/> <l>Geſenkt auf ihre Arme.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>So ſaß das Maͤdchen ſtill und ſann,</l><lb/> <l>Sann nach den alten Zeiten,</l><lb/> <l>Und manche heiße Thraͤne rann</l><lb/> <l>Den ſchoͤnen alten Zeiten:</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Als ſie im trauten Huͤttlein noch</l><lb/> <l>Bei lieben Eltern wohnte,</l><lb/> <l>Und ſuͤßer Gottesfriede noch</l><lb/> <l>Der reinen Seele lohnte;</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Als ſie ſo fromm zur Kirche ging,</l><lb/> <l>Und ihre Wange gluͤhte,</l><lb/> <l>Wenn jedes Aug' im Dorfe hing</l><lb/> <l>An ihrer Jugendbluͤthe.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0043]
Marie und Wilhelm.
Im Abendſchein am Fenſter ſaß
Allein mit ihrem Harme
Marie, das Antlitz welk und blaß
Geſenkt auf ihre Arme.
So ſaß das Maͤdchen ſtill und ſann,
Sann nach den alten Zeiten,
Und manche heiße Thraͤne rann
Den ſchoͤnen alten Zeiten:
Als ſie im trauten Huͤttlein noch
Bei lieben Eltern wohnte,
Und ſuͤßer Gottesfriede noch
Der reinen Seele lohnte;
Als ſie ſo fromm zur Kirche ging,
Und ihre Wange gluͤhte,
Wenn jedes Aug' im Dorfe hing
An ihrer Jugendbluͤthe.
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