Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Gefangene.

Was trug er auch sein Haupt so frey, so stolz!
Wollt' edler sich, als seine Treiber fühlen!

"Der Hirsch" von Schleifer.
Der Frühling ist zu Berg und Thal gekommen,
Sein Freudenruf ist durch die Luft erklungen;
Kaum hat die Erd' im Schlafe ihn vernommen,
Ist sie vom Wintertraum emporgesprungen,
Der ihren Busen deckte bang und kalt.
In alle Fernen ist der Ruf gedrungen
Mit freundlicher, süßlockender Gewalt,
Daß ihres Nest's die Schwalbe nun gedenket,
Weit über's Meer zur trauten Hütte wallt,
Daß seinen Flug der Storch nun heimwärts lenket,
Verlassend schnell das Schilf im fernen Süden.
Die Blume blüht, der bunte Falter senket
Auf sie die Flügel hin, die wonnemüden.
Mit Blüthen haben sich geschmückt die Bäume,
Daß sie zu Lieb' und Sang die Sänger lüden.
Der Gefangene.

Was trug er auch ſein Haupt ſo frey, ſo ſtolz!
Wollt' edler ſich, als ſeine Treiber fuͤhlen!

„Der Hirſch“ von Schleifer.
Der Fruͤhling iſt zu Berg und Thal gekommen,
Sein Freudenruf iſt durch die Luft erklungen;
Kaum hat die Erd' im Schlafe ihn vernommen,
Iſt ſie vom Wintertraum emporgeſprungen,
Der ihren Buſen deckte bang und kalt.
In alle Fernen iſt der Ruf gedrungen
Mit freundlicher, ſuͤßlockender Gewalt,
Daß ihres Neſt's die Schwalbe nun gedenket,
Weit uͤber's Meer zur trauten Huͤtte wallt,
Daß ſeinen Flug der Storch nun heimwaͤrts lenket,
Verlaſſend ſchnell das Schilf im fernen Suͤden.
Die Blume bluͤht, der bunte Falter ſenket
Auf ſie die Fluͤgel hin, die wonnemuͤden.
Mit Bluͤthen haben ſich geſchmuͤckt die Baͤume,
Daß ſie zu Lieb' und Sang die Saͤnger luͤden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="[3]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Der Gefangene</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">Was trug er auch &#x017F;ein Haupt &#x017F;o frey, &#x017F;o &#x017F;tolz!<lb/>
Wollt' edler &#x017F;ich, als &#x017F;eine Treiber fu&#x0364;hlen!</hi> </quote><lb/>
            <bibl> <hi rendition="#right">&#x201E;Der Hir&#x017F;ch&#x201C; von Schleifer.</hi> </bibl><lb/>
          </cit>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>er Fru&#x0364;hling i&#x017F;t zu Berg und Thal gekommen,</l><lb/>
            <l>Sein Freudenruf i&#x017F;t durch die Luft erklungen;</l><lb/>
            <l>Kaum hat die Erd' im Schlafe ihn vernommen,</l><lb/>
            <l>I&#x017F;t &#x017F;ie vom Wintertraum emporge&#x017F;prungen,</l><lb/>
            <l>Der ihren Bu&#x017F;en deckte bang und kalt.</l><lb/>
            <l>In alle Fernen i&#x017F;t der Ruf gedrungen</l><lb/>
            <l>Mit freundlicher, &#x017F;u&#x0364;ßlockender Gewalt,</l><lb/>
            <l>Daß ihres Ne&#x017F;t's die Schwalbe nun gedenket,</l><lb/>
            <l>Weit u&#x0364;ber's Meer zur trauten Hu&#x0364;tte wallt,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;einen Flug der Storch nun heimwa&#x0364;rts lenket,</l><lb/>
            <l>Verla&#x017F;&#x017F;end &#x017F;chnell das Schilf im fernen Su&#x0364;den.</l><lb/>
            <l>Die Blume blu&#x0364;ht, der bunte Falter &#x017F;enket</l><lb/>
            <l>Auf &#x017F;ie die Flu&#x0364;gel hin, die wonnemu&#x0364;den.</l><lb/>
            <l>Mit Blu&#x0364;then haben &#x017F;ich ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt die Ba&#x0364;ume,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie zu Lieb' und Sang die Sa&#x0364;nger lu&#x0364;den.</l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0017] Der Gefangene. Was trug er auch ſein Haupt ſo frey, ſo ſtolz! Wollt' edler ſich, als ſeine Treiber fuͤhlen! „Der Hirſch“ von Schleifer. Der Fruͤhling iſt zu Berg und Thal gekommen, Sein Freudenruf iſt durch die Luft erklungen; Kaum hat die Erd' im Schlafe ihn vernommen, Iſt ſie vom Wintertraum emporgeſprungen, Der ihren Buſen deckte bang und kalt. In alle Fernen iſt der Ruf gedrungen Mit freundlicher, ſuͤßlockender Gewalt, Daß ihres Neſt's die Schwalbe nun gedenket, Weit uͤber's Meer zur trauten Huͤtte wallt, Daß ſeinen Flug der Storch nun heimwaͤrts lenket, Verlaſſend ſchnell das Schilf im fernen Suͤden. Die Blume bluͤht, der bunte Falter ſenket Auf ſie die Fluͤgel hin, die wonnemuͤden. Mit Bluͤthen haben ſich geſchmuͤckt die Baͤume, Daß ſie zu Lieb' und Sang die Saͤnger luͤden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/17
Zitationshilfe: Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lenau_gedichte_1832/17>, abgerufen am 21.11.2024.