Lenau, Nikolaus: Gedichte. Stuttgart, 1832.Einem Knaben. Was trauerst du, mein schöner Junge? Du Armer, sprich, was weinst du so? Daß treulos dir im raschen Schwunge Dein liebes Vögelein entfloh? Du blickest bald in deiner Trauer Hinüber dort nach jenem Baum, Bald wieder nach dem leeren Bauer Blickst du in deinem Kindestraum. Du legst so schlaff die kleinen Hände An deines Lieblings ödes Haus; Und prüfest rings die Sprossenwände, Und fragst: "wie kam er nur hinaus?" An jenem Baume hörst du singen
Den Fernen, den dein Herz verlor, Und unaufhaltsam eilig dringen Die heißen Thränen dir hervor. Einem Knaben. Was trauerſt du, mein ſchoͤner Junge? Du Armer, ſprich, was weinſt du ſo? Daß treulos dir im raſchen Schwunge Dein liebes Voͤgelein entfloh? Du blickeſt bald in deiner Trauer Hinuͤber dort nach jenem Baum, Bald wieder nach dem leeren Bauer Blickſt du in deinem Kindestraum. Du legſt ſo ſchlaff die kleinen Haͤnde An deines Lieblings oͤdes Haus; Und pruͤfeſt rings die Sproſſenwaͤnde, Und fragſt: „wie kam er nur hinaus?“ An jenem Baume hoͤrſt du ſingen
Den Fernen, den dein Herz verlor, Und unaufhaltſam eilig dringen Die heißen Thraͤnen dir hervor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0129" n="115"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Einem Knaben</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as trauerſt du, mein ſchoͤner Junge?</l><lb/> <l>Du Armer, ſprich, was weinſt du ſo?</l><lb/> <l>Daß treulos dir im raſchen Schwunge</l><lb/> <l>Dein liebes Voͤgelein entfloh?</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Du blickeſt bald in deiner Trauer</l><lb/> <l>Hinuͤber dort nach jenem Baum,</l><lb/> <l>Bald wieder nach dem leeren Bauer</l><lb/> <l>Blickſt du in deinem Kindestraum.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Du legſt ſo ſchlaff die kleinen Haͤnde</l><lb/> <l>An deines Lieblings oͤdes Haus;</l><lb/> <l>Und pruͤfeſt rings die Sproſſenwaͤnde,</l><lb/> <l>Und fragſt: „wie kam er nur hinaus?“</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>An jenem Baume hoͤrſt du ſingen</l><lb/> <l>Den Fernen, den dein Herz verlor,</l><lb/> <l>Und unaufhaltſam eilig dringen</l><lb/> <l>Die heißen Thraͤnen dir hervor.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [115/0129]
Einem Knaben.
Was trauerſt du, mein ſchoͤner Junge?
Du Armer, ſprich, was weinſt du ſo?
Daß treulos dir im raſchen Schwunge
Dein liebes Voͤgelein entfloh?
Du blickeſt bald in deiner Trauer
Hinuͤber dort nach jenem Baum,
Bald wieder nach dem leeren Bauer
Blickſt du in deinem Kindestraum.
Du legſt ſo ſchlaff die kleinen Haͤnde
An deines Lieblings oͤdes Haus;
Und pruͤfeſt rings die Sproſſenwaͤnde,
Und fragſt: „wie kam er nur hinaus?“
An jenem Baume hoͤrſt du ſingen
Den Fernen, den dein Herz verlor,
Und unaufhaltſam eilig dringen
Die heißen Thraͤnen dir hervor.
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