Obwohl man im Stande ist, durch die neueren, oben beschriebenen Einrichtungen zum Auswechseln des Bodens wie der Birne selbst die erforderliche Zeit für diese Arbeiten auf ein gegen früher sehr unbe- deutendes Maass zu beschränken, würde es doch nicht möglich sein, den Betrieb eines Bessemerwerkes ohne mancherlei hemmende Unter- brechungen zu führen, wenn man nur mit einer einzigen Birne arbeiten wollte. Jede Bessemeranlage enthält deshalb mindestens zwei Birnen, welche abwechselnd im Betriebe sein können; mitunter drei oder noch mehr. Die Gruppirung dieser Birnen gegen einander wie gegen die übrigen Hilfsapparate -- Giesspfannenkrahn, Schmelzöfen u. s. w. -- ist von nicht geringer Wichtigkeit für die Leistungsfähigkeit eines Bessemer- werkes. Es haben sich in dieser Beziehung eine Anzahl von Systemen ausgebildet, auf welche sich die meisten Anlagen ihrer Grundidee nach zurückführen lassen, obschon naturgemäss die Ausführung in den Ein- zelnheiten zahlreiche Abweichungen zeigen kann.
Zunächst kommt hier in Betracht, dass die Zapfen der Birnen, damit diese die erforderlichen Drehungsbewegungen ausführen und in die darunter befindliche Giesspfanne entleert werden können, ent- sprechend hoch über dem Boden angeordnet sein müssen. Diese Höhe pflegt, abweichend nach der Grösse der Birne selbst wie nach der Art der sonstigen Einrichtungen 2--4 m zu betragen. Die Gussformen werden bei den meisten Bessemerwerken in einer Giessgrube aufgestellt, deren Sohle 1--1.5 m unter der Hüttensohle zu liegen pflegt; erst bei neueren Anlagen ist man dazu übergegangen, die Gussformen zu ebener Erde aufzustellen. Die Birnenzapfen werden gewöhnlich höher über dem Erdboden liegen müssen, wenn man die letztere Einrichtung wählt, als wenn die Gussformen vertieft stehen und auch der Giesspfannen- krahn sich in der Giessgrube befindet.
Damit aber die Birnen, nachdem sie auf den Rücken gelegt wurden (so dass ihre Achse wagerechte Lage angenommen hat), von oben her gefüllt werden können, ist die Anordnung einer noch etwas höher als die Drehungszapfen liegenden Bühne hinter den Birnen erforderlich, von welcher aus das flüssige Metall durch eine eiserne, mit Thon aus- gekleidete Rinne in die nach oben gerichtete Mündung der Birne ein- strömen kann. Der Höhenabstand zwischen dieser Ebene und der Ebene der Birnenzapfen pflegt 1.5--3 m zu betragen. Auf diese Bühne wird das flüssige Roheisen, sofern die Schmelzöfen -- Cupolöfen, Flammöfen, unter Umständen der Hochofen -- sich zu ebener Erde befinden, mit Hilfe eines hydraulischen Aufzuges gehoben, welcher die zum Kippen eingerichtete, mit ihren Drehungszapfen auf einem Wagen ruhende Giesspfanne aufnimmt; häufiger stellt man die Cupol- oder Flammöfen selbst auf diese Bühne, um aus dem Stichloche derselben das Metall unmittelbar der Birne zuzuleiten. Wendet man, wie es fast regelmässig geschieht, Cupolöfen zum Schmelzen des Roheisens an, so ist hinter denselben die Anordnung einer noch höher liegenden Ebene, der Gicht- bühne, erforderlich, von welcher aus das Aufgeben der Schmelzmateria- lien erfolgt.
Der Bessemer- und der Thomasprocess.
Zahl und Gruppirung der Birnen.
Obwohl man im Stande ist, durch die neueren, oben beschriebenen Einrichtungen zum Auswechseln des Bodens wie der Birne selbst die erforderliche Zeit für diese Arbeiten auf ein gegen früher sehr unbe- deutendes Maass zu beschränken, würde es doch nicht möglich sein, den Betrieb eines Bessemerwerkes ohne mancherlei hemmende Unter- brechungen zu führen, wenn man nur mit einer einzigen Birne arbeiten wollte. Jede Bessemeranlage enthält deshalb mindestens zwei Birnen, welche abwechselnd im Betriebe sein können; mitunter drei oder noch mehr. Die Gruppirung dieser Birnen gegen einander wie gegen die übrigen Hilfsapparate — Giesspfannenkrahn, Schmelzöfen u. s. w. — ist von nicht geringer Wichtigkeit für die Leistungsfähigkeit eines Bessemer- werkes. Es haben sich in dieser Beziehung eine Anzahl von Systemen ausgebildet, auf welche sich die meisten Anlagen ihrer Grundidee nach zurückführen lassen, obschon naturgemäss die Ausführung in den Ein- zelnheiten zahlreiche Abweichungen zeigen kann.
Zunächst kommt hier in Betracht, dass die Zapfen der Birnen, damit diese die erforderlichen Drehungsbewegungen ausführen und in die darunter befindliche Giesspfanne entleert werden können, ent- sprechend hoch über dem Boden angeordnet sein müssen. Diese Höhe pflegt, abweichend nach der Grösse der Birne selbst wie nach der Art der sonstigen Einrichtungen 2—4 m zu betragen. Die Gussformen werden bei den meisten Bessemerwerken in einer Giessgrube aufgestellt, deren Sohle 1—1.5 m unter der Hüttensohle zu liegen pflegt; erst bei neueren Anlagen ist man dazu übergegangen, die Gussformen zu ebener Erde aufzustellen. Die Birnenzapfen werden gewöhnlich höher über dem Erdboden liegen müssen, wenn man die letztere Einrichtung wählt, als wenn die Gussformen vertieft stehen und auch der Giesspfannen- krahn sich in der Giessgrube befindet.
Damit aber die Birnen, nachdem sie auf den Rücken gelegt wurden (so dass ihre Achse wagerechte Lage angenommen hat), von oben her gefüllt werden können, ist die Anordnung einer noch etwas höher als die Drehungszapfen liegenden Bühne hinter den Birnen erforderlich, von welcher aus das flüssige Metall durch eine eiserne, mit Thon aus- gekleidete Rinne in die nach oben gerichtete Mündung der Birne ein- strömen kann. Der Höhenabstand zwischen dieser Ebene und der Ebene der Birnenzapfen pflegt 1.5—3 m zu betragen. Auf diese Bühne wird das flüssige Roheisen, sofern die Schmelzöfen — Cupolöfen, Flammöfen, unter Umständen der Hochofen — sich zu ebener Erde befinden, mit Hilfe eines hydraulischen Aufzuges gehoben, welcher die zum Kippen eingerichtete, mit ihren Drehungszapfen auf einem Wagen ruhende Giesspfanne aufnimmt; häufiger stellt man die Cupol- oder Flammöfen selbst auf diese Bühne, um aus dem Stichloche derselben das Metall unmittelbar der Birne zuzuleiten. Wendet man, wie es fast regelmässig geschieht, Cupolöfen zum Schmelzen des Roheisens an, so ist hinter denselben die Anordnung einer noch höher liegenden Ebene, der Gicht- bühne, erforderlich, von welcher aus das Aufgeben der Schmelzmateria- lien erfolgt.
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Der Bessemer- und der Thomasprocess.
Zahl und Gruppirung der Birnen.
Obwohl man im Stande ist, durch die neueren, oben beschriebenen
Einrichtungen zum Auswechseln des Bodens wie der Birne selbst die
erforderliche Zeit für diese Arbeiten auf ein gegen früher sehr unbe-
deutendes Maass zu beschränken, würde es doch nicht möglich sein,
den Betrieb eines Bessemerwerkes ohne mancherlei hemmende Unter-
brechungen zu führen, wenn man nur mit einer einzigen Birne arbeiten
wollte. Jede Bessemeranlage enthält deshalb mindestens zwei Birnen,
welche abwechselnd im Betriebe sein können; mitunter drei oder noch
mehr. Die Gruppirung dieser Birnen gegen einander wie gegen die
übrigen Hilfsapparate — Giesspfannenkrahn, Schmelzöfen u. s. w. — ist
von nicht geringer Wichtigkeit für die Leistungsfähigkeit eines Bessemer-
werkes. Es haben sich in dieser Beziehung eine Anzahl von Systemen
ausgebildet, auf welche sich die meisten Anlagen ihrer Grundidee nach
zurückführen lassen, obschon naturgemäss die Ausführung in den Ein-
zelnheiten zahlreiche Abweichungen zeigen kann.
Zunächst kommt hier in Betracht, dass die Zapfen der Birnen,
damit diese die erforderlichen Drehungsbewegungen ausführen und in
die darunter befindliche Giesspfanne entleert werden können, ent-
sprechend hoch über dem Boden angeordnet sein müssen. Diese Höhe
pflegt, abweichend nach der Grösse der Birne selbst wie nach der Art
der sonstigen Einrichtungen 2—4 m zu betragen. Die Gussformen
werden bei den meisten Bessemerwerken in einer Giessgrube aufgestellt,
deren Sohle 1—1.5 m unter der Hüttensohle zu liegen pflegt; erst bei
neueren Anlagen ist man dazu übergegangen, die Gussformen zu ebener
Erde aufzustellen. Die Birnenzapfen werden gewöhnlich höher über
dem Erdboden liegen müssen, wenn man die letztere Einrichtung wählt,
als wenn die Gussformen vertieft stehen und auch der Giesspfannen-
krahn sich in der Giessgrube befindet.
Damit aber die Birnen, nachdem sie auf den Rücken gelegt wurden
(so dass ihre Achse wagerechte Lage angenommen hat), von oben her
gefüllt werden können, ist die Anordnung einer noch etwas höher als
die Drehungszapfen liegenden Bühne hinter den Birnen erforderlich,
von welcher aus das flüssige Metall durch eine eiserne, mit Thon aus-
gekleidete Rinne in die nach oben gerichtete Mündung der Birne ein-
strömen kann. Der Höhenabstand zwischen dieser Ebene und der Ebene
der Birnenzapfen pflegt 1.5—3 m zu betragen. Auf diese Bühne wird
das flüssige Roheisen, sofern die Schmelzöfen — Cupolöfen, Flammöfen,
unter Umständen der Hochofen — sich zu ebener Erde befinden, mit
Hilfe eines hydraulischen Aufzuges gehoben, welcher die zum Kippen
eingerichtete, mit ihren Drehungszapfen auf einem Wagen ruhende
Giesspfanne aufnimmt; häufiger stellt man die Cupol- oder Flammöfen
selbst auf diese Bühne, um aus dem Stichloche derselben das Metall
unmittelbar der Birne zuzuleiten. Wendet man, wie es fast regelmässig
geschieht, Cupolöfen zum Schmelzen des Roheisens an, so ist hinter
denselben die Anordnung einer noch höher liegenden Ebene, der Gicht-
bühne, erforderlich, von welcher aus das Aufgeben der Schmelzmateria-
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 895. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/983>, abgerufen am 21.11.2024.
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