Auch die Leistungsfähigkeit der ersten Kokshochöfen war gering und bezifferte sich z. B. bei jenem Ofen zu Horsehay auf etwa 3000 kg per Tag. Auf dem Continente errichtete man in den Jahren 1794 und 1795 den ersten Kokshochofen zu Gleiwitz (Oberschlesien), welcher eine Höhe von 12.9 m bei einem Fassungsraume von 40.3 cbm erhielt und 1796 angeblasen wurde. Anfänglich lieferte derselbe nur etwa 1000 kg per Tag, welche Leistung sich jedoch bereits im Jahre 1800 auf etwas mehr als das Dreifache gesteigert hatte. 1)
Da in Rücksicht auf die schon erwähnte Verwendung des grössten Theils alles erzeugten Roheisens für die Giesserei man vorzugsweise auf graues Roheisen arbeitete, so erklärt es sich, dass in Gegenden, wo manganreiche, für Weisseisendarstellung mehr als für Gusseisen- erzeugung geeignete Erze verhüttet wurden, man sich verhältnissmässig langsam entschloss, die frühere Methode, Darstellung von Stahl und Schmiedeeisen unmittelbar aus den Erzen, aufzugeben und zur Roh- eisendarstellung überzugehen. Erst als nach Erfindung der Dampf- kraft und Einführung der Eisenbahnen mit Dampfbetrieb der Bedarf an Eisen im Ganzen und an schmiedbarem Eisen insbesondere in's Ungeheure stieg 2), gewann die Darstellung weissen Roheisens, welches seiner Reinheit von Silicium halber sich rascher als graues in schmied- bares Eisen umwandeln lässt, eine erhöhte Bedeutung, und die Menge des auschliesslich zum Verfrischen erblasenen -- grauen und weissen -- Roheisens überwog bald die Menge des für die Giesserei bestimmten um ein Beträchtliches.
Der gesteigerte Bedarf an Roheisen überhaupt liess sich jedoch nur durch Anwendung von Koks für den Hochofenbetrieb decken; und je mehr das Eisenbahnnetz sich über die eisenerzeugenden Gegenden ausbreitete, desto reichlichere Gelegenheit zur Beschaffung verhältniss- mässig billiger Koks bot sich auch solchen Eisenwerken, welche fern von den Steinkohlenlagern belegen waren. So minderte sich die Zahl der Holzkohlenhochöfen von Jahr zu Jahr, während die Kokshochöfen sich rasch vermehrten. Die schon früher erörterten Umstände aber, insbesondere die geringere Verwendbarkeit des Koksroheisens für den unmittelbaren Guss aus dem Hochofen und die wachsende Zahl der Eisengiessereien fern von einem Hochofenwerke, liessen auch da, wo man Giessereiroheisen erzeugte, die alte Betriebsweise -- die Ver- einigung der Eisengiesserei mit dem Hochofen -- mehr und mehr ver- schwinden, sobald man zum Betriebe mit Koks überging.
2. Die Form und der Bau des Hochofens.
a) Die innere Form oder das Profil des Hochofens.
Die verschiedenen Hochofenprofile und ihre Beziehungen zum Hoch- ofenprocesse.
Der Hochofen ist ein direct wirkender Schachtofen (S. 106), in dessen obere Oeffnung, die Gicht, die zur Heizung und Reduction bestimmten Brennstoffe -- Holzkohlen, Koks, auch wohl rohe Stein-
1) Ztschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im Preuss. Staate, Bd. 22, S. 253.
2) Vergl. S. 9.
Historisches. Die Form und der Bau des Hochofens.
Auch die Leistungsfähigkeit der ersten Kokshochöfen war gering und bezifferte sich z. B. bei jenem Ofen zu Horsehay auf etwa 3000 kg per Tag. Auf dem Continente errichtete man in den Jahren 1794 und 1795 den ersten Kokshochofen zu Gleiwitz (Oberschlesien), welcher eine Höhe von 12.9 m bei einem Fassungsraume von 40.3 cbm erhielt und 1796 angeblasen wurde. Anfänglich lieferte derselbe nur etwa 1000 kg per Tag, welche Leistung sich jedoch bereits im Jahre 1800 auf etwas mehr als das Dreifache gesteigert hatte. 1)
Da in Rücksicht auf die schon erwähnte Verwendung des grössten Theils alles erzeugten Roheisens für die Giesserei man vorzugsweise auf graues Roheisen arbeitete, so erklärt es sich, dass in Gegenden, wo manganreiche, für Weisseisendarstellung mehr als für Gusseisen- erzeugung geeignete Erze verhüttet wurden, man sich verhältnissmässig langsam entschloss, die frühere Methode, Darstellung von Stahl und Schmiedeeisen unmittelbar aus den Erzen, aufzugeben und zur Roh- eisendarstellung überzugehen. Erst als nach Erfindung der Dampf- kraft und Einführung der Eisenbahnen mit Dampfbetrieb der Bedarf an Eisen im Ganzen und an schmiedbarem Eisen insbesondere in’s Ungeheure stieg 2), gewann die Darstellung weissen Roheisens, welches seiner Reinheit von Silicium halber sich rascher als graues in schmied- bares Eisen umwandeln lässt, eine erhöhte Bedeutung, und die Menge des auschliesslich zum Verfrischen erblasenen — grauen und weissen — Roheisens überwog bald die Menge des für die Giesserei bestimmten um ein Beträchtliches.
Der gesteigerte Bedarf an Roheisen überhaupt liess sich jedoch nur durch Anwendung von Koks für den Hochofenbetrieb decken; und je mehr das Eisenbahnnetz sich über die eisenerzeugenden Gegenden ausbreitete, desto reichlichere Gelegenheit zur Beschaffung verhältniss- mässig billiger Koks bot sich auch solchen Eisenwerken, welche fern von den Steinkohlenlagern belegen waren. So minderte sich die Zahl der Holzkohlenhochöfen von Jahr zu Jahr, während die Kokshochöfen sich rasch vermehrten. Die schon früher erörterten Umstände aber, insbesondere die geringere Verwendbarkeit des Koksroheisens für den unmittelbaren Guss aus dem Hochofen und die wachsende Zahl der Eisengiessereien fern von einem Hochofenwerke, liessen auch da, wo man Giessereiroheisen erzeugte, die alte Betriebsweise — die Ver- einigung der Eisengiesserei mit dem Hochofen — mehr und mehr ver- schwinden, sobald man zum Betriebe mit Koks überging.
2. Die Form und der Bau des Hochofens.
a) Die innere Form oder das Profil des Hochofens.
Die verschiedenen Hochofenprofile und ihre Beziehungen zum Hoch- ofenprocesse.
Der Hochofen ist ein direct wirkender Schachtofen (S. 106), in dessen obere Oeffnung, die Gicht, die zur Heizung und Reduction bestimmten Brennstoffe — Holzkohlen, Koks, auch wohl rohe Stein-
1) Ztschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im Preuss. Staate, Bd. 22, S. 253.
2) Vergl. S. 9.
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Historisches. Die Form und der Bau des Hochofens.
Auch die Leistungsfähigkeit der ersten Kokshochöfen war gering und
bezifferte sich z. B. bei jenem Ofen zu Horsehay auf etwa 3000 kg
per Tag. Auf dem Continente errichtete man in den Jahren 1794 und
1795 den ersten Kokshochofen zu Gleiwitz (Oberschlesien), welcher
eine Höhe von 12.9 m bei einem Fassungsraume von 40.3 cbm erhielt
und 1796 angeblasen wurde. Anfänglich lieferte derselbe nur etwa
1000 kg per Tag, welche Leistung sich jedoch bereits im Jahre 1800
auf etwas mehr als das Dreifache gesteigert hatte. 1)
Da in Rücksicht auf die schon erwähnte Verwendung des grössten
Theils alles erzeugten Roheisens für die Giesserei man vorzugsweise
auf graues Roheisen arbeitete, so erklärt es sich, dass in Gegenden,
wo manganreiche, für Weisseisendarstellung mehr als für Gusseisen-
erzeugung geeignete Erze verhüttet wurden, man sich verhältnissmässig
langsam entschloss, die frühere Methode, Darstellung von Stahl und
Schmiedeeisen unmittelbar aus den Erzen, aufzugeben und zur Roh-
eisendarstellung überzugehen. Erst als nach Erfindung der Dampf-
kraft und Einführung der Eisenbahnen mit Dampfbetrieb der Bedarf
an Eisen im Ganzen und an schmiedbarem Eisen insbesondere in’s
Ungeheure stieg 2), gewann die Darstellung weissen Roheisens, welches
seiner Reinheit von Silicium halber sich rascher als graues in schmied-
bares Eisen umwandeln lässt, eine erhöhte Bedeutung, und die Menge
des auschliesslich zum Verfrischen erblasenen — grauen und weissen
— Roheisens überwog bald die Menge des für die Giesserei bestimmten
um ein Beträchtliches.
Der gesteigerte Bedarf an Roheisen überhaupt liess sich jedoch
nur durch Anwendung von Koks für den Hochofenbetrieb decken; und
je mehr das Eisenbahnnetz sich über die eisenerzeugenden Gegenden
ausbreitete, desto reichlichere Gelegenheit zur Beschaffung verhältniss-
mässig billiger Koks bot sich auch solchen Eisenwerken, welche fern
von den Steinkohlenlagern belegen waren. So minderte sich die Zahl
der Holzkohlenhochöfen von Jahr zu Jahr, während die Kokshochöfen
sich rasch vermehrten. Die schon früher erörterten Umstände aber,
insbesondere die geringere Verwendbarkeit des Koksroheisens für den
unmittelbaren Guss aus dem Hochofen und die wachsende Zahl der
Eisengiessereien fern von einem Hochofenwerke, liessen auch da, wo
man Giessereiroheisen erzeugte, die alte Betriebsweise — die Ver-
einigung der Eisengiesserei mit dem Hochofen — mehr und mehr ver-
schwinden, sobald man zum Betriebe mit Koks überging.
2. Die Form und der Bau des Hochofens.
a) Die innere Form oder das Profil des Hochofens.
Die verschiedenen Hochofenprofile und ihre Beziehungen zum Hoch-
ofenprocesse.
Der Hochofen ist ein direct wirkender Schachtofen (S. 106), in
dessen obere Oeffnung, die Gicht, die zur Heizung und Reduction
bestimmten Brennstoffe — Holzkohlen, Koks, auch wohl rohe Stein-
1) Ztschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im Preuss. Staate, Bd. 22, S. 253.
2) Vergl. S. 9.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/365>, abgerufen am 21.11.2024.
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