Kieselsäurereichere Schlacken als Trisilikate kommen in den Eisen- hütten nicht vor; kieselsäureärmere als Subsilikate dagegen (Oxyd- schlacken) sind nicht selten.
Dass die Zusammensetzung einer in der Praxis entstandenen Schlacke genau einer der obigen Formeln nur ausnahmsweise ent- sprechen wird, wurde bereits oben angedeutet; der Silicirungsgrad jeder Schlacke lässt sich jedoch mit einer für die Zwecke der Praxis aus- reichenden Genauigkeit bezeichnen, indem man angiebt, welcher der Formeln die Schlacke ihrer Zusammensetzung nach nahe oder zwischen welchen beiden sie in der Mitte steht.
3. Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad.
Für die Durchführung der Processe, bei welchen Schlacken ent- stehen, ist die Schmelztemperatur derselben eine Eigenschaft von hoher Wichtigkeit, und nicht selten ist der Fall, dass die Durchführung jenes Processes unmöglich oder doch erheblich erschwert wird, wenn die Schmelztemperatur der betreffenden Schlacke zu hoch oder zu niedrig liegt.
Dennoch kennen wir über das Verhalten der Schlacken in dieser Beziehung wenig mehr als ganz allgemeine Regeln. Dieser Mangel findet eine triftige Entschuldigung in dem Umstande, dass jede Aende- rung in der Zusammensetzung der Schlacken, jedes Hinzutreten eines neuen Körpers auch die Schmelztemperatur ändert; und die Combina- tionen, welche sich aus den verschiedenen schlackenbildenden Körpern in den verschiedenen Gewichtsmengen zusammenstellen lassen, sind zahllos. Ermittelt sind nur die Schmelzpunkte einiger binären, d. h. aus Kieselsäure und einer Base bestehenden Silikate; sobald aber ein dritter Körper hinzutritt, ändert sich auch der Schmelzpunkt.
Untersuchungen über die Schmelztemperaturen der Schlacken, ins- besondere der Silikate, sind von Berthier, Plattner, Percy, Sef- ström, Schinz, Bischof u. A. angestellt worden; und wenn auch die von einzelnen der genannten Forscher gefundenen Zahlenwerthe anfechtbar sind1), so lassen sie doch immerhin Schlüsse über das Ver- halten der verschiedenen Silikate im Allgemeinen zu, welche nicht ohne Wichtigkeit sind.
Es ergiebt sich aus jenen Arbeiten Folgendes:
1. Die Schmelztemperatur eines bereits gebildeten Silikats liegt häufig oder gewöhnlich tiefer als die Ent- stehungstemperatur desselben.2) Schon bei Besprechung der
1) So z. B. wurden von Plattner zahlreiche Temperaturbestimmungen aus- geführt, welche zwar Jahrzehnte hindurch als maassgebend angesehen wurden, bei der Unzuverlässigkeit der damaligen Mittel für Messung hoher Temperaturen jedoch nachweisbare erhebliche Irrungen in sich schliessen. Die von Plattner gefundenen Werthe sind später theilweise berichtigt durch Erhard und Schertel; vergl. Literatur.
2) Dieser von Plattner zuerst aufgestellte Lehrsatz ist von Schinz angefoch- ten worden, hat jedoch nach meiner Ueberzeugung, die auf Beobachtungen in der Praxis sich stützt, seine vollständige Richtigkeit. Auch Bischof bestätigt in seinen Arbeiten über feuerfeste Thone die Richtigkeit.
Einiges über Schlacken.
Kieselsäurereichere Schlacken als Trisilikate kommen in den Eisen- hütten nicht vor; kieselsäureärmere als Subsilikate dagegen (Oxyd- schlacken) sind nicht selten.
Dass die Zusammensetzung einer in der Praxis entstandenen Schlacke genau einer der obigen Formeln nur ausnahmsweise ent- sprechen wird, wurde bereits oben angedeutet; der Silicirungsgrad jeder Schlacke lässt sich jedoch mit einer für die Zwecke der Praxis aus- reichenden Genauigkeit bezeichnen, indem man angiebt, welcher der Formeln die Schlacke ihrer Zusammensetzung nach nahe oder zwischen welchen beiden sie in der Mitte steht.
3. Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad.
Für die Durchführung der Processe, bei welchen Schlacken ent- stehen, ist die Schmelztemperatur derselben eine Eigenschaft von hoher Wichtigkeit, und nicht selten ist der Fall, dass die Durchführung jenes Processes unmöglich oder doch erheblich erschwert wird, wenn die Schmelztemperatur der betreffenden Schlacke zu hoch oder zu niedrig liegt.
Dennoch kennen wir über das Verhalten der Schlacken in dieser Beziehung wenig mehr als ganz allgemeine Regeln. Dieser Mangel findet eine triftige Entschuldigung in dem Umstande, dass jede Aende- rung in der Zusammensetzung der Schlacken, jedes Hinzutreten eines neuen Körpers auch die Schmelztemperatur ändert; und die Combina- tionen, welche sich aus den verschiedenen schlackenbildenden Körpern in den verschiedenen Gewichtsmengen zusammenstellen lassen, sind zahllos. Ermittelt sind nur die Schmelzpunkte einiger binären, d. h. aus Kieselsäure und einer Base bestehenden Silikate; sobald aber ein dritter Körper hinzutritt, ändert sich auch der Schmelzpunkt.
Untersuchungen über die Schmelztemperaturen der Schlacken, ins- besondere der Silikate, sind von Berthier, Plattner, Percy, Sef- ström, Schinz, Bischof u. A. angestellt worden; und wenn auch die von einzelnen der genannten Forscher gefundenen Zahlenwerthe anfechtbar sind1), so lassen sie doch immerhin Schlüsse über das Ver- halten der verschiedenen Silikate im Allgemeinen zu, welche nicht ohne Wichtigkeit sind.
Es ergiebt sich aus jenen Arbeiten Folgendes:
1. Die Schmelztemperatur eines bereits gebildeten Silikats liegt häufig oder gewöhnlich tiefer als die Ent- stehungstemperatur desselben.2) Schon bei Besprechung der
1) So z. B. wurden von Plattner zahlreiche Temperaturbestimmungen aus- geführt, welche zwar Jahrzehnte hindurch als maassgebend angesehen wurden, bei der Unzuverlässigkeit der damaligen Mittel für Messung hoher Temperaturen jedoch nachweisbare erhebliche Irrungen in sich schliessen. Die von Plattner gefundenen Werthe sind später theilweise berichtigt durch Erhard und Schertel; vergl. Literatur.
2) Dieser von Plattner zuerst aufgestellte Lehrsatz ist von Schinz angefoch- ten worden, hat jedoch nach meiner Ueberzeugung, die auf Beobachtungen in der Praxis sich stützt, seine vollständige Richtigkeit. Auch Bischof bestätigt in seinen Arbeiten über feuerfeste Thone die Richtigkeit.
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Einiges über Schlacken.
Kieselsäurereichere Schlacken als Trisilikate kommen in den Eisen-
hütten nicht vor; kieselsäureärmere als Subsilikate dagegen (Oxyd-
schlacken) sind nicht selten.
Dass die Zusammensetzung einer in der Praxis entstandenen
Schlacke genau einer der obigen Formeln nur ausnahmsweise ent-
sprechen wird, wurde bereits oben angedeutet; der Silicirungsgrad jeder
Schlacke lässt sich jedoch mit einer für die Zwecke der Praxis aus-
reichenden Genauigkeit bezeichnen, indem man angiebt, welcher der
Formeln die Schlacke ihrer Zusammensetzung nach nahe oder zwischen
welchen beiden sie in der Mitte steht.
3. Schmelztemperatur und Flüssigkeitsgrad.
Für die Durchführung der Processe, bei welchen Schlacken ent-
stehen, ist die Schmelztemperatur derselben eine Eigenschaft von
hoher Wichtigkeit, und nicht selten ist der Fall, dass die Durchführung
jenes Processes unmöglich oder doch erheblich erschwert wird, wenn
die Schmelztemperatur der betreffenden Schlacke zu hoch oder zu
niedrig liegt.
Dennoch kennen wir über das Verhalten der Schlacken in dieser
Beziehung wenig mehr als ganz allgemeine Regeln. Dieser Mangel
findet eine triftige Entschuldigung in dem Umstande, dass jede Aende-
rung in der Zusammensetzung der Schlacken, jedes Hinzutreten eines
neuen Körpers auch die Schmelztemperatur ändert; und die Combina-
tionen, welche sich aus den verschiedenen schlackenbildenden Körpern
in den verschiedenen Gewichtsmengen zusammenstellen lassen, sind
zahllos. Ermittelt sind nur die Schmelzpunkte einiger binären, d. h.
aus Kieselsäure und einer Base bestehenden Silikate; sobald aber ein
dritter Körper hinzutritt, ändert sich auch der Schmelzpunkt.
Untersuchungen über die Schmelztemperaturen der Schlacken, ins-
besondere der Silikate, sind von Berthier, Plattner, Percy, Sef-
ström, Schinz, Bischof u. A. angestellt worden; und wenn auch
die von einzelnen der genannten Forscher gefundenen Zahlenwerthe
anfechtbar sind 1), so lassen sie doch immerhin Schlüsse über das Ver-
halten der verschiedenen Silikate im Allgemeinen zu, welche nicht ohne
Wichtigkeit sind.
Es ergiebt sich aus jenen Arbeiten Folgendes:
1. Die Schmelztemperatur eines bereits gebildeten
Silikats liegt häufig oder gewöhnlich tiefer als die Ent-
stehungstemperatur desselben. 2) Schon bei Besprechung der
1) So z. B. wurden von Plattner zahlreiche Temperaturbestimmungen aus-
geführt, welche zwar Jahrzehnte hindurch als maassgebend angesehen wurden, bei
der Unzuverlässigkeit der damaligen Mittel für Messung hoher Temperaturen jedoch
nachweisbare erhebliche Irrungen in sich schliessen. Die von Plattner gefundenen
Werthe sind später theilweise berichtigt durch Erhard und Schertel; vergl.
Literatur.
2) Dieser von Plattner zuerst aufgestellte Lehrsatz ist von Schinz angefoch-
ten worden, hat jedoch nach meiner Ueberzeugung, die auf Beobachtungen in der
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/190>, abgerufen am 03.12.2024.
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