Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.XII. Abschnitt. X. Fragment. in der Natur und zum Theil auch in diesem Bilde der furchtbar auffallende Kampf von Größeund Mißmuthigkeit -- daher die Möglichkeit -- daß die Einen in diesem Gesichte den Himmel, die Andern die Hölle zu sehen glaubten. -- Die Stellung ist nicht des muthigen Helden. Lasten von Jahren und Thaten, von Sor- Der Spornlose Stiefel ist in so fern physiognomisch, als man ihn als Emblem voll Wahr- Das Pferd hat eine Königsphysiognomie, obgleich der Hals obenher um etwas zu dick Noch zwo Stellen -- als Beylage zu diesem -- ja wohl! Fragmente ... Beyde von Ueber die Ehe. Seite 131. "Jeder große Mann hat einen Blick, den niemand, als er, mit seinen Augen machen kann. des
XII. Abſchnitt. X. Fragment. in der Natur und zum Theil auch in dieſem Bilde der furchtbar auffallende Kampf von Groͤßeund Mißmuthigkeit — daher die Moͤglichkeit — daß die Einen in dieſem Geſichte den Himmel, die Andern die Hoͤlle zu ſehen glaubten. — Die Stellung iſt nicht des muthigen Helden. Laſten von Jahren und Thaten, von Sor- Der Spornloſe Stiefel iſt in ſo fern phyſiognomiſch, als man ihn als Emblem voll Wahr- Das Pferd hat eine Koͤnigsphyſiognomie, obgleich der Hals obenher um etwas zu dick Noch zwo Stellen — als Beylage zu dieſem — ja wohl! Fragmente ... Beyde von Ueber die Ehe. Seite 131. „Jeder große Mann hat einen Blick, den niemand, als er, mit ſeinen Augen machen kann. des
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0570" n="350"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Abſchnitt. <hi rendition="#aq">X.</hi> Fragment.</hi></fw><lb/> in der Natur und zum Theil auch in dieſem Bilde der furchtbar auffallende Kampf von Groͤße<lb/> und Mißmuthigkeit — daher die Moͤglichkeit — daß die Einen in dieſem Geſichte den Himmel,<lb/> die Andern die Hoͤlle zu ſehen glaubten. —</p><lb/> <p>Die Stellung iſt nicht des muthigen Helden. Laſten von Jahren und Thaten, von Sor-<lb/> gen und Entwuͤrfen ſcheinen auf ſeiner Schulter zu liegen — Jch glaube, die Taille iſt etwas zu<lb/> lang — und dieſe Laͤnge kontraſtirt mit der, wenn ich ſagen darf, gleichſam eiſernen Gedraͤngtheit<lb/> des Geſichtes. —</p><lb/> <p>Der Spornloſe Stiefel iſt in ſo fern phyſiognomiſch, als man ihn als Emblem voll Wahr-<lb/> heit und Bedeutung anſehen kann — wenigſtens harmonirts mit der Nonchalance des Gan-<lb/> zen. —</p><lb/> <p>Das Pferd hat eine Koͤnigsphyſiognomie, obgleich der Hals obenher um etwas zu dick<lb/> iſt. Der Tritt des Pferdes iſt ſtolz-ſanft mit gehaltenem Muthe. — —</p><lb/> <p>Noch zwo Stellen — als Beylage zu dieſem — ja wohl! <hi rendition="#fr">Fragmente</hi> ... Beyde von<lb/> zween geniereichen Schriftſtellern Deutſchlands ...</p><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ueber die Ehe. Seite 131.</hi> </head><lb/> <p>„Jeder große Mann hat einen Blick, den niemand, als er, mit ſeinen Augen machen kann.<lb/> „Dieß Zeichen, das die Natur in ſein Angeſicht legte, verdunkelt alle koͤrperliche Vorzuͤge, und<lb/> „macht einen <hi rendition="#fr">Sokrates</hi> zu einem ſchoͤnen Mann in beſonderm Verſtande ... Wer dieß Zeichen<lb/> „hat, weiß, daß er bezeichnet iſt, allein er weiß ſelbſt nicht, wo? Denn nichts iſt verſchiedener,<lb/> „als dieß Zeichen.“ — (Wahr — und dennoch fand ich’s faſt immer im <hi rendition="#fr">Umriſſe</hi> des Augenlieds —<lb/><hi rendition="#fr">zwiſchen</hi> den Augenbraunen, und an der <hi rendition="#fr">Naſenwurzel</hi> ... Am letzten Orte iſt’s offenbar — bey<lb/> unſerm Helden.) — „Monarchen haben auch einen Zug; allein dieſen haben alle gemein, und man<lb/> „kann behaupten, daß ſie ſich alle aͤhnlich ſind. Die Wuͤrde, die ſie bekleiden, druͤckt ſich in ihrem<lb/> „Geſichte aus. Jch rede von <hi rendition="#fr">Alleinherrſchern</hi> — von Monarchen, die, wenn ſie gleich Diener<lb/> <fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [350/0570]
XII. Abſchnitt. X. Fragment.
in der Natur und zum Theil auch in dieſem Bilde der furchtbar auffallende Kampf von Groͤße
und Mißmuthigkeit — daher die Moͤglichkeit — daß die Einen in dieſem Geſichte den Himmel,
die Andern die Hoͤlle zu ſehen glaubten. —
Die Stellung iſt nicht des muthigen Helden. Laſten von Jahren und Thaten, von Sor-
gen und Entwuͤrfen ſcheinen auf ſeiner Schulter zu liegen — Jch glaube, die Taille iſt etwas zu
lang — und dieſe Laͤnge kontraſtirt mit der, wenn ich ſagen darf, gleichſam eiſernen Gedraͤngtheit
des Geſichtes. —
Der Spornloſe Stiefel iſt in ſo fern phyſiognomiſch, als man ihn als Emblem voll Wahr-
heit und Bedeutung anſehen kann — wenigſtens harmonirts mit der Nonchalance des Gan-
zen. —
Das Pferd hat eine Koͤnigsphyſiognomie, obgleich der Hals obenher um etwas zu dick
iſt. Der Tritt des Pferdes iſt ſtolz-ſanft mit gehaltenem Muthe. — —
Noch zwo Stellen — als Beylage zu dieſem — ja wohl! Fragmente ... Beyde von
zween geniereichen Schriftſtellern Deutſchlands ...
Ueber die Ehe. Seite 131.
„Jeder große Mann hat einen Blick, den niemand, als er, mit ſeinen Augen machen kann.
„Dieß Zeichen, das die Natur in ſein Angeſicht legte, verdunkelt alle koͤrperliche Vorzuͤge, und
„macht einen Sokrates zu einem ſchoͤnen Mann in beſonderm Verſtande ... Wer dieß Zeichen
„hat, weiß, daß er bezeichnet iſt, allein er weiß ſelbſt nicht, wo? Denn nichts iſt verſchiedener,
„als dieß Zeichen.“ — (Wahr — und dennoch fand ich’s faſt immer im Umriſſe des Augenlieds —
zwiſchen den Augenbraunen, und an der Naſenwurzel ... Am letzten Orte iſt’s offenbar — bey
unſerm Helden.) — „Monarchen haben auch einen Zug; allein dieſen haben alle gemein, und man
„kann behaupten, daß ſie ſich alle aͤhnlich ſind. Die Wuͤrde, die ſie bekleiden, druͤckt ſich in ihrem
„Geſichte aus. Jch rede von Alleinherrſchern — von Monarchen, die, wenn ſie gleich Diener
des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |