Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.Vierzehntes Fragment. Menschenschädel. I. Von der Bildung der Knochen, besonders der Schädel. Ueber den bloßen Schädel des Menschen -- wie viel kann der Zergliederer sagen? wie viel Jch darf kaum aufsehen, wenn ich denke, was ich nicht weiß, und wissen sollte, um wür- Man kann es schon bemerkt haben, daß ich das Knochensystem für die Grundzeichnung Man wird mir also erlauben, mich weitläuftiger über diesen Theil des menschlichen Kör- Freylich weiß ich kaum, was ich zuerst, was zuletzt, was gar nicht sagen soll. -- Das Beste, denk' ich, wird wohl seyn, wenn wir erst ein paar Worte von der Erzeugung Der menschliche Foetus scheint anfangs durch und durch aus einem, dem Anscheine nach, Wenn
Vierzehntes Fragment. Menſchenſchaͤdel. I. Von der Bildung der Knochen, beſonders der Schaͤdel. Ueber den bloßen Schaͤdel des Menſchen — wie viel kann der Zergliederer ſagen? wie viel Jch darf kaum aufſehen, wenn ich denke, was ich nicht weiß, und wiſſen ſollte, um wuͤr- Man kann es ſchon bemerkt haben, daß ich das Knochenſyſtem fuͤr die Grundzeichnung Man wird mir alſo erlauben, mich weitlaͤuftiger uͤber dieſen Theil des menſchlichen Koͤr- Freylich weiß ich kaum, was ich zuerſt, was zuletzt, was gar nicht ſagen ſoll. — Das Beſte, denk’ ich, wird wohl ſeyn, wenn wir erſt ein paar Worte von der Erzeugung Der menſchliche Foetus ſcheint anfangs durch und durch aus einem, dem Anſcheine nach, Wenn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0203" n="143"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vierzehntes Fragment.<lb/> Menſchenſchaͤdel.</hi> </hi> </head><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi><lb/> Von der Bildung der Knochen, beſonders der Schaͤdel.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">U</hi>eber den bloßen Schaͤdel des Menſchen — wie viel kann der Zergliederer ſagen? wie viel<lb/> mehr der Phyſiognomiſt? wie viel mehr der Zergliederer, der Phyſiognomiſt iſt?</p><lb/> <p>Jch darf kaum aufſehen, wenn ich denke, was ich nicht weiß, und wiſſen ſollte, um wuͤr-<lb/> dig uͤber einen Theil des menſchlichen Koͤrpers, des Menſchen, zu ſchreiben — der uͤber alle Erkennt-<lb/> niß, allen Glauben, alle Vermuthung wichtig iſt. —</p><lb/> <p>Man kann es ſchon bemerkt haben, daß ich das Knochenſyſtem fuͤr die Grundzeichnung<lb/> des Menſchen — den Schaͤdel fuͤr das Fundament des Knochenſyſtems, und alles Fleiſch beynahe<lb/> nur fuͤr das Colorit dieſer Zeichnung halte — daß ich auf die Beſchaffenheit, die Form und Woͤl-<lb/> bung des Schaͤdels, ſo viel mir bewußt iſt, mehr achte, als meine Vorgaͤnger alle; daß ich dieſen<lb/> weit feſtern, weniger veraͤnderlichen — leichter beſtimmbaren Theil des menſchlichen Koͤrpers fuͤr<lb/> die Grundlage der Phyſiognomik angeſehen wiſſen moͤchte.</p><lb/> <p>Man wird mir alſo erlauben, mich weitlaͤuftiger uͤber dieſen Theil des menſchlichen Koͤr-<lb/> pers zu erklaͤren. —</p><lb/> <p>Freylich weiß ich kaum, was ich zuerſt, was zuletzt, was gar nicht ſagen ſoll. —</p><lb/> <p>Das Beſte, denk’ ich, wird wohl ſeyn, wenn wir erſt ein paar Worte von der Erzeugung<lb/> und Bildung der Knochen voran ſchicken. —</p><lb/> <p>Der menſchliche Foetus ſcheint anfangs durch und durch aus einem, dem Anſcheine nach,<lb/> beynahe gleichartigen, weichen, zuſammengeronnenen Weſen zu beſtehen. Die Knochen ſelbſt er-<lb/> zeugen ſich bey ihrer erſten Erſcheinung unter der Geſtalt einer Gallerte, die nach und nach dich-<lb/> ter, hernach knorpelartig, und zuletzt zum feſten Knochen wird.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0203]
Vierzehntes Fragment.
Menſchenſchaͤdel.
I.
Von der Bildung der Knochen, beſonders der Schaͤdel.
Ueber den bloßen Schaͤdel des Menſchen — wie viel kann der Zergliederer ſagen? wie viel
mehr der Phyſiognomiſt? wie viel mehr der Zergliederer, der Phyſiognomiſt iſt?
Jch darf kaum aufſehen, wenn ich denke, was ich nicht weiß, und wiſſen ſollte, um wuͤr-
dig uͤber einen Theil des menſchlichen Koͤrpers, des Menſchen, zu ſchreiben — der uͤber alle Erkennt-
niß, allen Glauben, alle Vermuthung wichtig iſt. —
Man kann es ſchon bemerkt haben, daß ich das Knochenſyſtem fuͤr die Grundzeichnung
des Menſchen — den Schaͤdel fuͤr das Fundament des Knochenſyſtems, und alles Fleiſch beynahe
nur fuͤr das Colorit dieſer Zeichnung halte — daß ich auf die Beſchaffenheit, die Form und Woͤl-
bung des Schaͤdels, ſo viel mir bewußt iſt, mehr achte, als meine Vorgaͤnger alle; daß ich dieſen
weit feſtern, weniger veraͤnderlichen — leichter beſtimmbaren Theil des menſchlichen Koͤrpers fuͤr
die Grundlage der Phyſiognomik angeſehen wiſſen moͤchte.
Man wird mir alſo erlauben, mich weitlaͤuftiger uͤber dieſen Theil des menſchlichen Koͤr-
pers zu erklaͤren. —
Freylich weiß ich kaum, was ich zuerſt, was zuletzt, was gar nicht ſagen ſoll. —
Das Beſte, denk’ ich, wird wohl ſeyn, wenn wir erſt ein paar Worte von der Erzeugung
und Bildung der Knochen voran ſchicken. —
Der menſchliche Foetus ſcheint anfangs durch und durch aus einem, dem Anſcheine nach,
beynahe gleichartigen, weichen, zuſammengeronnenen Weſen zu beſtehen. Die Knochen ſelbſt er-
zeugen ſich bey ihrer erſten Erſcheinung unter der Geſtalt einer Gallerte, die nach und nach dich-
ter, hernach knorpelartig, und zuletzt zum feſten Knochen wird.
Wenn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |