Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.IX. Fragment. 18. Zugabe. Von der Harmonie Achtzehnte Zugabe. Drey Carrikaturen. Jch sollte über diese drey Carrikaturen nichts sagen. Sie sprechen für sich selbst. Verzogenheit, Was macht diese Gesichter häßlich? -- Disharmonie! Schiefheit -- Vielfachheit! -- Solche Gesichter schafft die Natur nicht; aber -- Erziehung, Angewöhnung, Bey- Wer da stehet, der sehe zu, daß er nicht falle -- Sey nicht stolz, sondern fürchte dich! Du kannst deine Gestalt durch Tugend zum Engel erhöhn, durch Laster zum Satan So ein Gesicht, wie du vor dir siehst, ist Speise für die Raben; gebrandmarkt -- Sie
IX. Fragment. 18. Zugabe. Von der Harmonie Achtzehnte Zugabe. Drey Carrikaturen. Jch ſollte uͤber dieſe drey Carrikaturen nichts ſagen. Sie ſprechen fuͤr ſich ſelbſt. Verzogenheit, Was macht dieſe Geſichter haͤßlich? — Disharmonie! Schiefheit — Vielfachheit! — Solche Geſichter ſchafft die Natur nicht; aber — Erziehung, Angewoͤhnung, Bey- Wer da ſtehet, der ſehe zu, daß er nicht falle — Sey nicht ſtolz, ſondern fuͤrchte dich! Du kannſt deine Geſtalt durch Tugend zum Engel erhoͤhn, durch Laſter zum Satan So ein Geſicht, wie du vor dir ſiehſt, iſt Speiſe fuͤr die Raben; gebrandmarkt — Sie
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IX. Fragment. 18. Zugabe. Von der Harmonie
Achtzehnte Zugabe.
Drey Carrikaturen.
Jch ſollte uͤber dieſe drey Carrikaturen nichts ſagen. Sie ſprechen fuͤr ſich ſelbſt. Verzogenheit,
Verworrenheit — Bosheit, Falſchheit und Schalkheit — koͤnnen wohl nicht ſprechender auftre-
ten, als hier.
Was macht dieſe Geſichter haͤßlich? — Disharmonie! Schiefheit — Vielfachheit! —
und was bewirkt dieſes — Falſchheit und Niedertraͤchtigkeit.
Solche Geſichter ſchafft die Natur nicht; aber — Erziehung, Angewoͤhnung, Bey-
ſpiele — Flammen auf den Zunder eines Herzens voll Stolz und Wolluſt! dieſe ſind's, die
das Angeſicht des Menſchen zu einer Satanslarve verkruͤmmen. —
Wer da ſtehet, der ſehe zu, daß er nicht falle — Sey nicht ſtolz, ſondern fuͤrchte dich!
der Menſch iſt das Perfektibelſte, und Korruptibelſte aller Geſchoͤpfe Gottes.
Du kannſt deine Geſtalt durch Tugend zum Engel erhoͤhn, durch Laſter zum Satan
erniedrigen!
So ein Geſicht, wie du vor dir ſiehſt, iſt Speiſe fuͤr die Raben; gebrandmarkt —
dahingegeben in einen verkehrten Sinn — zu thun, was ſich nicht geziemt — So iſt kein
Menſch auf Gottes Erdboden, der, ſo lang er noch beten kann, und betet, ſo ausſehen
kann! — Gottes Vergeſſenheit — du haſt ſie mit Tollheit trunken gemacht die Menſchen,
die ſo unmenſchlich ausſehen — Sie fahren hoch daher in alle ihrem Thun immerdar; Gottes
Gerichte ſind ferne von ihnen —
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