Gar zur Seite eines gnädigen Fräuleins! Fernere Be- gebenheiten zu Erfurt, Gotha, Hersfeld, Gießen, Frank- furt am Mayn und Alzey. Ein Wink für Fürsten.
Früh wollte ich meine Reise fortsetzen, als ein Kutscher hereintrat und Schnapps foderte. Wohin die Reise, Schwager? "Nach Gotha!" -- So? kann ich mitfahren? "Warum nicht: acht Groschen, und Sie sitzen hinten auf." -- Ich pränumerirte, und saß hinten auf. -- Wer sitzt denn da hinten? fragte ein funfzigjähriges Fräulein. -- Ja, das weis der liebe Gott, antwortete der Schwager: er muß doch wohl einen Paß haben! er will ja durch Erfurt. -- Es währte nicht lange, und Fräulein mußte aussteigen: es war, wie Yorik sagt, rien que pisser. Ich stieg auch ab, und steckte meine Pfeiffe an. Da ließ sich das Fräulein mit mir ein ins Ge- spräch: erzählte, daß sie ein Hoffraulein von Gotha wäre, in Weimar Freunde besucht hatte, und daß der junge Mosjeh, den sie bei sich hätte, Junker Karl hieße. Ich belehrte sie jetzt auch von meinen Umständen, und Fräulein, nach vielen "Herr Gott! Herr Jesus!" gestattete mir, mit in der Kutsche
Acht und zwanzigſtes Kapitel.
Gar zur Seite eines gnaͤdigen Fraͤuleins! Fernere Be- gebenheiten zu Erfurt, Gotha, Hersfeld, Gießen, Frank- furt am Mayn und Alzey. Ein Wink fuͤr Fuͤrſten.
Fruͤh wollte ich meine Reiſe fortſetzen, als ein Kutſcher hereintrat und Schnapps foderte. Wohin die Reiſe, Schwager? „Nach Gotha!“ — So? kann ich mitfahren? „Warum nicht: acht Groſchen, und Sie ſitzen hinten auf.“ — Ich praͤnumerirte, und ſaß hinten auf. — Wer ſitzt denn da hinten? fragte ein funfzigjaͤhriges Fraͤulein. — Ja, das weis der liebe Gott, antwortete der Schwager: er muß doch wohl einen Paß haben! er will ja durch Erfurt. — Es waͤhrte nicht lange, und Fraͤulein mußte ausſteigen: es war, wie Yorik ſagt, rien que piſſer. Ich ſtieg auch ab, und ſteckte meine Pfeiffe an. Da ließ ſich das Fraͤulein mit mir ein ins Ge- ſpraͤch: erzaͤhlte, daß ſie ein Hoffraulein von Gotha waͤre, in Weimar Freunde beſucht hatte, und daß der junge Mosjeh, den ſie bei ſich haͤtte, Junker Karl hieße. Ich belehrte ſie jetzt auch von meinen Umſtaͤnden, und Fraͤulein, nach vielen „Herr Gott! Herr Jeſus!“ geſtattete mir, mit in der Kutſche
<TEI><text><body><pbfacs="#f0338"n="326[336]"/><divn="1"><head>Acht und zwanzigſtes Kapitel.</head><lb/><p>Gar zur Seite eines gnaͤdigen Fraͤuleins! Fernere Be-<lb/>
gebenheiten zu Erfurt, Gotha, Hersfeld, Gießen, Frank-<lb/>
furt am Mayn und Alzey. Ein Wink fuͤr Fuͤrſten.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">F</hi>ruͤh wollte ich meine Reiſe fortſetzen, als ein<lb/>
Kutſcher hereintrat und Schnapps foderte. Wohin<lb/>
die Reiſe, Schwager? „Nach Gotha!“— So?<lb/>
kann ich mitfahren? „Warum nicht: acht Groſchen,<lb/>
und Sie ſitzen hinten auf.“— Ich praͤnumerirte,<lb/>
und ſaß hinten auf. — Wer ſitzt denn da hinten?<lb/>
fragte ein funfzigjaͤhriges Fraͤulein. — Ja, das<lb/>
weis der liebe Gott, antwortete der Schwager: er<lb/>
muß doch wohl einen Paß haben! er will ja durch<lb/>
Erfurt. — Es waͤhrte nicht lange, und Fraͤulein<lb/>
mußte ausſteigen: es war, wie Yorik ſagt, <hirendition="#aq">rien que<lb/>
piſſer.</hi> Ich ſtieg auch ab, und ſteckte meine Pfeiffe<lb/>
an. Da ließ ſich das Fraͤulein mit mir ein ins Ge-<lb/>ſpraͤch: erzaͤhlte, daß ſie ein Hoffraulein von Gotha<lb/>
waͤre, in Weimar Freunde beſucht hatte, und daß<lb/>
der junge Mosjeh, den ſie bei ſich haͤtte, Junker<lb/>
Karl hieße. Ich belehrte ſie jetzt auch von meinen<lb/>
Umſtaͤnden, und Fraͤulein, nach vielen „Herr Gott!<lb/>
Herr Jeſus!“ geſtattete mir, mit in der Kutſche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[326[336]/0338]
Acht und zwanzigſtes Kapitel.
Gar zur Seite eines gnaͤdigen Fraͤuleins! Fernere Be-
gebenheiten zu Erfurt, Gotha, Hersfeld, Gießen, Frank-
furt am Mayn und Alzey. Ein Wink fuͤr Fuͤrſten.
Fruͤh wollte ich meine Reiſe fortſetzen, als ein
Kutſcher hereintrat und Schnapps foderte. Wohin
die Reiſe, Schwager? „Nach Gotha!“ — So?
kann ich mitfahren? „Warum nicht: acht Groſchen,
und Sie ſitzen hinten auf.“ — Ich praͤnumerirte,
und ſaß hinten auf. — Wer ſitzt denn da hinten?
fragte ein funfzigjaͤhriges Fraͤulein. — Ja, das
weis der liebe Gott, antwortete der Schwager: er
muß doch wohl einen Paß haben! er will ja durch
Erfurt. — Es waͤhrte nicht lange, und Fraͤulein
mußte ausſteigen: es war, wie Yorik ſagt, rien que
piſſer. Ich ſtieg auch ab, und ſteckte meine Pfeiffe
an. Da ließ ſich das Fraͤulein mit mir ein ins Ge-
ſpraͤch: erzaͤhlte, daß ſie ein Hoffraulein von Gotha
waͤre, in Weimar Freunde beſucht hatte, und daß
der junge Mosjeh, den ſie bei ſich haͤtte, Junker
Karl hieße. Ich belehrte ſie jetzt auch von meinen
Umſtaͤnden, und Fraͤulein, nach vielen „Herr Gott!
Herr Jeſus!“ geſtattete mir, mit in der Kutſche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 326[336]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/338>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.