Beschreibung von dem Schauspiel, das ich wollte gesehen haben, und er war zufrieden. Des andern Tages besuchte er einen Freund, der ihn zum Abend- essen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen, und meine Leser errathen schon, daß mein Gang zur Madam Agricola gegangen ist. Ich war jetzt drei- ster: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb bis nach Mitternacht, und verzehrte über eine Karo- line von dem Gelde, das mir meine Mutter und einer meiner Verwandten zur Universität geschenkt hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie sauer Geld erworben wird! Die Mädchen waren fürchterlich aufgeräumt, und kirrten mich so zuckersüß heran, daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl. bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein Vater war ungehalten auf mich, daß ich so lange ausblieb; aber ich wußte ihm so viel vorzunebeln, daß er sich endlich zufrieden gab.
Neuntes Kapitel.
So elend fand ich die Gießer Universität.
In einem Tage reiseten wir von Frankfurt nach Gießen, welches ohngefähr zwölf starke Stunden da-
Erster Theil. E
Beſchreibung von dem Schauſpiel, das ich wollte geſehen haben, und er war zufrieden. Des andern Tages beſuchte er einen Freund, der ihn zum Abend- eſſen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen, und meine Leſer errathen ſchon, daß mein Gang zur Madam Agricola gegangen iſt. Ich war jetzt drei- ſter: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb bis nach Mitternacht, und verzehrte uͤber eine Karo- line von dem Gelde, das mir meine Mutter und einer meiner Verwandten zur Univerſitaͤt geſchenkt hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie ſauer Geld erworben wird! Die Maͤdchen waren fuͤrchterlich aufgeraͤumt, und kirrten mich ſo zuckerſuͤß heran, daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl. bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein Vater war ungehalten auf mich, daß ich ſo lange ausblieb; aber ich wußte ihm ſo viel vorzunebeln, daß er ſich endlich zufrieden gab.
Neuntes Kapitel.
So elend fand ich die Gießer Univerſitaͤt.
In einem Tage reiſeten wir von Frankfurt nach Gießen, welches ohngefaͤhr zwoͤlf ſtarke Stunden da-
Erſter Theil. E
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0079"n="65"/>
Beſchreibung von dem Schauſpiel, das ich wollte<lb/>
geſehen haben, und er war zufrieden. Des andern<lb/>
Tages beſuchte er einen Freund, der ihn zum Abend-<lb/>
eſſen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen,<lb/>
und meine Leſer errathen ſchon, daß mein Gang zur<lb/>
Madam Agricola gegangen iſt. Ich war jetzt drei-<lb/>ſter: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb<lb/>
bis nach Mitternacht, und verzehrte uͤber eine Karo-<lb/>
line von dem Gelde, das mir meine Mutter und<lb/>
einer meiner Verwandten zur Univerſitaͤt geſchenkt<lb/>
hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie ſauer Geld<lb/>
erworben wird! Die Maͤdchen waren fuͤrchterlich<lb/>
aufgeraͤumt, und kirrten mich ſo zuckerſuͤß heran,<lb/>
daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl.<lb/>
bringen ließ. <hirendition="#aq">Cetera non curat praetor.</hi> Mein<lb/>
Vater war ungehalten auf mich, daß ich ſo lange<lb/>
ausblieb; aber ich wußte ihm ſo viel vorzunebeln, daß<lb/>
er ſich endlich zufrieden gab.</p></div><lb/><divn="1"><head>Neuntes Kapitel.</head><lb/><p>So elend fand ich die Gießer Univerſitaͤt.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">I</hi>n einem Tage reiſeten wir von Frankfurt nach<lb/>
Gießen, welches ohngefaͤhr zwoͤlf ſtarke Stunden da-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Erſter Theil. E</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[65/0079]
Beſchreibung von dem Schauſpiel, das ich wollte
geſehen haben, und er war zufrieden. Des andern
Tages beſuchte er einen Freund, der ihn zum Abend-
eſſen dabehielt. Nun konnte ich wieder ausgehen,
und meine Leſer errathen ſchon, daß mein Gang zur
Madam Agricola gegangen iſt. Ich war jetzt drei-
ſter: mein Begleiter war nicht bei mir. Ich blieb
bis nach Mitternacht, und verzehrte uͤber eine Karo-
line von dem Gelde, das mir meine Mutter und
einer meiner Verwandten zur Univerſitaͤt geſchenkt
hatten. Ich Thor wußte noch nicht, wie ſauer Geld
erworben wird! Die Maͤdchen waren fuͤrchterlich
aufgeraͤumt, und kirrten mich ſo zuckerſuͤß heran,
daß ich ihnen Wein, Chokelade, Gebacknes u. d. gl.
bringen ließ. Cetera non curat praetor. Mein
Vater war ungehalten auf mich, daß ich ſo lange
ausblieb; aber ich wußte ihm ſo viel vorzunebeln, daß
er ſich endlich zufrieden gab.
Neuntes Kapitel.
So elend fand ich die Gießer Univerſitaͤt.
In einem Tage reiſeten wir von Frankfurt nach
Gießen, welches ohngefaͤhr zwoͤlf ſtarke Stunden da-
Erſter Theil. E
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/79>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.