Ich übergebe dem Publikum den ersten Theil meiner Lebensgeschichte, wobei ich einiges zum voraus sagen muß, damit man meinen Zwek kennen lerne, und über das ganze Buch richtig urtheilen könne.
Der verstorbene Doktor Semler, des- sen Asche ich nie genug verehren kann, gab mir im Jahr 1784 den Rath, meine Bege- benheiten in lateinischer Sprache heraus zu geben. Ich hatte dem vortreflichen Mann mehrere davon erzählt, und da glaubte er, die Bekanntmachung derselben würde in man- cher Hinsicht nützlich werden. Ich fing wirk- lich an zu arbeiten, und schrieb ohngefähr acht Bogen, welche ich ihm vorwies. Er billigte sie, und rieth mir, den Herrn Professor Eberhard um die Censur zu bitten. Ich that dies schriftlich: denn damals scheute ich mich, weil ich kurz vorher Soldat geworden war, es mündlich zu thun. Auch Eber- hard lobte mein Unternehmen; nur rieth er mir, um der mehrern Leser Willen, deutsch zu schreiben. Ich folgte ihm, und zeigte
An den Leſer.
Ich uͤbergebe dem Publikum den erſten Theil meiner Lebensgeſchichte, wobei ich einiges zum voraus ſagen muß, damit man meinen Zwek kennen lerne, und uͤber das ganze Buch richtig urtheilen koͤnne.
Der verſtorbene Doktor Semler, deſ- ſen Aſche ich nie genug verehren kann, gab mir im Jahr 1784 den Rath, meine Bege- benheiten in lateiniſcher Sprache heraus zu geben. Ich hatte dem vortreflichen Mann mehrere davon erzaͤhlt, und da glaubte er, die Bekanntmachung derſelben wuͤrde in man- cher Hinſicht nuͤtzlich werden. Ich fing wirk- lich an zu arbeiten, und ſchrieb ohngefaͤhr acht Bogen, welche ich ihm vorwies. Er billigte ſie, und rieth mir, den Herrn Profeſſor Eberhard um die Cenſur zu bitten. Ich that dies ſchriftlich: denn damals ſcheute ich mich, weil ich kurz vorher Soldat geworden war, es muͤndlich zu thun. Auch Eber- hard lobte mein Unternehmen; nur rieth er mir, um der mehrern Leſer Willen, deutſch zu ſchreiben. Ich folgte ihm, und zeigte
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[[IX]/0007]
An den Leſer.
Ich uͤbergebe dem Publikum den erſten
Theil meiner Lebensgeſchichte, wobei ich
einiges zum voraus ſagen muß, damit man
meinen Zwek kennen lerne, und uͤber das
ganze Buch richtig urtheilen koͤnne.
Der verſtorbene Doktor Semler, deſ-
ſen Aſche ich nie genug verehren kann, gab
mir im Jahr 1784 den Rath, meine Bege-
benheiten in lateiniſcher Sprache heraus zu
geben. Ich hatte dem vortreflichen Mann
mehrere davon erzaͤhlt, und da glaubte er,
die Bekanntmachung derſelben wuͤrde in man-
cher Hinſicht nuͤtzlich werden. Ich fing wirk-
lich an zu arbeiten, und ſchrieb ohngefaͤhr acht
Bogen, welche ich ihm vorwies. Er billigte
ſie, und rieth mir, den Herrn Profeſſor
Eberhard um die Cenſur zu bitten. Ich
that dies ſchriftlich: denn damals ſcheute ich
mich, weil ich kurz vorher Soldat geworden
war, es muͤndlich zu thun. Auch Eber-
hard lobte mein Unternehmen; nur rieth er
mir, um der mehrern Leſer Willen, deutſch
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. [IX]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/7>, abgerufen am 21.11.2024.
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