Ach, daß Du nicht mehr bei mir bist, meine arme geliebte Camilla! O wie wollt' ich Dich küssen! Du wunderst Dich, daß ich nicht traurig bin, weil Du von der Fürstin gehört hast, Julia sei fort, und Hyp¬ polit sei ihr spornstreichs nachgereis't. Nein, meine Liebe, ich bin gar nicht traurig, ich bin recht still, aber recht ruhig, ja sogar glücklich. Der ganze Schwarm ist fortgeflogen; Du weißt, daß Constantie William und Leopold mitgenommen hat, Graf Fips ist ein stummer Mann, wir haben nur den lieben kranken Valerius hier, und der ist mehr werth als Alle.
Man sagt mir, ich sei in Hyppolit verliebt ge¬ wesen, und er hätte mich sehr unglücklich gemacht: das Erste mag wohl wahr sein, ich glaube, es ist auch das rechte Wort getroffen. Geliebt? Ach, nein, berauscht --, o bitte, erlaß' mir das Zergliedern, Du weißt, ich kann das nicht, ich liebe das bewußtlose, ungeprüfte Hin¬ träumen, ich frage nicht viel. Valerius nennt mich drum immer die romantische Dame, und hat mir ver¬ sprochen mit mir nach Paris zu reisen, und mich mit
31. Alberta an Camilla.
Ach, daß Du nicht mehr bei mir biſt, meine arme geliebte Camilla! O wie wollt' ich Dich küſſen! Du wunderſt Dich, daß ich nicht traurig bin, weil Du von der Fürſtin gehört haſt, Julia ſei fort, und Hyp¬ polit ſei ihr ſpornſtreichs nachgereiſ't. Nein, meine Liebe, ich bin gar nicht traurig, ich bin recht ſtill, aber recht ruhig, ja ſogar glücklich. Der ganze Schwarm iſt fortgeflogen; Du weißt, daß Conſtantie William und Leopold mitgenommen hat, Graf Fips iſt ein ſtummer Mann, wir haben nur den lieben kranken Valerius hier, und der iſt mehr werth als Alle.
Man ſagt mir, ich ſei in Hyppolit verliebt ge¬ weſen, und er hätte mich ſehr unglücklich gemacht: das Erſte mag wohl wahr ſein, ich glaube, es iſt auch das rechte Wort getroffen. Geliebt? Ach, nein, berauſcht —, o bitte, erlaß' mir das Zergliedern, Du weißt, ich kann das nicht, ich liebe das bewußtloſe, ungeprüfte Hin¬ träumen, ich frage nicht viel. Valerius nennt mich drum immer die romantiſche Dame, und hat mir ver¬ ſprochen mit mir nach Paris zu reiſen, und mich mit
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31.
Alberta an Camilla.
Ach, daß Du nicht mehr bei mir biſt, meine arme
geliebte Camilla! O wie wollt' ich Dich küſſen! Du
wunderſt Dich, daß ich nicht traurig bin, weil Du
von der Fürſtin gehört haſt, Julia ſei fort, und Hyp¬
polit ſei ihr ſpornſtreichs nachgereiſ't. Nein, meine
Liebe, ich bin gar nicht traurig, ich bin recht ſtill, aber
recht ruhig, ja ſogar glücklich. Der ganze Schwarm
iſt fortgeflogen; Du weißt, daß Conſtantie William und
Leopold mitgenommen hat, Graf Fips iſt ein ſtummer
Mann, wir haben nur den lieben kranken Valerius hier,
und der iſt mehr werth als Alle.
Man ſagt mir, ich ſei in Hyppolit verliebt ge¬
weſen, und er hätte mich ſehr unglücklich gemacht: das
Erſte mag wohl wahr ſein, ich glaube, es iſt auch das
rechte Wort getroffen. Geliebt? Ach, nein, berauſcht —,
o bitte, erlaß' mir das Zergliedern, Du weißt, ich kann
das nicht, ich liebe das bewußtloſe, ungeprüfte Hin¬
träumen, ich frage nicht viel. Valerius nennt mich
drum immer die romantiſche Dame, und hat mir ver¬
ſprochen mit mir nach Paris zu reiſen, und mich mit
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/117>, abgerufen am 26.02.2025.
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