Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
Selbstbiographische Studien.
Prolegomena
zur Einleitung in den Versuch jeder Selbstbiographie.


Einführung.

Gründlichkeit ist die Toilette des Gelehrten. Ohne
dieselbe vor das Publikum zu treten, wird
er nie wagen.

Nun aber ist es eine der wichtigsten Aufgaben jedes
Autors, insofern er sich selbst als einen Kulturfaktor
betrachtet, die Stellung seiner eigenen Persönlichkeit in
der Geschichte des europäischen Denkens so weit zu klären,
daß den künftigen Geschichtsschreibern kein Zweifel dar-
über mehr entstehen kann, wie wichtig für die Möglich-
keit der Kulturentwickelung seine eigene Existenz gewesen
ist. Schon die Rücksicht darauf, daß sich möglicherweise
kein kongenialer Biograph finden könne, muß im Jn-
teresse der Vollständigkeit der Litteraturgeschichte jeden
Autor, sobald ihm der Litteraturkalender die Unsterb-
lichkeit gesichert hat, dringend veranlassen, für alle Fälle
seine Selbstbiographie vorzubereiten. Daß dies gründ-
lich und sachlich geschehen muß, ist in Deutschland selbst-

Selbſtbiographiſche Studien.
Prolegomena
zur Einleitung in den Verſuch jeder Selbſtbiographie.


Einführung.

Gründlichkeit iſt die Toilette des Gelehrten. Ohne
dieſelbe vor das Publikum zu treten, wird
er nie wagen.

Nun aber iſt es eine der wichtigſten Aufgaben jedes
Autors, inſofern er ſich ſelbſt als einen Kulturfaktor
betrachtet, die Stellung ſeiner eigenen Perſönlichkeit in
der Geſchichte des europäiſchen Denkens ſo weit zu klären,
daß den künftigen Geſchichtsſchreibern kein Zweifel dar-
über mehr entſtehen kann, wie wichtig für die Möglich-
keit der Kulturentwickelung ſeine eigene Exiſtenz geweſen
iſt. Schon die Rückſicht darauf, daß ſich möglicherweiſe
kein kongenialer Biograph finden könne, muß im Jn-
tereſſe der Vollſtändigkeit der Litteraturgeſchichte jeden
Autor, ſobald ihm der Litteraturkalender die Unſterb-
lichkeit geſichert hat, dringend veranlaſſen, für alle Fälle
ſeine Selbſtbiographie vorzubereiten. Daß dies gründ-
lich und ſachlich geſchehen muß, iſt in Deutſchland ſelbſt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0250" n="[244]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Selb&#x017F;tbiographi&#x017F;che Studien.<lb/><hi rendition="#g">Prolegomena</hi><lb/>
zur Einleitung in den Ver&#x017F;uch jeder Selb&#x017F;tbiographie.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Einführung.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">G</hi>ründlichkeit i&#x017F;t die Toilette des Gelehrten. Ohne<lb/>
die&#x017F;elbe vor das Publikum zu treten, wird<lb/>
er nie wagen.</p><lb/>
          <p>Nun aber i&#x017F;t es eine der wichtig&#x017F;ten Aufgaben jedes<lb/>
Autors, in&#x017F;ofern er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t als einen Kulturfaktor<lb/>
betrachtet, die Stellung &#x017F;einer eigenen Per&#x017F;önlichkeit in<lb/>
der Ge&#x017F;chichte des europäi&#x017F;chen Denkens &#x017F;o weit zu klären,<lb/>
daß den künftigen Ge&#x017F;chichts&#x017F;chreibern kein Zweifel dar-<lb/>
über mehr ent&#x017F;tehen kann, wie wichtig für die Möglich-<lb/>
keit der Kulturentwickelung &#x017F;eine eigene Exi&#x017F;tenz gewe&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t. Schon die Rück&#x017F;icht darauf, daß &#x017F;ich möglicherwei&#x017F;e<lb/>
kein kongenialer Biograph finden könne, muß im Jn-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e der Voll&#x017F;tändigkeit der Litteraturge&#x017F;chichte jeden<lb/>
Autor, &#x017F;obald ihm der Litteraturkalender die Un&#x017F;terb-<lb/>
lichkeit ge&#x017F;ichert hat, dringend veranla&#x017F;&#x017F;en, für alle Fälle<lb/>
&#x017F;eine Selb&#x017F;tbiographie vorzubereiten. Daß dies gründ-<lb/>
lich und &#x017F;achlich ge&#x017F;chehen muß, i&#x017F;t in Deut&#x017F;chland &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[244]/0250] Selbſtbiographiſche Studien. Prolegomena zur Einleitung in den Verſuch jeder Selbſtbiographie. Einführung. Gründlichkeit iſt die Toilette des Gelehrten. Ohne dieſelbe vor das Publikum zu treten, wird er nie wagen. Nun aber iſt es eine der wichtigſten Aufgaben jedes Autors, inſofern er ſich ſelbſt als einen Kulturfaktor betrachtet, die Stellung ſeiner eigenen Perſönlichkeit in der Geſchichte des europäiſchen Denkens ſo weit zu klären, daß den künftigen Geſchichtsſchreibern kein Zweifel dar- über mehr entſtehen kann, wie wichtig für die Möglich- keit der Kulturentwickelung ſeine eigene Exiſtenz geweſen iſt. Schon die Rückſicht darauf, daß ſich möglicherweiſe kein kongenialer Biograph finden könne, muß im Jn- tereſſe der Vollſtändigkeit der Litteraturgeſchichte jeden Autor, ſobald ihm der Litteraturkalender die Unſterb- lichkeit geſichert hat, dringend veranlaſſen, für alle Fälle ſeine Selbſtbiographie vorzubereiten. Daß dies gründ- lich und ſachlich geſchehen muß, iſt in Deutſchland ſelbſt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/250
Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. [244]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/250>, abgerufen am 21.11.2024.