test. -- Der Grund meiner Seele ist lauter Ruhe; ich werde sanft einschlafen, denn das Verhängniß hat mich müde, sehr müde gemacht. Lebe wohl, beste freundschaftliche Seele; laß deine Thrä- nen um mich ruhig seyn, wie die, die um dich in meinen trüben Augen schwim- men. -- --
Lord Seymour an Doctor T.
O Gott, warum hindert Jhre Krank- heit Sie, mich auf zween Tage zu sehen! Jch bin dem Unsinn und der Wuth ganz nahe. Mein Bruder Rich, den Sie noch aus dem Hause des ersten Gemahls meiner Mutter kennen, ist mit aller sei- ner stoischen Philosophie, durch eben den Streich zur Erde gedrückt. Jn zween Tagen reisen wir in die schottischen Bley- gebürge, um -- o tödtender Gedanke! um das Grab des ermordeten Fräuleins von Sternheim aufzusuchen, und ihren Körper in Dumfries prächtig beerdigen
zu
teſt. — Der Grund meiner Seele iſt lauter Ruhe; ich werde ſanft einſchlafen, denn das Verhaͤngniß hat mich muͤde, ſehr muͤde gemacht. Lebe wohl, beſte freundſchaftliche Seele; laß deine Thraͤ- nen um mich ruhig ſeyn, wie die, die um dich in meinen truͤben Augen ſchwim- men. — —
Lord Seymour an Doctor T.
O Gott, warum hindert Jhre Krank- heit Sie, mich auf zween Tage zu ſehen! Jch bin dem Unſinn und der Wuth ganz nahe. Mein Bruder Rich, den Sie noch aus dem Hauſe des erſten Gemahls meiner Mutter kennen, iſt mit aller ſei- ner ſtoiſchen Philoſophie, durch eben den Streich zur Erde gedruͤckt. Jn zween Tagen reiſen wir in die ſchottiſchen Bley- gebuͤrge, um — o toͤdtender Gedanke! um das Grab des ermordeten Fraͤuleins von Sternheim aufzuſuchen, und ihren Koͤrper in Dumfries praͤchtig beerdigen
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teſt. — Der Grund meiner Seele iſt
lauter Ruhe; ich werde ſanft einſchlafen,
denn das Verhaͤngniß hat mich muͤde,
ſehr muͤde gemacht. Lebe wohl, beſte
freundſchaftliche Seele; laß deine Thraͤ-
nen um mich ruhig ſeyn, wie die, die
um dich in meinen truͤben Augen ſchwim-
men. — —
Lord Seymour an Doctor T.
O Gott, warum hindert Jhre Krank-
heit Sie, mich auf zween Tage zu ſehen!
Jch bin dem Unſinn und der Wuth ganz
nahe. Mein Bruder Rich, den Sie
noch aus dem Hauſe des erſten Gemahls
meiner Mutter kennen, iſt mit aller ſei-
ner ſtoiſchen Philoſophie, durch eben den
Streich zur Erde gedruͤckt. Jn zween
Tagen reiſen wir in die ſchottiſchen Bley-
gebuͤrge, um — o toͤdtender Gedanke!
um das Grab des ermordeten Fraͤuleins
von Sternheim aufzuſuchen, und ihren
Koͤrper in Dumfries praͤchtig beerdigen
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/252>, abgerufen am 21.11.2024.
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