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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Milord Derby
an
Milord B* in Paris.

Du bist begierig den Fortgang meiner
angezeigten Jntrigue zu wissen. Jch will
dir alles sagen. Weil man doch immer
einen Vertrauten haben muß; so kannst
du diese Ehrenstelle vertreten, und dabey
für dich selbst lernen.

Laß dir nicht einfallen zur Unzeit ein
dummes Gelächter anzufangen, wenn ich
dir frey bekenne, daß ich noch nicht viel
würde gewonnen haben, wenn der Zu-
fall nicht mehr als mein Nachdenken und
die feinste Wendung meines Kopfs zu Be-
förderung meiner Absichten beygetragen
hätte. Jch bin damit zufrieden; denn
meine Liebesgeschichte stehet dadurch in der
nehmlichen Classe, wie die Staatsgeschäff-
te der Höfe; der Zufall thut bey vielen das
Meiste, und die Weisheit manches Mi-
nisters besteht allein darinn, durch die
Kenntniß der Geschichte der vergangenen
und gegenwärtigen Staaten, diesen Au-

genblick
Milord Derby
an
Milord B* in Paris.

Du biſt begierig den Fortgang meiner
angezeigten Jntrigue zu wiſſen. Jch will
dir alles ſagen. Weil man doch immer
einen Vertrauten haben muß; ſo kannſt
du dieſe Ehrenſtelle vertreten, und dabey
fuͤr dich ſelbſt lernen.

Laß dir nicht einfallen zur Unzeit ein
dummes Gelaͤchter anzufangen, wenn ich
dir frey bekenne, daß ich noch nicht viel
wuͤrde gewonnen haben, wenn der Zu-
fall nicht mehr als mein Nachdenken und
die feinſte Wendung meines Kopfs zu Be-
foͤrderung meiner Abſichten beygetragen
haͤtte. Jch bin damit zufrieden; denn
meine Liebesgeſchichte ſtehet dadurch in der
nehmlichen Claſſe, wie die Staatsgeſchaͤff-
te der Hoͤfe; der Zufall thut bey vielen das
Meiſte, und die Weisheit manches Mi-
niſters beſteht allein darinn, durch die
Kenntniß der Geſchichte der vergangenen
und gegenwaͤrtigen Staaten, dieſen Au-

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[203/0229] Milord Derby an Milord B* in Paris. Du biſt begierig den Fortgang meiner angezeigten Jntrigue zu wiſſen. Jch will dir alles ſagen. Weil man doch immer einen Vertrauten haben muß; ſo kannſt du dieſe Ehrenſtelle vertreten, und dabey fuͤr dich ſelbſt lernen. Laß dir nicht einfallen zur Unzeit ein dummes Gelaͤchter anzufangen, wenn ich dir frey bekenne, daß ich noch nicht viel wuͤrde gewonnen haben, wenn der Zu- fall nicht mehr als mein Nachdenken und die feinſte Wendung meines Kopfs zu Be- foͤrderung meiner Abſichten beygetragen haͤtte. Jch bin damit zufrieden; denn meine Liebesgeſchichte ſtehet dadurch in der nehmlichen Claſſe, wie die Staatsgeſchaͤff- te der Hoͤfe; der Zufall thut bey vielen das Meiſte, und die Weisheit manches Mi- niſters beſteht allein darinn, durch die Kenntniß der Geſchichte der vergangenen und gegenwaͤrtigen Staaten, dieſen Au- genblick

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/229>, abgerufen am 21.11.2024.