nach müssen die Begriffe A, B Merkmaale haben, die einander ausschließen, und folglich lassen sich in A Merkmaale C finden, die nicht in B sind. Auf diese Art aber macht man den Schluß:
B ist nicht C,
A ist B,
folglich: A ist nicht C.
Dessen Schlußsatz dem Satze: AistC, widerspricht. Da nun C ein eigenes Merkmaal von A ist (per constructionem, das will sagen, weil wir C aus- drücklich als ein solches angenommen haben) so ist der Satz: AistC, allerdings wahr, daher läßt sich auch in diesem Fall aus dem falschen Satze: AistB, ein Schlußsatz herleiten, der einem wahren Satze widerspricht.
§. 174.
Man sieht leicht, daß diese zween letzten Fälle (§. 172. 173.) nur unter gewissen Bedingungen an- gehen, da hingegen der erste Fall (§. 171.) allgemein angeht. Da aber die Bedingung, daß nämlich in dem zweyten Fall (§. 172.) C ein eigenes Merkmaal von B, im dritten Fall aber ein eigenes Merkmaal von A seyn soll, immer möglich ist, so wird dem Lehr- satze, den wir beweisen wollten, auf alle drey Arten Genügen geleistet, weil darinn die bloße Möglichkeit gefordert wird, aus einem falschen Satze etwas Wi- dersprechendes herzuleiten. Uebrigens haben wir in den bisherigen Beweisen zwischen allgemeinen und particularen Sätzen keinen Unterschied gemacht, weil es nur ein Mangel unsrer Erkenntniß ist, daß wir den Particularsätzen die Bestimmungen nicht beyfü- gen, wodurch sie allgemein gemacht werden. Hier aber ist genug, daß wir in beyden Sätzen:
A ist B,
A ist nicht B,
eben
des Wahren und Jrrigen.
nach muͤſſen die Begriffe A, B Merkmaale haben, die einander ausſchließen, und folglich laſſen ſich in A Merkmaale C finden, die nicht in B ſind. Auf dieſe Art aber macht man den Schluß:
B iſt nicht C,
A iſt B,
folglich: A iſt nicht C.
Deſſen Schlußſatz dem Satze: AiſtC, widerſpricht. Da nun C ein eigenes Merkmaal von A iſt (per conſtructionem, das will ſagen, weil wir C aus- druͤcklich als ein ſolches angenommen haben) ſo iſt der Satz: AiſtC, allerdings wahr, daher laͤßt ſich auch in dieſem Fall aus dem falſchen Satze: AiſtB, ein Schlußſatz herleiten, der einem wahren Satze widerſpricht.
§. 174.
Man ſieht leicht, daß dieſe zween letzten Faͤlle (§. 172. 173.) nur unter gewiſſen Bedingungen an- gehen, da hingegen der erſte Fall (§. 171.) allgemein angeht. Da aber die Bedingung, daß naͤmlich in dem zweyten Fall (§. 172.) C ein eigenes Merkmaal von B, im dritten Fall aber ein eigenes Merkmaal von A ſeyn ſoll, immer moͤglich iſt, ſo wird dem Lehr- ſatze, den wir beweiſen wollten, auf alle drey Arten Genuͤgen geleiſtet, weil darinn die bloße Moͤglichkeit gefordert wird, aus einem falſchen Satze etwas Wi- derſprechendes herzuleiten. Uebrigens haben wir in den bisherigen Beweiſen zwiſchen allgemeinen und particularen Saͤtzen keinen Unterſchied gemacht, weil es nur ein Mangel unſrer Erkenntniß iſt, daß wir den Particularſaͤtzen die Beſtimmungen nicht beyfuͤ- gen, wodurch ſie allgemein gemacht werden. Hier aber iſt genug, daß wir in beyden Saͤtzen:
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des Wahren und Jrrigen.
nach muͤſſen die Begriffe A, B Merkmaale haben, die
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Merkmaale C finden, die nicht in B ſind. Auf dieſe
Art aber macht man den Schluß:
B iſt nicht C,
A iſt B,
folglich: A iſt nicht C.
Deſſen Schlußſatz dem Satze: A iſt C, widerſpricht.
Da nun C ein eigenes Merkmaal von A iſt (per
conſtructionem, das will ſagen, weil wir C aus-
druͤcklich als ein ſolches angenommen haben) ſo iſt der
Satz: A iſt C, allerdings wahr, daher laͤßt ſich
auch in dieſem Fall aus dem falſchen Satze: A iſt B,
ein Schlußſatz herleiten, der einem wahren Satze
widerſpricht.
§. 174.
Man ſieht leicht, daß dieſe zween letzten Faͤlle
(§. 172. 173.) nur unter gewiſſen Bedingungen an-
gehen, da hingegen der erſte Fall (§. 171.) allgemein
angeht. Da aber die Bedingung, daß naͤmlich in
dem zweyten Fall (§. 172.) C ein eigenes Merkmaal
von B, im dritten Fall aber ein eigenes Merkmaal
von A ſeyn ſoll, immer moͤglich iſt, ſo wird dem Lehr-
ſatze, den wir beweiſen wollten, auf alle drey Arten
Genuͤgen geleiſtet, weil darinn die bloße Moͤglichkeit
gefordert wird, aus einem falſchen Satze etwas Wi-
derſprechendes herzuleiten. Uebrigens haben wir in
den bisherigen Beweiſen zwiſchen allgemeinen und
particularen Saͤtzen keinen Unterſchied gemacht, weil
es nur ein Mangel unſrer Erkenntniß iſt, daß wir
den Particularſaͤtzen die Beſtimmungen nicht beyfuͤ-
gen, wodurch ſie allgemein gemacht werden. Hier
aber iſt genug, daß wir in beyden Saͤtzen:
A iſt B,
A iſt nicht B,
eben
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/565>, abgerufen am 03.12.2024.
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