Dynamik hier nicht unter die Phoronomie, und so auch die Chronologie der gegenwärtigen Welt, oder die historische Chronologie nicht zu der hier genannten Chronometrie rechnen, weil wir diese drey Wissen- schaften hier nicht weiter ausdehnen, als in sofern sie nothwendig und ohne alle Widerrede unter die ewigen und unveränderlichen Wahrheiten (§. 657.) gehö- ren.
§. 659.
Die einfachen Begriffe lassen sich weiter nicht anders als zur Vergleichung und Zusammensetzung gebrauchen. Ersteres giebt Verhältnißbegriffe, letz- teres aber Lehrbegriffe. Denn da die einfachen Be- griffe keine innere Merkmaale haben, sondern sich selbst ihr eigenes Merkmaal sind, (§. 653.) so haben sie kein ander inneres Prädicat, als sich selbst, z. E. was ist, das ist; Eristiren ist existiren etc. Hin- gegen können sie allerdings zu Prädicaten werden, weil sie in jedem andern Begriffe entweder vorkom- men oder nicht. Ferner macht ihre Vergleichung ei- nen gewissen Eindruck in die Seele, und dieser Ein- druck giebt einen Verhältnißbegriff an, (§. 59.) der gleichsam als eine Brücke dient, von dem einen auf den andern zu kommen. So sind die Verhältnisse in der Geometrie, und so werden auch in der Phoro- nomie die Verhältnisse zwischen Zeit und Raum durch die Begriffe der Bewegung und Geschwin- digkeit bestimmt.
§. 660.
Da die Erfahrung uns Anlässe zu Begriffen giebt, so ist klar, daß wenn wir nur bey der bloßen Mög- ligkeit dieser Begriffe bleiben, die Bestimmung der Existenz, welche der Erfahrung eigen ist, daraus wegbleibt. Und in sofern nehmen wir den Begriff
als
IX. Hauptſtuͤck,
Dynamik hier nicht unter die Phoronomie, und ſo auch die Chronologie der gegenwaͤrtigen Welt, oder die hiſtoriſche Chronologie nicht zu der hier genannten Chronometrie rechnen, weil wir dieſe drey Wiſſen- ſchaften hier nicht weiter ausdehnen, als in ſofern ſie nothwendig und ohne alle Widerrede unter die ewigen und unveraͤnderlichen Wahrheiten (§. 657.) gehoͤ- ren.
§. 659.
Die einfachen Begriffe laſſen ſich weiter nicht anders als zur Vergleichung und Zuſammenſetzung gebrauchen. Erſteres giebt Verhaͤltnißbegriffe, letz- teres aber Lehrbegriffe. Denn da die einfachen Be- griffe keine innere Merkmaale haben, ſondern ſich ſelbſt ihr eigenes Merkmaal ſind, (§. 653.) ſo haben ſie kein ander inneres Praͤdicat, als ſich ſelbſt, z. E. was iſt, das iſt; Eriſtiren iſt exiſtiren ꝛc. Hin- gegen koͤnnen ſie allerdings zu Praͤdicaten werden, weil ſie in jedem andern Begriffe entweder vorkom- men oder nicht. Ferner macht ihre Vergleichung ei- nen gewiſſen Eindruck in die Seele, und dieſer Ein- druck giebt einen Verhaͤltnißbegriff an, (§. 59.) der gleichſam als eine Bruͤcke dient, von dem einen auf den andern zu kommen. So ſind die Verhaͤltniſſe in der Geometrie, und ſo werden auch in der Phoro- nomie die Verhaͤltniſſe zwiſchen Zeit und Raum durch die Begriffe der Bewegung und Geſchwin- digkeit beſtimmt.
§. 660.
Da die Erfahrung uns Anlaͤſſe zu Begriffen giebt, ſo iſt klar, daß wenn wir nur bey der bloßen Moͤg- ligkeit dieſer Begriffe bleiben, die Beſtimmung der Exiſtenz, welche der Erfahrung eigen iſt, daraus wegbleibt. Und in ſofern nehmen wir den Begriff
als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0446"n="424"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IX.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/>
Dynamik hier nicht unter die Phoronomie, und ſo<lb/>
auch die Chronologie der gegenwaͤrtigen Welt, oder<lb/>
die hiſtoriſche Chronologie nicht zu der hier genannten<lb/>
Chronometrie rechnen, weil wir dieſe drey Wiſſen-<lb/>ſchaften hier nicht weiter ausdehnen, als in ſofern ſie<lb/>
nothwendig und ohne alle Widerrede unter die <hirendition="#fr">ewigen<lb/>
und unveraͤnderlichen</hi> Wahrheiten (§. 657.) gehoͤ-<lb/>
ren.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 659.</head><lb/><p>Die einfachen Begriffe laſſen ſich weiter nicht<lb/>
anders als zur Vergleichung und Zuſammenſetzung<lb/>
gebrauchen. Erſteres giebt Verhaͤltnißbegriffe, letz-<lb/>
teres aber Lehrbegriffe. Denn da die einfachen Be-<lb/>
griffe keine innere Merkmaale haben, ſondern ſich<lb/>ſelbſt ihr eigenes Merkmaal ſind, (§. 653.) ſo haben<lb/>ſie kein ander inneres Praͤdicat, als ſich ſelbſt, z. E.<lb/><hirendition="#fr">was iſt, das iſt; Eriſtiren iſt exiſtiren</hi>ꝛc. Hin-<lb/>
gegen koͤnnen ſie allerdings zu Praͤdicaten werden,<lb/>
weil ſie in jedem andern Begriffe entweder vorkom-<lb/>
men oder nicht. Ferner macht ihre Vergleichung ei-<lb/>
nen gewiſſen Eindruck in die Seele, und dieſer Ein-<lb/>
druck giebt einen Verhaͤltnißbegriff an, (§. 59.) der<lb/>
gleichſam als eine Bruͤcke dient, von dem einen auf<lb/>
den andern zu kommen. So ſind die Verhaͤltniſſe<lb/>
in der Geometrie, und ſo werden auch in der Phoro-<lb/>
nomie die Verhaͤltniſſe zwiſchen <hirendition="#fr">Zeit</hi> und <hirendition="#fr">Raum</hi><lb/>
durch die Begriffe der <hirendition="#fr">Bewegung</hi> und <hirendition="#fr">Geſchwin-<lb/>
digkeit</hi> beſtimmt.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 660.</head><lb/><p>Da die Erfahrung uns Anlaͤſſe zu Begriffen giebt,<lb/>ſo iſt klar, daß wenn wir nur bey der bloßen Moͤg-<lb/>
ligkeit dieſer Begriffe bleiben, die Beſtimmung der<lb/>
Exiſtenz, welche der Erfahrung eigen iſt, daraus<lb/>
wegbleibt. Und in ſofern nehmen wir den Begriff<lb/><fwplace="bottom"type="catch">als</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[424/0446]
IX. Hauptſtuͤck,
Dynamik hier nicht unter die Phoronomie, und ſo
auch die Chronologie der gegenwaͤrtigen Welt, oder
die hiſtoriſche Chronologie nicht zu der hier genannten
Chronometrie rechnen, weil wir dieſe drey Wiſſen-
ſchaften hier nicht weiter ausdehnen, als in ſofern ſie
nothwendig und ohne alle Widerrede unter die ewigen
und unveraͤnderlichen Wahrheiten (§. 657.) gehoͤ-
ren.
§. 659.
Die einfachen Begriffe laſſen ſich weiter nicht
anders als zur Vergleichung und Zuſammenſetzung
gebrauchen. Erſteres giebt Verhaͤltnißbegriffe, letz-
teres aber Lehrbegriffe. Denn da die einfachen Be-
griffe keine innere Merkmaale haben, ſondern ſich
ſelbſt ihr eigenes Merkmaal ſind, (§. 653.) ſo haben
ſie kein ander inneres Praͤdicat, als ſich ſelbſt, z. E.
was iſt, das iſt; Eriſtiren iſt exiſtiren ꝛc. Hin-
gegen koͤnnen ſie allerdings zu Praͤdicaten werden,
weil ſie in jedem andern Begriffe entweder vorkom-
men oder nicht. Ferner macht ihre Vergleichung ei-
nen gewiſſen Eindruck in die Seele, und dieſer Ein-
druck giebt einen Verhaͤltnißbegriff an, (§. 59.) der
gleichſam als eine Bruͤcke dient, von dem einen auf
den andern zu kommen. So ſind die Verhaͤltniſſe
in der Geometrie, und ſo werden auch in der Phoro-
nomie die Verhaͤltniſſe zwiſchen Zeit und Raum
durch die Begriffe der Bewegung und Geſchwin-
digkeit beſtimmt.
§. 660.
Da die Erfahrung uns Anlaͤſſe zu Begriffen giebt,
ſo iſt klar, daß wenn wir nur bey der bloßen Moͤg-
ligkeit dieſer Begriffe bleiben, die Beſtimmung der
Exiſtenz, welche der Erfahrung eigen iſt, daraus
wegbleibt. Und in ſofern nehmen wir den Begriff
als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/446>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.