Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
von den Beweisen.
§. 331.

Damit geht es nun allemal leicht und ordentlich,
wenn man entweder den Schlußsatz und die wesent-
lichsten Mittelglieder, oder von diesen wenigstens so
viel sich zwar nur confus vorstellt und gleichsam em-
pfindet, als zu dem Bewußtseyn, daß sich etwas die-
nendes werde finden lassen, genug ist. Denn da
kömmt es sodann nur darauf an, daß man diese Vor-
stellung, die etwann noch einem Cahos gleicht, ent-
wickele, und in behöriger Ordnung aus einander lese.
Und damit geht es desto leichter, je mehr man schon
an das Zusammenhängen und Auseinandersetzen der
Schlüsse gewöhnt ist, und alle Wege kennt. (§. 291.)

§. 332.

Da sich aber diese Schicklichkeit nicht immer ein-
findet, so müssen wir die verschiedene Arten eines sol-
chen Leitfadens näher betrachten, und sehen, wiefern
der Schlußsatz überhaupt schon kenntlich seyn kann,
ehe man ihn vollends bestimmt hat. Der Schlußsatz
sey:

A ist B.

so läßt sich überhaupt B als eine Gattung und A als
eine Art ansehen Nun kann so wohl A als B unter
einem allgemeinern, oder A besonders unter einem
specialern Begriff bekannt seyn. Dieses giebt dem-
nach folgende drey Fälle:

1. Man weis etwann, daß A unter die Gattung
C gehört, und daß C eine höhere Gattung
ist. Und da kömmt die Frage vor, die Art
B zu bestimmen, unter welcher sich A befin-
det.
2. Man weis etwann, daß unter den Arten der
Gattung D eine vorkomme, welche die Ei-
genschaft B hat, und da ist die Frage, diese
Art ausfündig zu machen.
3. Oder
von den Beweiſen.
§. 331.

Damit geht es nun allemal leicht und ordentlich,
wenn man entweder den Schlußſatz und die weſent-
lichſten Mittelglieder, oder von dieſen wenigſtens ſo
viel ſich zwar nur confus vorſtellt und gleichſam em-
pfindet, als zu dem Bewußtſeyn, daß ſich etwas die-
nendes werde finden laſſen, genug iſt. Denn da
koͤmmt es ſodann nur darauf an, daß man dieſe Vor-
ſtellung, die etwann noch einem Cahos gleicht, ent-
wickele, und in behoͤriger Ordnung aus einander leſe.
Und damit geht es deſto leichter, je mehr man ſchon
an das Zuſammenhaͤngen und Auseinanderſetzen der
Schluͤſſe gewoͤhnt iſt, und alle Wege kennt. (§. 291.)

§. 332.

Da ſich aber dieſe Schicklichkeit nicht immer ein-
findet, ſo muͤſſen wir die verſchiedene Arten eines ſol-
chen Leitfadens naͤher betrachten, und ſehen, wiefern
der Schlußſatz uͤberhaupt ſchon kenntlich ſeyn kann,
ehe man ihn vollends beſtimmt hat. Der Schlußſatz
ſey:

A iſt B.

ſo laͤßt ſich uͤberhaupt B als eine Gattung und A als
eine Art anſehen Nun kann ſo wohl A als B unter
einem allgemeinern, oder A beſonders unter einem
ſpecialern Begriff bekannt ſeyn. Dieſes giebt dem-
nach folgende drey Faͤlle:

1. Man weis etwann, daß A unter die Gattung
C gehoͤrt, und daß C eine hoͤhere Gattung
iſt. Und da koͤmmt die Frage vor, die Art
B zu beſtimmen, unter welcher ſich A befin-
det.
2. Man weis etwann, daß unter den Arten der
Gattung D eine vorkomme, welche die Ei-
genſchaft B hat, und da iſt die Frage, dieſe
Art ausfuͤndig zu machen.
3. Oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0241" n="219"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den Bewei&#x017F;en.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 331.</head><lb/>
            <p>Damit geht es nun allemal leicht und ordentlich,<lb/>
wenn man entweder den Schluß&#x017F;atz und die we&#x017F;ent-<lb/>
lich&#x017F;ten Mittelglieder, oder von die&#x017F;en wenig&#x017F;tens &#x017F;o<lb/>
viel &#x017F;ich zwar nur confus vor&#x017F;tellt und gleich&#x017F;am em-<lb/>
pfindet, als zu dem Bewußt&#x017F;eyn, daß &#x017F;ich etwas die-<lb/>
nendes werde finden la&#x017F;&#x017F;en, genug i&#x017F;t. Denn da<lb/>
ko&#x0364;mmt es &#x017F;odann nur darauf an, daß man die&#x017F;e Vor-<lb/>
&#x017F;tellung, die etwann noch einem Cahos gleicht, ent-<lb/>
wickele, und in beho&#x0364;riger Ordnung aus einander le&#x017F;e.<lb/>
Und damit geht es de&#x017F;to leichter, je mehr man &#x017F;chon<lb/>
an das Zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen und Auseinander&#x017F;etzen der<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gewo&#x0364;hnt i&#x017F;t, und alle Wege kennt. (§. 291.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 332.</head><lb/>
            <p>Da &#x017F;ich aber die&#x017F;e Schicklichkeit nicht immer ein-<lb/>
findet, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir die ver&#x017F;chiedene Arten eines &#x017F;ol-<lb/>
chen Leitfadens na&#x0364;her betrachten, und &#x017F;ehen, wiefern<lb/>
der Schluß&#x017F;atz u&#x0364;berhaupt &#x017F;chon kenntlich &#x017F;eyn kann,<lb/>
ehe man ihn vollends be&#x017F;timmt hat. Der Schluß&#x017F;atz<lb/>
&#x017F;ey:</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>&#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt <hi rendition="#aq">B</hi> als eine Gattung und <hi rendition="#aq">A</hi> als<lb/>
eine Art an&#x017F;ehen Nun kann &#x017F;o wohl <hi rendition="#aq">A</hi> als <hi rendition="#aq">B</hi> unter<lb/>
einem allgemeinern, oder <hi rendition="#aq">A</hi> be&#x017F;onders unter einem<lb/>
&#x017F;pecialern Begriff bekannt &#x017F;eyn. Die&#x017F;es giebt dem-<lb/>
nach folgende drey Fa&#x0364;lle:</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Man weis etwann, daß <hi rendition="#aq">A</hi> unter die Gattung<lb/><hi rendition="#aq">C</hi> geho&#x0364;rt, und daß <hi rendition="#aq">C</hi> eine ho&#x0364;here Gattung<lb/>
i&#x017F;t. Und da ko&#x0364;mmt die Frage vor, die Art<lb/><hi rendition="#aq">B</hi> zu be&#x017F;timmen, unter welcher &#x017F;ich <hi rendition="#aq">A</hi> befin-<lb/>
det.</item><lb/>
              <item>2. Man weis etwann, daß unter den Arten der<lb/>
Gattung <hi rendition="#aq">D</hi> eine vorkomme, welche die Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaft <hi rendition="#aq">B</hi> hat, und da i&#x017F;t die Frage, die&#x017F;e<lb/>
Art ausfu&#x0364;ndig zu machen.</item>
            </list><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">3. Oder</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0241] von den Beweiſen. §. 331. Damit geht es nun allemal leicht und ordentlich, wenn man entweder den Schlußſatz und die weſent- lichſten Mittelglieder, oder von dieſen wenigſtens ſo viel ſich zwar nur confus vorſtellt und gleichſam em- pfindet, als zu dem Bewußtſeyn, daß ſich etwas die- nendes werde finden laſſen, genug iſt. Denn da koͤmmt es ſodann nur darauf an, daß man dieſe Vor- ſtellung, die etwann noch einem Cahos gleicht, ent- wickele, und in behoͤriger Ordnung aus einander leſe. Und damit geht es deſto leichter, je mehr man ſchon an das Zuſammenhaͤngen und Auseinanderſetzen der Schluͤſſe gewoͤhnt iſt, und alle Wege kennt. (§. 291.) §. 332. Da ſich aber dieſe Schicklichkeit nicht immer ein- findet, ſo muͤſſen wir die verſchiedene Arten eines ſol- chen Leitfadens naͤher betrachten, und ſehen, wiefern der Schlußſatz uͤberhaupt ſchon kenntlich ſeyn kann, ehe man ihn vollends beſtimmt hat. Der Schlußſatz ſey: A iſt B. ſo laͤßt ſich uͤberhaupt B als eine Gattung und A als eine Art anſehen Nun kann ſo wohl A als B unter einem allgemeinern, oder A beſonders unter einem ſpecialern Begriff bekannt ſeyn. Dieſes giebt dem- nach folgende drey Faͤlle: 1. Man weis etwann, daß A unter die Gattung C gehoͤrt, und daß C eine hoͤhere Gattung iſt. Und da koͤmmt die Frage vor, die Art B zu beſtimmen, unter welcher ſich A befin- det. 2. Man weis etwann, daß unter den Arten der Gattung D eine vorkomme, welche die Ei- genſchaft B hat, und da iſt die Frage, dieſe Art ausfuͤndig zu machen. 3. Oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/241
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/241>, abgerufen am 21.11.2024.