Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
XIII. Hauptstück.
§. 398.

Man setze nun, der Ring sey bis auf den verkürz-
ten Diameter b zusammen gedrücket, und das dazu
erforderliche Gewicht sey = Q. Der Ring werde in
dieser Zusammendrückung durch einen gespannten Fa-
den erhalten, und in eine horizontale Lage gebracht,
und in derselben befestiget. Man lege eine elastische
Kugel vor, deren Gewicht p kleiner sey als Q, und
brenne den Faden ab, so wird der Ring loßschnellen,
und die Kugel von sich treiben, so daß sie mit einer
gewissen Geschwindigkeit wegfährt. Diese Geschwin-
digkeit wächst, so lange der Ring die Kugel berühret,
und demnach bis der Ring sich so weit ausbreitet,
daß er seinen natürlichen Diameter a hat. Denn von
da an breitet er sich immer langsamer aus, so daß er
die Kugel nicht mehr erreichet, weil diese mit der
einmal erlangten Geschwindigkeit fortgeht. Dieses
ist nun der Verlauf der Sache, so weit man sie sich
ohne Mühe vorstellen kann. Da wir uns nur vor-
setzen, das, was man hiebey Kraft zu nennen hat,
aufzusuchen, so werden wir setzen, die Geschwindig-
keit des Ringes, mit deren er sich allein ausbreiten
würde, sey unzählige mal größer, als diejenige, so
die Kugel erhält, so daß der Ring immer den
ganzen Druck P bey jeder Ausbreitung x gegen die
Kugel äußert.

§. 399.

Die Aeußerung dieses Druckes hat nun den Erfolg,
daß die Kugel dadurch eine Zunahme von Geschwin-
digkeit erhält, welche sowohl nach der Kraft als nach
der Zeit proportionirt wird. Diese Zunahme der Ge-
schwindigkeit besteht nun darinn, daß, da die Kugel
ohne diese Aeußerung des Druckes, durch die bereits

erlangte
XIII. Hauptſtuͤck.
§. 398.

Man ſetze nun, der Ring ſey bis auf den verkuͤrz-
ten Diameter b zuſammen gedruͤcket, und das dazu
erforderliche Gewicht ſey = Q. Der Ring werde in
dieſer Zuſammendruͤckung durch einen geſpannten Fa-
den erhalten, und in eine horizontale Lage gebracht,
und in derſelben befeſtiget. Man lege eine elaſtiſche
Kugel vor, deren Gewicht p kleiner ſey als Q, und
brenne den Faden ab, ſo wird der Ring loßſchnellen,
und die Kugel von ſich treiben, ſo daß ſie mit einer
gewiſſen Geſchwindigkeit wegfaͤhrt. Dieſe Geſchwin-
digkeit waͤchſt, ſo lange der Ring die Kugel beruͤhret,
und demnach bis der Ring ſich ſo weit ausbreitet,
daß er ſeinen natuͤrlichen Diameter a hat. Denn von
da an breitet er ſich immer langſamer aus, ſo daß er
die Kugel nicht mehr erreichet, weil dieſe mit der
einmal erlangten Geſchwindigkeit fortgeht. Dieſes
iſt nun der Verlauf der Sache, ſo weit man ſie ſich
ohne Muͤhe vorſtellen kann. Da wir uns nur vor-
ſetzen, das, was man hiebey Kraft zu nennen hat,
aufzuſuchen, ſo werden wir ſetzen, die Geſchwindig-
keit des Ringes, mit deren er ſich allein ausbreiten
wuͤrde, ſey unzaͤhlige mal groͤßer, als diejenige, ſo
die Kugel erhaͤlt, ſo daß der Ring immer den
ganzen Druck P bey jeder Ausbreitung x gegen die
Kugel aͤußert.

§. 399.

Die Aeußerung dieſes Druckes hat nun den Erfolg,
daß die Kugel dadurch eine Zunahme von Geſchwin-
digkeit erhaͤlt, welche ſowohl nach der Kraft als nach
der Zeit proportionirt wird. Dieſe Zunahme der Ge-
ſchwindigkeit beſteht nun darinn, daß, da die Kugel
ohne dieſe Aeußerung des Druckes, durch die bereits

erlangte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0032" n="24"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 398.</head><lb/>
            <p>Man &#x017F;etze nun, der Ring &#x017F;ey bis auf den verku&#x0364;rz-<lb/>
ten Diameter <hi rendition="#aq">b</hi> zu&#x017F;ammen gedru&#x0364;cket, und das dazu<lb/>
erforderliche Gewicht &#x017F;ey = <hi rendition="#aq">Q.</hi> Der Ring werde in<lb/>
die&#x017F;er Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung durch einen ge&#x017F;pannten Fa-<lb/>
den erhalten, und in eine horizontale Lage gebracht,<lb/>
und in der&#x017F;elben befe&#x017F;tiget. Man lege eine ela&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Kugel vor, deren Gewicht <hi rendition="#aq">p</hi> kleiner &#x017F;ey als <hi rendition="#aq">Q,</hi> und<lb/>
brenne den Faden ab, &#x017F;o wird der Ring loß&#x017F;chnellen,<lb/>
und die Kugel von &#x017F;ich treiben, &#x017F;o daß &#x017F;ie mit einer<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;chwindigkeit wegfa&#x0364;hrt. Die&#x017F;e Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit wa&#x0364;ch&#x017F;t, &#x017F;o lange der Ring die Kugel beru&#x0364;hret,<lb/>
und demnach bis der Ring &#x017F;ich &#x017F;o weit ausbreitet,<lb/>
daß er &#x017F;einen natu&#x0364;rlichen Diameter <hi rendition="#aq">a</hi> hat. Denn von<lb/>
da an breitet er &#x017F;ich immer lang&#x017F;amer aus, &#x017F;o daß er<lb/>
die Kugel nicht mehr erreichet, weil die&#x017F;e mit der<lb/>
einmal erlangten Ge&#x017F;chwindigkeit fortgeht. Die&#x017F;es<lb/>
i&#x017F;t nun der Verlauf der Sache, &#x017F;o weit man &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
ohne Mu&#x0364;he vor&#x017F;tellen kann. Da wir uns nur vor-<lb/>
&#x017F;etzen, das, was man hiebey Kraft zu nennen hat,<lb/>
aufzu&#x017F;uchen, &#x017F;o werden wir &#x017F;etzen, die Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit des Ringes, mit deren er &#x017F;ich allein ausbreiten<lb/>
wu&#x0364;rde, &#x017F;ey unza&#x0364;hlige mal gro&#x0364;ßer, als diejenige, &#x017F;o<lb/>
die Kugel erha&#x0364;lt, &#x017F;o daß der Ring immer den<lb/>
ganzen Druck <hi rendition="#aq">P</hi> bey jeder Ausbreitung <hi rendition="#aq">x</hi> gegen die<lb/>
Kugel a&#x0364;ußert.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 399.</head><lb/>
            <p>Die Aeußerung die&#x017F;es Druckes hat nun den Erfolg,<lb/>
daß die Kugel dadurch eine Zunahme von Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit erha&#x0364;lt, welche &#x017F;owohl nach der Kraft als nach<lb/>
der Zeit proportionirt wird. Die&#x017F;e Zunahme der Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit be&#x017F;teht nun darinn, daß, da die Kugel<lb/>
ohne die&#x017F;e Aeußerung des Druckes, durch die bereits<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">erlangte</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0032] XIII. Hauptſtuͤck. §. 398. Man ſetze nun, der Ring ſey bis auf den verkuͤrz- ten Diameter b zuſammen gedruͤcket, und das dazu erforderliche Gewicht ſey = Q. Der Ring werde in dieſer Zuſammendruͤckung durch einen geſpannten Fa- den erhalten, und in eine horizontale Lage gebracht, und in derſelben befeſtiget. Man lege eine elaſtiſche Kugel vor, deren Gewicht p kleiner ſey als Q, und brenne den Faden ab, ſo wird der Ring loßſchnellen, und die Kugel von ſich treiben, ſo daß ſie mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit wegfaͤhrt. Dieſe Geſchwin- digkeit waͤchſt, ſo lange der Ring die Kugel beruͤhret, und demnach bis der Ring ſich ſo weit ausbreitet, daß er ſeinen natuͤrlichen Diameter a hat. Denn von da an breitet er ſich immer langſamer aus, ſo daß er die Kugel nicht mehr erreichet, weil dieſe mit der einmal erlangten Geſchwindigkeit fortgeht. Dieſes iſt nun der Verlauf der Sache, ſo weit man ſie ſich ohne Muͤhe vorſtellen kann. Da wir uns nur vor- ſetzen, das, was man hiebey Kraft zu nennen hat, aufzuſuchen, ſo werden wir ſetzen, die Geſchwindig- keit des Ringes, mit deren er ſich allein ausbreiten wuͤrde, ſey unzaͤhlige mal groͤßer, als diejenige, ſo die Kugel erhaͤlt, ſo daß der Ring immer den ganzen Druck P bey jeder Ausbreitung x gegen die Kugel aͤußert. §. 399. Die Aeußerung dieſes Druckes hat nun den Erfolg, daß die Kugel dadurch eine Zunahme von Geſchwin- digkeit erhaͤlt, welche ſowohl nach der Kraft als nach der Zeit proportionirt wird. Dieſe Zunahme der Ge- ſchwindigkeit beſteht nun darinn, daß, da die Kugel ohne dieſe Aeußerung des Druckes, durch die bereits erlangte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/32
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/32>, abgerufen am 21.11.2024.