Drittes Hauptstück. Erste Grundsätze und Forderungen der Grundlehre.
§. 76.
Nach der Vorzählung und unmittelbaren Ver- gleichung der einfachen Begriffe, werden wir nun die Grundsätze und Postulata anführen, die sie uns angeben, weil ohne diese keine wissenschaftliche Form erhalten werden kann (§. 12. 20. 23.). Von sol- chen Grundsätzen und Forderungen habe ich in dem zweyten Hauptstücke der Alethiologie, wo es um die Bestimmung der ersten Gründe des Wahren zu thun wäre, mehrere angegeben. Hier aber ist der Ort, sie ausführlicher vorzutragen, weil sie die ersten Gründe unseres Wissens und Thuns sind. Das erste, was sich demnach hier voraus anzumerken darbeut, ist dieses: daß es bey den Grundsätzen und Forderungen nicht so fest um die Erklärung der Begriffe oder der Wörter, sondern um die Allgemeinheit derselben zu thun ist. Sie kommen bey den einfachen Begrif- fen vor (§. 23.) und diese, sowohl als ihre Namen, bedürfen keiner Erklärung, und man würde auch ohne logische Cirkel keine Erklärung davon geben können (§. 28. 27. 51.). Hingegen hat die Versicherung, daß die Grundsätze und Forderungen allgemein sind, desto mehr zu sagen. Die Allgemeinheit der Grundsätze macht ihre Anwendung sicher und zuverläßig, und die Postulata müssen allgemeine Möglichkeiten an- geben, dafern die Besorgniß der Einschränkung ihre Anwendung nicht ungewiß machen solle (§. 20.).
§. 77.
Drittes Hauptſtuͤck. Erſte Grundſaͤtze und Forderungen der Grundlehre.
§. 76.
Nach der Vorzaͤhlung und unmittelbaren Ver- gleichung der einfachen Begriffe, werden wir nun die Grundſaͤtze und Poſtulata anfuͤhren, die ſie uns angeben, weil ohne dieſe keine wiſſenſchaftliche Form erhalten werden kann (§. 12. 20. 23.). Von ſol- chen Grundſaͤtzen und Forderungen habe ich in dem zweyten Hauptſtuͤcke der Alethiologie, wo es um die Beſtimmung der erſten Gruͤnde des Wahren zu thun waͤre, mehrere angegeben. Hier aber iſt der Ort, ſie ausfuͤhrlicher vorzutragen, weil ſie die erſten Gruͤnde unſeres Wiſſens und Thuns ſind. Das erſte, was ſich demnach hier voraus anzumerken darbeut, iſt dieſes: daß es bey den Grundſaͤtzen und Forderungen nicht ſo feſt um die Erklaͤrung der Begriffe oder der Woͤrter, ſondern um die Allgemeinheit derſelben zu thun iſt. Sie kommen bey den einfachen Begrif- fen vor (§. 23.) und dieſe, ſowohl als ihre Namen, beduͤrfen keiner Erklaͤrung, und man wuͤrde auch ohne logiſche Cirkel keine Erklaͤrung davon geben koͤnnen (§. 28. 27. 51.). Hingegen hat die Verſicherung, daß die Grundſaͤtze und Forderungen allgemein ſind, deſto mehr zu ſagen. Die Allgemeinheit der Grundſaͤtze macht ihre Anwendung ſicher und zuverlaͤßig, und die Poſtulata muͤſſen allgemeine Moͤglichkeiten an- geben, dafern die Beſorgniß der Einſchraͤnkung ihre Anwendung nicht ungewiß machen ſolle (§. 20.).
§. 77.
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Drittes Hauptſtuͤck.
Erſte Grundſaͤtze und Forderungen der
Grundlehre.
§. 76.
Nach der Vorzaͤhlung und unmittelbaren Ver-
gleichung der einfachen Begriffe, werden wir
nun die Grundſaͤtze und Poſtulata anfuͤhren, die ſie
uns angeben, weil ohne dieſe keine wiſſenſchaftliche
Form erhalten werden kann (§. 12. 20. 23.). Von ſol-
chen Grundſaͤtzen und Forderungen habe ich in dem
zweyten Hauptſtuͤcke der Alethiologie, wo es um die
Beſtimmung der erſten Gruͤnde des Wahren zu thun
waͤre, mehrere angegeben. Hier aber iſt der Ort, ſie
ausfuͤhrlicher vorzutragen, weil ſie die erſten Gruͤnde
unſeres Wiſſens und Thuns ſind. Das erſte, was
ſich demnach hier voraus anzumerken darbeut, iſt
dieſes: daß es bey den Grundſaͤtzen und Forderungen
nicht ſo feſt um die Erklaͤrung der Begriffe oder
der Woͤrter, ſondern um die Allgemeinheit derſelben
zu thun iſt. Sie kommen bey den einfachen Begrif-
fen vor (§. 23.) und dieſe, ſowohl als ihre Namen,
beduͤrfen keiner Erklaͤrung, und man wuͤrde auch ohne
logiſche Cirkel keine Erklaͤrung davon geben koͤnnen
(§. 28. 27. 51.). Hingegen hat die Verſicherung, daß
die Grundſaͤtze und Forderungen allgemein ſind, deſto
mehr zu ſagen. Die Allgemeinheit der Grundſaͤtze
macht ihre Anwendung ſicher und zuverlaͤßig, und
die Poſtulata muͤſſen allgemeine Moͤglichkeiten an-
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§. 77.
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/95>, abgerufen am 21.11.2024.
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