werden kann, ist in dieser Absicht zufälliger, als was nur durch größere Kräfte kann geändert, getrennet, gehoben werden. Auf eben diese Art lassen sich Grade der hypothetischen Nothwendigkeit gedenken, welche desto größer sind, je größer die Kräfte seyn müssen, ohne welche die Veränderung nicht statt ha- ben kann, (§. 282.).
§. 284.
Das Beständige und Fortdauernde hat im- mer eine wenigstens hypothetische Nothwen- digkeit. Denn ist das Gegentheil an sich betrachtet unmöglich, so ist die Nothwendigkeit des Fortdauerns absolut. Jst aber das Gegentheil an sich betrachtet möglich, so rührt das Fortdauern daher, daß die Kräfte, wodurch es gehoben werden könnte, entweder nicht da sind, oder verhindert werden zu wirken, oder sonst irgend angewandt sind, (§. 98. Axiom. 2. 3.). So lange nun einer von diesen Fällen statt hat, kann das Fortdauern nicht aufgehoben werden, demnach ist es in so ferne oder bedingungsweise nothwen- dig, (§. 275. N°. 4.)
§. 285.
Hieraus läßt sich etwas umständlicher erklären, was wir in dem §. 232. der Phänomenologie als einen Grundsatz von dem Beharrungsstande der Dinge und Gesetze der Natur angeführet haben, nämlich: Was beständig gewesen ist, fährt fort zu seyn, und wie ferne. Die Sache kömmt auf folgende Sätze an.
1°. Was an sich nothwendig ist, kann in der wirklichen Welt nicht anders seyn. Denn da dessen Gegentheil an sich A und Nicht - A
zugleich
IX. Hauptſt. Das Nothwendig ſeyn
werden kann, iſt in dieſer Abſicht zufaͤlliger, als was nur durch groͤßere Kraͤfte kann geaͤndert, getrennet, gehoben werden. Auf eben dieſe Art laſſen ſich Grade der hypothetiſchen Nothwendigkeit gedenken, welche deſto groͤßer ſind, je groͤßer die Kraͤfte ſeyn muͤſſen, ohne welche die Veraͤnderung nicht ſtatt ha- ben kann, (§. 282.).
§. 284.
Das Beſtaͤndige und Fortdauernde hat im- mer eine wenigſtens hypothetiſche Nothwen- digkeit. Denn iſt das Gegentheil an ſich betrachtet unmoͤglich, ſo iſt die Nothwendigkeit des Fortdauerns abſolut. Jſt aber das Gegentheil an ſich betrachtet moͤglich, ſo ruͤhrt das Fortdauern daher, daß die Kraͤfte, wodurch es gehoben werden koͤnnte, entweder nicht da ſind, oder verhindert werden zu wirken, oder ſonſt irgend angewandt ſind, (§. 98. Axiom. 2. 3.). So lange nun einer von dieſen Faͤllen ſtatt hat, kann das Fortdauern nicht aufgehoben werden, demnach iſt es in ſo ferne oder bedingungsweiſe nothwen- dig, (§. 275. N°. 4.)
§. 285.
Hieraus laͤßt ſich etwas umſtaͤndlicher erklaͤren, was wir in dem §. 232. der Phaͤnomenologie als einen Grundſatz von dem Beharrungsſtande der Dinge und Geſetze der Natur angefuͤhret haben, naͤmlich: Was beſtaͤndig geweſen iſt, faͤhrt fort zu ſeyn, und wie ferne. Die Sache koͤmmt auf folgende Saͤtze an.
1°. Was an ſich nothwendig iſt, kann in der wirklichen Welt nicht anders ſeyn. Denn da deſſen Gegentheil an ſich A und Nicht ‒ A
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IX. Hauptſt. Das Nothwendig ſeyn
werden kann, iſt in dieſer Abſicht zufaͤlliger, als was
nur durch groͤßere Kraͤfte kann geaͤndert, getrennet,
gehoben werden. Auf eben dieſe Art laſſen ſich Grade
der hypothetiſchen Nothwendigkeit gedenken,
welche deſto groͤßer ſind, je groͤßer die Kraͤfte ſeyn
muͤſſen, ohne welche die Veraͤnderung nicht ſtatt ha-
ben kann, (§. 282.).
§. 284.
Das Beſtaͤndige und Fortdauernde hat im-
mer eine wenigſtens hypothetiſche Nothwen-
digkeit. Denn iſt das Gegentheil an ſich betrachtet
unmoͤglich, ſo iſt die Nothwendigkeit des Fortdauerns
abſolut. Jſt aber das Gegentheil an ſich betrachtet
moͤglich, ſo ruͤhrt das Fortdauern daher, daß die
Kraͤfte, wodurch es gehoben werden koͤnnte, entweder
nicht da ſind, oder verhindert werden zu wirken, oder
ſonſt irgend angewandt ſind, (§. 98. Axiom. 2. 3.).
So lange nun einer von dieſen Faͤllen ſtatt hat, kann
das Fortdauern nicht aufgehoben werden, demnach
iſt es in ſo ferne oder bedingungsweiſe nothwen-
dig, (§. 275. N°. 4.)
§. 285.
Hieraus laͤßt ſich etwas umſtaͤndlicher erklaͤren,
was wir in dem §. 232. der Phaͤnomenologie als einen
Grundſatz von dem Beharrungsſtande der Dinge
und Geſetze der Natur angefuͤhret haben, naͤmlich:
Was beſtaͤndig geweſen iſt, faͤhrt fort zu ſeyn,
und wie ferne. Die Sache koͤmmt auf folgende
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1°. Was an ſich nothwendig iſt, kann in der
wirklichen Welt nicht anders ſeyn. Denn
da deſſen Gegentheil an ſich A und Nicht ‒ A
zugleich
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/310>, abgerufen am 23.02.2025.
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