lich ansieht. Da nun in der Vorstellung einer solchen Sache immer eine Lücke bleibt (Alethiol. §. 205.), so geht die wirkliche oder klare Vor- stellung derselben auch nicht weiter, als man ihre einzele Theile gedenken kann, und das übri- ge glaubet man im letzten Falle nur zu denken, weil man die Worte denket.
§. 275.
Das schlechthin symbolische Gegentheil einer noth- wendigen Sache ist gewissermaßen eine Nachahmung von möglichen Gegentheilen, weil die Sprache eben so, wie sie mögliche Zusammensetzungen von Begrif- fen ausdrücket, auch Unmögliche ausdrücken kann. Der Unterschied zwischen beyden liegt demnach nicht in der Sprache, sondern er muß aus der Betrach- tung der Sache selbst gefunden werden. Daher fordern auch die meisten nothwendigen Sätze einen Beweis ihrer Nothwendigkeit, zumal, wo diese aus der Unmöglichkeit des Gegentheiles muß erörtert werden.
§. 276.
Da ferner das Widersprechende im Gegentheile im- mer auf Sätze gebracht werden kann, wenn es in den Begriffen oder einzelnen Worten verstecket liegt, so ha- ben wir nur noch genauer zu untersuchen, wie es ver- mittelst der Sätze offenbarer werde, und auf wie vie- lerley Arten es darinn vorkommen könne? Hiezu dienen nun folgende Betrachtungen.
1°. Der Satz sey: Aist nothwendigB, so äußern sich hiebey gleich zween Fälle. Denn ent- weder ist Nicht - B an sich unmöglich, oder es ist besonders nur in dem Subjecte A unmöglich.
2°. Jst
R 3
und das Nicht nothwendig ſeyn.
lich anſieht. Da nun in der Vorſtellung einer ſolchen Sache immer eine Luͤcke bleibt (Alethiol. §. 205.), ſo geht die wirkliche oder klare Vor- ſtellung derſelben auch nicht weiter, als man ihre einzele Theile gedenken kann, und das uͤbri- ge glaubet man im letzten Falle nur zu denken, weil man die Worte denket.
§. 275.
Das ſchlechthin ſymboliſche Gegentheil einer noth- wendigen Sache iſt gewiſſermaßen eine Nachahmung von moͤglichen Gegentheilen, weil die Sprache eben ſo, wie ſie moͤgliche Zuſammenſetzungen von Begrif- fen ausdruͤcket, auch Unmoͤgliche ausdruͤcken kann. Der Unterſchied zwiſchen beyden liegt demnach nicht in der Sprache, ſondern er muß aus der Betrach- tung der Sache ſelbſt gefunden werden. Daher fordern auch die meiſten nothwendigen Saͤtze einen Beweis ihrer Nothwendigkeit, zumal, wo dieſe aus der Unmoͤglichkeit des Gegentheiles muß eroͤrtert werden.
§. 276.
Da ferner das Widerſprechende im Gegentheile im- mer auf Saͤtze gebracht werden kann, wenn es in den Begriffen oder einzelnen Worten verſtecket liegt, ſo ha- ben wir nur noch genauer zu unterſuchen, wie es ver- mittelſt der Saͤtze offenbarer werde, und auf wie vie- lerley Arten es darinn vorkommen koͤnne? Hiezu dienen nun folgende Betrachtungen.
1°. Der Satz ſey: Aiſt nothwendigB, ſo aͤußern ſich hiebey gleich zween Faͤlle. Denn ent- weder iſt Nicht ‒ B an ſich unmoͤglich, oder es iſt beſonders nur in dem Subjecte A unmoͤglich.
2°. Jſt
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lich anſieht. Da nun in der Vorſtellung einer
ſolchen Sache immer eine Luͤcke bleibt (Alethiol.
§. 205.), ſo geht die wirkliche oder klare Vor-
ſtellung derſelben auch nicht weiter, als man
ihre einzele Theile gedenken kann, und das uͤbri-
ge glaubet man im letzten Falle nur zu denken,
weil man die Worte denket.
§. 275.
Das ſchlechthin ſymboliſche Gegentheil einer noth-
wendigen Sache iſt gewiſſermaßen eine Nachahmung
von moͤglichen Gegentheilen, weil die Sprache eben
ſo, wie ſie moͤgliche Zuſammenſetzungen von Begrif-
fen ausdruͤcket, auch Unmoͤgliche ausdruͤcken kann.
Der Unterſchied zwiſchen beyden liegt demnach nicht
in der Sprache, ſondern er muß aus der Betrach-
tung der Sache ſelbſt gefunden werden. Daher
fordern auch die meiſten nothwendigen Saͤtze einen
Beweis ihrer Nothwendigkeit, zumal, wo dieſe aus
der Unmoͤglichkeit des Gegentheiles muß eroͤrtert
werden.
§. 276.
Da ferner das Widerſprechende im Gegentheile im-
mer auf Saͤtze gebracht werden kann, wenn es in den
Begriffen oder einzelnen Worten verſtecket liegt, ſo ha-
ben wir nur noch genauer zu unterſuchen, wie es ver-
mittelſt der Saͤtze offenbarer werde, und auf wie vie-
lerley Arten es darinn vorkommen koͤnne? Hiezu
dienen nun folgende Betrachtungen.
1°. Der Satz ſey: A iſt nothwendig B, ſo
aͤußern ſich hiebey gleich zween Faͤlle. Denn ent-
weder iſt Nicht ‒ B an ſich unmoͤglich, oder es
iſt beſonders nur in dem Subjecte A unmoͤglich.
2°. Jſt
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/297>, abgerufen am 23.02.2025.
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