Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Hauptstück. Grundsätze
einerley oder verschieden sey. Ueberdieß machen sich
die Vergleichungen zur Bereicherung unserer Erkennt-
niß unentbehrlich. Wir kommen nicht weit, wenn
wir ein Ding nur für sich betrachten, sondern müssen
bald darauf denken, wie wir es mit andern, oder
seine Theile unter sich, oder in Absicht auf uns oder
auf ein denkendes und wollendes Wesen, betrachten
können.

§. 125.

Der Begriff der Jdentität ist, in Absicht auf die
Grundlehre überhaupt, was der Begriff der Gleich-
heit
in Absicht auf die Mathematic ist, und thut
darum ähnliche Dienste. Wir können keinen Schluß
machen, ohne uns von der Jdentität des Mittelgliedes
in beyden Vordersätzen, und so auch von der Jden-
tität der äußersten Glieder in den Vordersätzen und
dem Schlußsatze zu versichern, weil es ohne dieses
ungewiß bliebe, ob nicht mehr als drey Glieder in
dem Schlusse vorkommen, wodurch er fehlerhaft und
unzuverläßig seyn würde. Jn der Meßkunst, wo
nur von Größen die Rede ist, sind die Vergleichun-
gen das einige Mittel, ihre Sätze herauszubringen,
und mit einander zu verbinden, und die meisten Eucli-
dischen Grundsätze sind unmittelbar von dem Begriffe
der Gleichheit hergenommen, weil sie angeben, woran
man das Gleiche und das Größere und Kleinere
erkennen könne, und wodurch es beybehalten werde.
Jn Ansehung der Jdentität muß eben so verfahren
werden.

§. 126.

Den Begriff der Jdentität haben wir unmittel-
bar von den Empfindungen und Gedanken, so fern
wir diese wiederholen. Jch denke A, und denke

noch-

IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze
einerley oder verſchieden ſey. Ueberdieß machen ſich
die Vergleichungen zur Bereicherung unſerer Erkennt-
niß unentbehrlich. Wir kommen nicht weit, wenn
wir ein Ding nur fuͤr ſich betrachten, ſondern muͤſſen
bald darauf denken, wie wir es mit andern, oder
ſeine Theile unter ſich, oder in Abſicht auf uns oder
auf ein denkendes und wollendes Weſen, betrachten
koͤnnen.

§. 125.

Der Begriff der Jdentitaͤt iſt, in Abſicht auf die
Grundlehre uͤberhaupt, was der Begriff der Gleich-
heit
in Abſicht auf die Mathematic iſt, und thut
darum aͤhnliche Dienſte. Wir koͤnnen keinen Schluß
machen, ohne uns von der Jdentitaͤt des Mittelgliedes
in beyden Vorderſaͤtzen, und ſo auch von der Jden-
titaͤt der aͤußerſten Glieder in den Vorderſaͤtzen und
dem Schlußſatze zu verſichern, weil es ohne dieſes
ungewiß bliebe, ob nicht mehr als drey Glieder in
dem Schluſſe vorkommen, wodurch er fehlerhaft und
unzuverlaͤßig ſeyn wuͤrde. Jn der Meßkunſt, wo
nur von Groͤßen die Rede iſt, ſind die Vergleichun-
gen das einige Mittel, ihre Saͤtze herauszubringen,
und mit einander zu verbinden, und die meiſten Eucli-
diſchen Grundſaͤtze ſind unmittelbar von dem Begriffe
der Gleichheit hergenommen, weil ſie angeben, woran
man das Gleiche und das Groͤßere und Kleinere
erkennen koͤnne, und wodurch es beybehalten werde.
Jn Anſehung der Jdentitaͤt muß eben ſo verfahren
werden.

§. 126.

Den Begriff der Jdentitaͤt haben wir unmittel-
bar von den Empfindungen und Gedanken, ſo fern
wir dieſe wiederholen. Jch denke A, und denke

noch-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0126" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Grund&#x017F;a&#x0364;tze</hi></fw><lb/>
einerley oder ver&#x017F;chieden &#x017F;ey. Ueberdieß machen &#x017F;ich<lb/>
die Vergleichungen zur Bereicherung un&#x017F;erer Erkennt-<lb/>
niß unentbehrlich. Wir kommen nicht weit, wenn<lb/>
wir ein Ding nur fu&#x0364;r &#x017F;ich betrachten, &#x017F;ondern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bald darauf denken, wie wir es mit andern, oder<lb/>
&#x017F;eine Theile unter &#x017F;ich, oder in Ab&#x017F;icht auf uns oder<lb/>
auf ein denkendes und wollendes We&#x017F;en, betrachten<lb/>
ko&#x0364;nnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 125.</head><lb/>
            <p>Der Begriff der <hi rendition="#fr">Jdentita&#x0364;t</hi> i&#x017F;t, in Ab&#x017F;icht auf die<lb/>
Grundlehre u&#x0364;berhaupt, was der Begriff der <hi rendition="#fr">Gleich-<lb/>
heit</hi> in Ab&#x017F;icht auf die Mathematic i&#x017F;t, und thut<lb/>
darum a&#x0364;hnliche Dien&#x017F;te. Wir ko&#x0364;nnen keinen Schluß<lb/>
machen, ohne uns von der Jdentita&#x0364;t des Mittelgliedes<lb/>
in beyden Vorder&#x017F;a&#x0364;tzen, und &#x017F;o auch von der Jden-<lb/>
tita&#x0364;t der a&#x0364;ußer&#x017F;ten Glieder in den Vorder&#x017F;a&#x0364;tzen und<lb/>
dem Schluß&#x017F;atze zu ver&#x017F;ichern, weil es ohne die&#x017F;es<lb/>
ungewiß bliebe, ob nicht mehr als drey Glieder in<lb/>
dem Schlu&#x017F;&#x017F;e vorkommen, wodurch er fehlerhaft und<lb/>
unzuverla&#x0364;ßig &#x017F;eyn wu&#x0364;rde. Jn der Meßkun&#x017F;t, wo<lb/>
nur von <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;ßen</hi> die Rede i&#x017F;t, &#x017F;ind die Vergleichun-<lb/>
gen das einige Mittel, ihre Sa&#x0364;tze herauszubringen,<lb/>
und mit einander zu verbinden, und die mei&#x017F;ten Eucli-<lb/>
di&#x017F;chen Grund&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;ind unmittelbar von dem Begriffe<lb/>
der <hi rendition="#fr">Gleichheit</hi> hergenommen, weil &#x017F;ie angeben, woran<lb/>
man das <hi rendition="#fr">Gleiche</hi> und das <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;ßere</hi> und <hi rendition="#fr">Kleinere</hi><lb/>
erkennen ko&#x0364;nne, und wodurch es beybehalten werde.<lb/>
Jn An&#x017F;ehung der Jdentita&#x0364;t muß eben &#x017F;o verfahren<lb/>
werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 126.</head><lb/>
            <p>Den Begriff der <hi rendition="#fr">Jdentita&#x0364;t</hi> haben wir unmittel-<lb/>
bar von den Empfindungen und Gedanken, &#x017F;o fern<lb/>
wir die&#x017F;e <hi rendition="#fr">wiederholen.</hi> Jch denke <hi rendition="#aq">A,</hi> und denke<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0126] IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze einerley oder verſchieden ſey. Ueberdieß machen ſich die Vergleichungen zur Bereicherung unſerer Erkennt- niß unentbehrlich. Wir kommen nicht weit, wenn wir ein Ding nur fuͤr ſich betrachten, ſondern muͤſſen bald darauf denken, wie wir es mit andern, oder ſeine Theile unter ſich, oder in Abſicht auf uns oder auf ein denkendes und wollendes Weſen, betrachten koͤnnen. §. 125. Der Begriff der Jdentitaͤt iſt, in Abſicht auf die Grundlehre uͤberhaupt, was der Begriff der Gleich- heit in Abſicht auf die Mathematic iſt, und thut darum aͤhnliche Dienſte. Wir koͤnnen keinen Schluß machen, ohne uns von der Jdentitaͤt des Mittelgliedes in beyden Vorderſaͤtzen, und ſo auch von der Jden- titaͤt der aͤußerſten Glieder in den Vorderſaͤtzen und dem Schlußſatze zu verſichern, weil es ohne dieſes ungewiß bliebe, ob nicht mehr als drey Glieder in dem Schluſſe vorkommen, wodurch er fehlerhaft und unzuverlaͤßig ſeyn wuͤrde. Jn der Meßkunſt, wo nur von Groͤßen die Rede iſt, ſind die Vergleichun- gen das einige Mittel, ihre Saͤtze herauszubringen, und mit einander zu verbinden, und die meiſten Eucli- diſchen Grundſaͤtze ſind unmittelbar von dem Begriffe der Gleichheit hergenommen, weil ſie angeben, woran man das Gleiche und das Groͤßere und Kleinere erkennen koͤnne, und wodurch es beybehalten werde. Jn Anſehung der Jdentitaͤt muß eben ſo verfahren werden. §. 126. Den Begriff der Jdentitaͤt haben wir unmittel- bar von den Empfindungen und Gedanken, ſo fern wir dieſe wiederholen. Jch denke A, und denke noch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/126
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/126>, abgerufen am 21.11.2024.