Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht. zeitraubende Vorbildung voraussetzt, so führt er auch nicht überein gewisses niedriges Niveau hinaus; sowie er vorzugsweise phy- sische Kraftleistungen und Ausdauer erfordert, an Kenntnisse und Urtheilskraft dagegen mindere Anforderungen stellt, so verliert sich auch die Qualifikation mit dem höheren Alter; er bildet daher nicht die Laufbahn für das ganze Leben, sondern er ist gewöhnlich nur ein Durchgangsstadium, aus welchem man in andere Lebens- stellungen einzutreten pflegt. Daraus ergiebt sich eine Verschieden- heit in der juristischen Gestaltung des Verhältnisses. Die Personen des höheren und niederen (berufsmäßigen) Mi- II. Das Dienstverhältniß der Offiziere. 1. Die Qualifikation zum Offizier und die Er- 1) Auszugsweise abgedruckt bei v. Helldorff. Dienstvorschriften der
Kgl. Preuß. Armee I. Th. 2. Abth. S. 2. §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. zeitraubende Vorbildung vorausſetzt, ſo führt er auch nicht überein gewiſſes niedriges Niveau hinaus; ſowie er vorzugsweiſe phy- ſiſche Kraftleiſtungen und Ausdauer erfordert, an Kenntniſſe und Urtheilskraft dagegen mindere Anforderungen ſtellt, ſo verliert ſich auch die Qualifikation mit dem höheren Alter; er bildet daher nicht die Laufbahn für das ganze Leben, ſondern er iſt gewöhnlich nur ein Durchgangsſtadium, aus welchem man in andere Lebens- ſtellungen einzutreten pflegt. Daraus ergiebt ſich eine Verſchieden- heit in der juriſtiſchen Geſtaltung des Verhältniſſes. Die Perſonen des höheren und niederen (berufsmäßigen) Mi- II. Das Dienſtverhältniß der Offiziere. 1. Die Qualifikation zum Offizier und die Er- 1) Auszugsweiſe abgedruckt bei v. Helldorff. Dienſtvorſchriften der
Kgl. Preuß. Armee I. Th. 2. Abth. S. 2. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0223" n="213"/><fw place="top" type="header">§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.</fw><lb/> zeitraubende Vorbildung vorausſetzt, ſo führt er auch nicht über<lb/> ein gewiſſes niedriges Niveau hinaus; ſowie er vorzugsweiſe phy-<lb/> ſiſche Kraftleiſtungen und Ausdauer erfordert, an Kenntniſſe und<lb/> Urtheilskraft dagegen mindere Anforderungen ſtellt, ſo verliert ſich<lb/> auch die Qualifikation mit dem höheren Alter; er bildet daher<lb/> nicht die Laufbahn für das ganze Leben, ſondern er iſt gewöhnlich<lb/> nur ein Durchgangsſtadium, aus welchem man in andere Lebens-<lb/> ſtellungen einzutreten pflegt. Daraus ergiebt ſich eine Verſchieden-<lb/> heit in der juriſtiſchen Geſtaltung des Verhältniſſes.</p><lb/> <p>Die Perſonen des höheren und niederen (berufsmäßigen) Mi-<lb/> litairdienſtes kann man kurz einander gegenüberſtellen als Offiziere<lb/> und Unteroffiziere; nur iſt dabei zu beachten, daß auch die Aſpi-<lb/> ranten des höhern Militairdienſtes regelmäßig als ſogen. Portepee-<lb/> Fähnriche reſp. als Seekadetten durch die Unteroffiziersſtellung hin-<lb/> durchgehen müſſen und daß andererſeits den Unteroffizieren die<lb/> Beförderung zu höheren Dienſtſtellungen von Rechtswegen nicht<lb/> verſchloſſen iſt.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Das Dienſtverhältniß der Offiziere</hi>.</head><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Die Qualifikation zum Offizier und die Er-<lb/> gänzung des Offizierkorps</hi>. Die Grundprinzipien über<lb/> die Zulaſſung zu den Offizierſtellen im Heere ſind enthalten in<lb/> der <hi rendition="#g">Kabinets-Ordre v. 6. Auguſt 1808</hi> <note place="foot" n="1)">Auszugsweiſe abgedruckt bei v. <hi rendition="#g">Helldorff</hi>. Dienſtvorſchriften der<lb/> Kgl. Preuß. Armee <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. 2. Abth. S. 2.</note>. Sie ſtellt den<lb/> Grundſatz an die Spitze: „Einen Anſpruch auf Offfzierſtellen ſollen<lb/> von nun an <hi rendition="#g">in Friedenszeiten</hi> nur <hi rendition="#g">Kenntniſſe und Bil-<lb/> dung</hi> gewähren, in <hi rendition="#g">Kriegszeiten</hi> ausgezeichnete <hi rendition="#g">Tapferkeit<lb/> und Ueberblick</hi>. Aus der ganzen Nation können daher alle<lb/> Individuen, die dieſe Eigenſchaften beſitzen, auf die höchſten Ehren-<lb/> ſtellen im Militair Anſpruch machen. Aller bisher ſtattgehabte<lb/> Vorzug des Standes hört beim Militair ganz auf und jeder ohne<lb/> Rückſicht auf ſeine Herkunft hat gleiche Pflichten und gleiche Rechte.“<lb/> Sie erkennt ferner als Vorſtufe für die Offiziersſtellung den Dienſt<lb/> als <hi rendition="#g">Portepeefähnrich</hi> an und ſanktionirt den Grundſatz, daß<lb/> „wenn eine vakante Offizierſtelle beſetzt werden ſoll, dieſelbe durch<lb/><hi rendition="#g">Wahl des Offizier-Korps</hi> aus der Zahl der Portepeefähnriche<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0223]
§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
zeitraubende Vorbildung vorausſetzt, ſo führt er auch nicht über
ein gewiſſes niedriges Niveau hinaus; ſowie er vorzugsweiſe phy-
ſiſche Kraftleiſtungen und Ausdauer erfordert, an Kenntniſſe und
Urtheilskraft dagegen mindere Anforderungen ſtellt, ſo verliert ſich
auch die Qualifikation mit dem höheren Alter; er bildet daher
nicht die Laufbahn für das ganze Leben, ſondern er iſt gewöhnlich
nur ein Durchgangsſtadium, aus welchem man in andere Lebens-
ſtellungen einzutreten pflegt. Daraus ergiebt ſich eine Verſchieden-
heit in der juriſtiſchen Geſtaltung des Verhältniſſes.
Die Perſonen des höheren und niederen (berufsmäßigen) Mi-
litairdienſtes kann man kurz einander gegenüberſtellen als Offiziere
und Unteroffiziere; nur iſt dabei zu beachten, daß auch die Aſpi-
ranten des höhern Militairdienſtes regelmäßig als ſogen. Portepee-
Fähnriche reſp. als Seekadetten durch die Unteroffiziersſtellung hin-
durchgehen müſſen und daß andererſeits den Unteroffizieren die
Beförderung zu höheren Dienſtſtellungen von Rechtswegen nicht
verſchloſſen iſt.
II. Das Dienſtverhältniß der Offiziere.
1. Die Qualifikation zum Offizier und die Er-
gänzung des Offizierkorps. Die Grundprinzipien über
die Zulaſſung zu den Offizierſtellen im Heere ſind enthalten in
der Kabinets-Ordre v. 6. Auguſt 1808 1). Sie ſtellt den
Grundſatz an die Spitze: „Einen Anſpruch auf Offfzierſtellen ſollen
von nun an in Friedenszeiten nur Kenntniſſe und Bil-
dung gewähren, in Kriegszeiten ausgezeichnete Tapferkeit
und Ueberblick. Aus der ganzen Nation können daher alle
Individuen, die dieſe Eigenſchaften beſitzen, auf die höchſten Ehren-
ſtellen im Militair Anſpruch machen. Aller bisher ſtattgehabte
Vorzug des Standes hört beim Militair ganz auf und jeder ohne
Rückſicht auf ſeine Herkunft hat gleiche Pflichten und gleiche Rechte.“
Sie erkennt ferner als Vorſtufe für die Offiziersſtellung den Dienſt
als Portepeefähnrich an und ſanktionirt den Grundſatz, daß
„wenn eine vakante Offizierſtelle beſetzt werden ſoll, dieſelbe durch
Wahl des Offizier-Korps aus der Zahl der Portepeefähnriche
1) Auszugsweiſe abgedruckt bei v. Helldorff. Dienſtvorſchriften der
Kgl. Preuß. Armee I. Th. 2. Abth. S. 2.
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