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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 86. Die Militair-Verwaltung.
Diese Wehrpflichtigen bilden einen weiteren Reserve-Vorrath an
Mannschaften, der erst dann in Anspruch genommen werden soll,
wenn die Landwehr nicht ausreichend zur Landesvertheidigung er-
scheint. "Der Landsturm tritt nur auf Befehl des Bundesfeld-
herrn zusammen, wenn ein feindlicher Einfall Theile des Bundes-
gebietes bedroht oder überzieht" 1). Der Landsturm ist aber kein
ungeregeltes Massenaufgebot, sondern ein organisirter Bestandtheil
der bewaffneten Macht, der als solcher erkennbar gemacht und den
Militairgesetzen und der Disciplinarordnung unterworfen ist 2). Man
kann ihn als eine Landwehr zweiten Aufgebotes charakterisiren.
An einer Friedens-Organisation desselben fehlt es gänzlich; die
Kriegs-Organisation wird vom Kaiser bestimmt 3). Die kaiser-
liche Verordnung, durch welche das Aufgebot des Landsturmes er-
folgt, hat zugleich festzusetzen, in welchem Umfang dies geschieht 4).
Der Umfang kann theils in territorialer Beziehung theils mit
Rücksicht auf gewisse Jahrgänge beschränkt sein 5). Für die Kriegs-
organisation des Landsturms giebt es keine gesetzliche Anord-
nung mit alleiniger Ausnahme der Vorschrift, daß der Landsturm
"in der Regel in besondere Abtheilungen formirt wird" 6). In
Fällen außerordentlichen Bedarfs können die Mannschaften des auf-
gebotenen Landsturms aber auch zur Ergänzung der Landwehr
verwendet werden 7) und hieraus folgt rücksichtlich derjenigen Waffen-
gattungen, für welche auch für die Landwehr die Formirung be-
sonderer Truppenkörper unterbleibt, daß die Landsturmpflichtigen
sogar auch in die Kadres des stehenden Heeres eingereiht werden
können.

§. 86. Die Militair-Verwaltung.

I. Es giebt keine Reichs-Armeeverwaltung, sondern nur vier
Kontingents-Verwaltungen, welche formell von den Einzelstaaten
geführt werden, materiell gemäß den in den §§. 77--82 entwickel-

1) Wehrges. §. 16.
2) Landsturm-Ges. §. 4 u. §. 5 Abs. 1.
3) Milit.Ges. §. 6.
4) Landst.Ges. §. 2.
5) Motive zum Landst.Ges. (Drucks. des Reichst. 1874. II Sess. Nro. 14.)
6) Landst.Ges. §. 5 Abs. 1.
7) ebendas. Abs. 2.

§. 86. Die Militair-Verwaltung.
Dieſe Wehrpflichtigen bilden einen weiteren Reſerve-Vorrath an
Mannſchaften, der erſt dann in Anſpruch genommen werden ſoll,
wenn die Landwehr nicht ausreichend zur Landesvertheidigung er-
ſcheint. „Der Landſturm tritt nur auf Befehl des Bundesfeld-
herrn zuſammen, wenn ein feindlicher Einfall Theile des Bundes-
gebietes bedroht oder überzieht“ 1). Der Landſturm iſt aber kein
ungeregeltes Maſſenaufgebot, ſondern ein organiſirter Beſtandtheil
der bewaffneten Macht, der als ſolcher erkennbar gemacht und den
Militairgeſetzen und der Disciplinarordnung unterworfen iſt 2). Man
kann ihn als eine Landwehr zweiten Aufgebotes charakteriſiren.
An einer Friedens-Organiſation deſſelben fehlt es gänzlich; die
Kriegs-Organiſation wird vom Kaiſer beſtimmt 3). Die kaiſer-
liche Verordnung, durch welche das Aufgebot des Landſturmes er-
folgt, hat zugleich feſtzuſetzen, in welchem Umfang dies geſchieht 4).
Der Umfang kann theils in territorialer Beziehung theils mit
Rückſicht auf gewiſſe Jahrgänge beſchränkt ſein 5). Für die Kriegs-
organiſation des Landſturms giebt es keine geſetzliche Anord-
nung mit alleiniger Ausnahme der Vorſchrift, daß der Landſturm
„in der Regel in beſondere Abtheilungen formirt wird“ 6). In
Fällen außerordentlichen Bedarfs können die Mannſchaften des auf-
gebotenen Landſturms aber auch zur Ergänzung der Landwehr
verwendet werden 7) und hieraus folgt rückſichtlich derjenigen Waffen-
gattungen, für welche auch für die Landwehr die Formirung be-
ſonderer Truppenkörper unterbleibt, daß die Landſturmpflichtigen
ſogar auch in die Kadres des ſtehenden Heeres eingereiht werden
können.

§. 86. Die Militair-Verwaltung.

I. Es giebt keine Reichs-Armeeverwaltung, ſondern nur vier
Kontingents-Verwaltungen, welche formell von den Einzelſtaaten
geführt werden, materiell gemäß den in den §§. 77—82 entwickel-

1) Wehrgeſ. §. 16.
2) Landſturm-Geſ. §. 4 u. §. 5 Abſ. 1.
3) Milit.Geſ. §. 6.
4) Landſt.Geſ. §. 2.
5) Motive zum Landſt.Geſ. (Druckſ. des Reichst. 1874. II Seſſ. Nro. 14.)
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[104/0114] §. 86. Die Militair-Verwaltung. Dieſe Wehrpflichtigen bilden einen weiteren Reſerve-Vorrath an Mannſchaften, der erſt dann in Anſpruch genommen werden ſoll, wenn die Landwehr nicht ausreichend zur Landesvertheidigung er- ſcheint. „Der Landſturm tritt nur auf Befehl des Bundesfeld- herrn zuſammen, wenn ein feindlicher Einfall Theile des Bundes- gebietes bedroht oder überzieht“ 1). Der Landſturm iſt aber kein ungeregeltes Maſſenaufgebot, ſondern ein organiſirter Beſtandtheil der bewaffneten Macht, der als ſolcher erkennbar gemacht und den Militairgeſetzen und der Disciplinarordnung unterworfen iſt 2). Man kann ihn als eine Landwehr zweiten Aufgebotes charakteriſiren. An einer Friedens-Organiſation deſſelben fehlt es gänzlich; die Kriegs-Organiſation wird vom Kaiſer beſtimmt 3). Die kaiſer- liche Verordnung, durch welche das Aufgebot des Landſturmes er- folgt, hat zugleich feſtzuſetzen, in welchem Umfang dies geſchieht 4). Der Umfang kann theils in territorialer Beziehung theils mit Rückſicht auf gewiſſe Jahrgänge beſchränkt ſein 5). Für die Kriegs- organiſation des Landſturms giebt es keine geſetzliche Anord- nung mit alleiniger Ausnahme der Vorſchrift, daß der Landſturm „in der Regel in beſondere Abtheilungen formirt wird“ 6). In Fällen außerordentlichen Bedarfs können die Mannſchaften des auf- gebotenen Landſturms aber auch zur Ergänzung der Landwehr verwendet werden 7) und hieraus folgt rückſichtlich derjenigen Waffen- gattungen, für welche auch für die Landwehr die Formirung be- ſonderer Truppenkörper unterbleibt, daß die Landſturmpflichtigen ſogar auch in die Kadres des ſtehenden Heeres eingereiht werden können. §. 86. Die Militair-Verwaltung. I. Es giebt keine Reichs-Armeeverwaltung, ſondern nur vier Kontingents-Verwaltungen, welche formell von den Einzelſtaaten geführt werden, materiell gemäß den in den §§. 77—82 entwickel- 1) Wehrgeſ. §. 16. 2) Landſturm-Geſ. §. 4 u. §. 5 Abſ. 1. 3) Milit.Geſ. §. 6. 4) Landſt.Geſ. §. 2. 5) Motive zum Landſt.Geſ. (Druckſ. des Reichst. 1874. II Seſſ. Nro. 14.) 6) Landſt.Geſ. §. 5 Abſ. 1. 7) ebendaſ. Abſ. 2.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/114>, abgerufen am 21.11.2024.