Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. amtlichen Handlungen irre zu leiten, demselben erdichtete oder ent-stellte Thatsachen berichtet 1). Für die Gesandten und anderen Missionschefs ist der Reichs- Nicht jeder Ungehorsam eines im Gesandtschafts-Dienste an- 3. Leitung der Thätigkeit. Die oberste Leitung des gesammten diplomatischen Dienstes a) Dem Bundesrath steht keinerlei Mitwirkung zu, weder 1) Reichs-Strafgesetzb. §. 353 a Abs. 2 (Nov. vom 26. Febr. 1876). Vgl. hierzu Meves in Holtzendorff's Handb. d. D. Strafr. IV. S. 346 ff. 2) Vgl. auch R.-G.-Bl. v. 1874 S. 138. III. A. S. 141. Die Behaup- tung von Oppenhoff, Strafgesetzbuch (5. Ausg. 1876) Note 2 zu §. 353 a, daß unter dem Vorgesetzten nur der Chef des Auswärtigen Amtes zu verstehen sei, widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes und ist durch Nichts begründet. 3) wie dies in dem ursprünglichen Regierungs-Entwurf vorgeschlagen
worden war (Drucks. des Reichstages 1875/76 Nro. 54). §. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. amtlichen Handlungen irre zu leiten, demſelben erdichtete oder ent-ſtellte Thatſachen berichtet 1). Für die Geſandten und anderen Miſſionschefs iſt der Reichs- Nicht jeder Ungehorſam eines im Geſandtſchafts-Dienſte an- 3. Leitung der Thätigkeit. Die oberſte Leitung des geſammten diplomatiſchen Dienſtes a) Dem Bundesrath ſteht keinerlei Mitwirkung zu, weder 1) Reichs-Strafgeſetzb. §. 353 a Abſ. 2 (Nov. vom 26. Febr. 1876). Vgl. hierzu Meves in Holtzendorff’s Handb. d. D. Strafr. IV. S. 346 ff. 2) Vgl. auch R.-G.-Bl. v. 1874 S. 138. III. A. S. 141. Die Behaup- tung von Oppenhoff, Strafgeſetzbuch (5. Ausg. 1876) Note 2 zu §. 353 a, daß unter dem Vorgeſetzten nur der Chef des Auswärtigen Amtes zu verſtehen ſei, widerſpricht dem Wortlaut des Geſetzes und iſt durch Nichts begründet. 3) wie dies in dem urſprünglichen Regierungs-Entwurf vorgeſchlagen
worden war (Druckſ. des Reichstages 1875/76 Nro. 54). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0261" n="247"/><fw place="top" type="header">§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.</fw><lb/> amtlichen Handlungen irre zu leiten, demſelben erdichtete oder ent-<lb/> ſtellte Thatſachen berichtet <note place="foot" n="1)">Reichs-Strafgeſetzb. §. 353 <hi rendition="#aq">a</hi> Abſ. 2 (Nov. vom 26. Febr. 1876). Vgl.<lb/> hierzu <hi rendition="#g">Meves</hi> in Holtzendorff’s Handb. d. D. Strafr. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 346 ff.</note>.</p><lb/> <p>Für die Geſandten und anderen Miſſionschefs iſt der Reichs-<lb/> kanzler oder der ihn vertretende Staatsſekretair im Auswärtigen<lb/> Amte der „Vorgeſetzte“, für das übrige Geſandtſchafts-Perſonal<lb/> iſt der Miſſionschef der unmittelbare Vorgeſetzte <note place="foot" n="2)">Vgl. auch R.-G.-Bl. v. 1874 S. 138. <hi rendition="#aq">III. A.</hi> S. 141. Die Behaup-<lb/> tung von <hi rendition="#g">Oppenhoff</hi>, Strafgeſetzbuch (5. Ausg. 1876) Note 2 zu §. 353 <hi rendition="#aq">a</hi>,<lb/> daß unter dem Vorgeſetzten nur der Chef des Auswärtigen Amtes zu verſtehen<lb/> ſei, widerſpricht dem Wortlaut des Geſetzes und iſt durch Nichts begründet.</note>.</p><lb/> <p>Nicht jeder Ungehorſam eines im Geſandtſchafts-Dienſte an-<lb/> geſtellten Beamten fällt unter dieſe Strafſatzung <note place="foot" n="3)">wie dies in dem urſprünglichen Regierungs-Entwurf vorgeſchlagen<lb/> worden war (Druckſ. des Reichstages 1875/76 Nro. 54).</note>, ſondern nur<lb/> die „vorſätzliche Zuwiderhandlung“. Von dem Thatbeſtande des<lb/> Landesverrathes aber unterſcheidet ſich das im §. 353 <hi rendition="#aq">a</hi> normirte<lb/> Vergehen dadurch, daß bei dem Landesverrath die Abſicht erfor-<lb/> derlich iſt, das Wohl des Deutſchen Reiches zu gefährden oder<lb/> ein Staatsgeſchäft zum Nachtheil des Reiches zu führen (R.-St.-<lb/> G.-B. §. 92), während der §. 353 <hi rendition="#aq">a</hi> nur den Vorſatz verlangt,<lb/> dem amtlichen Befehle des Vorgeſetzten zuwider zu handeln, mag<lb/> dies auch vielleicht in der Meinung geſchehen, das Wohl des Rei-<lb/> ches dadurch zu fördern. Der §. 353 <hi rendition="#aq">a</hi> ſichert den „diplomatiſchen<lb/> Gehorſam“ in einer ähnlichen, wenngleich weniger ſtrengen Art,<lb/> wie die Anordnungen des Militair-Strafgeſetzbuches den militäri-<lb/> ſchen Gehorſam ſichern.</p> </div><lb/> <div n="5"> <head>3. <hi rendition="#g">Leitung der Thätigkeit</hi>.</head><lb/> <p>Die oberſte Leitung des geſammten diplomatiſchen Dienſtes<lb/> der Geſandtſchaften ſteht dem <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> ganz ſelbſtſtändig zu. Man<lb/> kann dieſes Recht des Kaiſers als den diplomatiſchen Oberbefehl<lb/> dem ihm gebührenden militairiſchen Oberbefehl an die Seite ſtellen.<lb/> Beide ſind durch Geſetze nicht geregelt, ſondern nach ſeinem per-<lb/> ſönlichen Ermeſſen zu handhaben.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>) Dem <hi rendition="#g">Bundesrath</hi> ſteht keinerlei Mitwirkung zu, weder<lb/> bei der Ernennung und Abberufung von Geſandten noch bei der<lb/> Ertheilung von Inſtruktionen an dieſelben. Namentlich hat der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [247/0261]
§. 70. Die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten.
amtlichen Handlungen irre zu leiten, demſelben erdichtete oder ent-
ſtellte Thatſachen berichtet 1).
Für die Geſandten und anderen Miſſionschefs iſt der Reichs-
kanzler oder der ihn vertretende Staatsſekretair im Auswärtigen
Amte der „Vorgeſetzte“, für das übrige Geſandtſchafts-Perſonal
iſt der Miſſionschef der unmittelbare Vorgeſetzte 2).
Nicht jeder Ungehorſam eines im Geſandtſchafts-Dienſte an-
geſtellten Beamten fällt unter dieſe Strafſatzung 3), ſondern nur
die „vorſätzliche Zuwiderhandlung“. Von dem Thatbeſtande des
Landesverrathes aber unterſcheidet ſich das im §. 353 a normirte
Vergehen dadurch, daß bei dem Landesverrath die Abſicht erfor-
derlich iſt, das Wohl des Deutſchen Reiches zu gefährden oder
ein Staatsgeſchäft zum Nachtheil des Reiches zu führen (R.-St.-
G.-B. §. 92), während der §. 353 a nur den Vorſatz verlangt,
dem amtlichen Befehle des Vorgeſetzten zuwider zu handeln, mag
dies auch vielleicht in der Meinung geſchehen, das Wohl des Rei-
ches dadurch zu fördern. Der §. 353 a ſichert den „diplomatiſchen
Gehorſam“ in einer ähnlichen, wenngleich weniger ſtrengen Art,
wie die Anordnungen des Militair-Strafgeſetzbuches den militäri-
ſchen Gehorſam ſichern.
3. Leitung der Thätigkeit.
Die oberſte Leitung des geſammten diplomatiſchen Dienſtes
der Geſandtſchaften ſteht dem Kaiſer ganz ſelbſtſtändig zu. Man
kann dieſes Recht des Kaiſers als den diplomatiſchen Oberbefehl
dem ihm gebührenden militairiſchen Oberbefehl an die Seite ſtellen.
Beide ſind durch Geſetze nicht geregelt, ſondern nach ſeinem per-
ſönlichen Ermeſſen zu handhaben.
a) Dem Bundesrath ſteht keinerlei Mitwirkung zu, weder
bei der Ernennung und Abberufung von Geſandten noch bei der
Ertheilung von Inſtruktionen an dieſelben. Namentlich hat der
1) Reichs-Strafgeſetzb. §. 353 a Abſ. 2 (Nov. vom 26. Febr. 1876). Vgl.
hierzu Meves in Holtzendorff’s Handb. d. D. Strafr. IV. S. 346 ff.
2) Vgl. auch R.-G.-Bl. v. 1874 S. 138. III. A. S. 141. Die Behaup-
tung von Oppenhoff, Strafgeſetzbuch (5. Ausg. 1876) Note 2 zu §. 353 a,
daß unter dem Vorgeſetzten nur der Chef des Auswärtigen Amtes zu verſtehen
ſei, widerſpricht dem Wortlaut des Geſetzes und iſt durch Nichts begründet.
3) wie dies in dem urſprünglichen Regierungs-Entwurf vorgeſchlagen
worden war (Druckſ. des Reichstages 1875/76 Nro. 54).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |