Feuer, das sich durch Flammen und Rauch verrathen hatte, und zwar kreuzten sich die Bemerkungen über diese beiden Gegenstände.
Ich glaub', der hat 'n Leibschaden unterm Hut, fing einer an.
Schätz' wohl, und unterm Brusttuch deßgleichen, sagte ein Anderer.
Der hat dem Dr-- 'n Ohrfeig' 'geben! versetzte ein Dritter.
Reitet der das Maul spazieren, oder das Maul ihn?
Ja, der reitet sich selber hinein.
Und die Augen sind auch mit ihm durchgegangen.
Ich glaub', die hat's ihm angethan.
Beckin, ich glaub', Euer Dötle kann hexen. Sie gäb' übrigens eine zierliche Sonnenwirthin, heißt das, wenn ihm der Alte, nach Ge¬ stalt der Sachen, die Regierung übergibt.
O, ihr Leut', redet doch nicht so gottlos! sagte die Bäckerin lachend dazwischen.
Der wird ankommen, wie die S-- im Judenhaus.
Er ist und bleibt halt des Sonnenwirths sein Frieder.
Ja, ja! riefen Alle zusammen, und nachdem sie in solchen sprich¬ wörtlichen Redensarten dem "Geist" Luft gemacht hatten, gingen sie heim, um denselben für diesesmal "ruhen zu lassen".
5.
Der trotzigste Bursche in ganz Ebersbach war mit Einem Schlage so umgewandelt, daß ihn sein eigener Vater nicht mehr erkannte. Er zeigte sich demüthig, dienstfertig und zu Allem willig; seine angeborene Gutherzigkeit brach siegreich hervor, wie wenn nach langem Unwetter der Himmel wieder blau erscheint. Sein Vater wurde täglich zufriede¬ ner mit ihm: denn einmal ersparte ihm Friedrich ein paar Knechte, so fleißig und anstellig war er jetzt; dann that er der Kundschaft sichtlichen Vorschub, sowohl in der Metzig, wo der weibliche Theil des Fleckens die Fleischeinkäufe am liebsten bei ihm besorgte, als auch in der Schenke, wo seine heitere Laune an die Gäste, während er
Feuer, das ſich durch Flammen und Rauch verrathen hatte, und zwar kreuzten ſich die Bemerkungen über dieſe beiden Gegenſtände.
Ich glaub', der hat 'n Leibſchaden unterm Hut, fing einer an.
Schätz' wohl, und unterm Bruſttuch deßgleichen, ſagte ein Anderer.
Der hat dem Dr— 'n Ohrfeig' 'geben! verſetzte ein Dritter.
Reitet der das Maul ſpazieren, oder das Maul ihn?
Ja, der reitet ſich ſelber hinein.
Und die Augen ſind auch mit ihm durchgegangen.
Ich glaub', die hat's ihm angethan.
Beckin, ich glaub', Euer Dötle kann hexen. Sie gäb' übrigens eine zierliche Sonnenwirthin, heißt das, wenn ihm der Alte, nach Ge¬ ſtalt der Sachen, die Regierung übergibt.
O, ihr Leut', redet doch nicht ſo gottlos! ſagte die Bäckerin lachend dazwiſchen.
Der wird ankommen, wie die S— im Judenhaus.
Er iſt und bleibt halt des Sonnenwirths ſein Frieder.
Ja, ja! riefen Alle zuſammen, und nachdem ſie in ſolchen ſprich¬ wörtlichen Redensarten dem „Geiſt“ Luft gemacht hatten, gingen ſie heim, um denſelben für dieſesmal „ruhen zu laſſen“.
5.
Der trotzigſte Burſche in ganz Ebersbach war mit Einem Schlage ſo umgewandelt, daß ihn ſein eigener Vater nicht mehr erkannte. Er zeigte ſich demüthig, dienſtfertig und zu Allem willig; ſeine angeborene Gutherzigkeit brach ſiegreich hervor, wie wenn nach langem Unwetter der Himmel wieder blau erſcheint. Sein Vater wurde täglich zufriede¬ ner mit ihm: denn einmal erſparte ihm Friedrich ein paar Knechte, ſo fleißig und anſtellig war er jetzt; dann that er der Kundſchaft ſichtlichen Vorſchub, ſowohl in der Metzig, wo der weibliche Theil des Fleckens die Fleiſcheinkäufe am liebſten bei ihm beſorgte, als auch in der Schenke, wo ſeine heitere Laune an die Gäſte, während er
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbn="66"facs="#f0082"/>
Feuer, das ſich durch Flammen und Rauch verrathen hatte, und zwar<lb/>
kreuzten ſich die Bemerkungen über dieſe beiden Gegenſtände.</p><lb/><p>Ich glaub', der hat 'n Leibſchaden unterm Hut, fing einer an.</p><lb/><p>Schätz' wohl, und unterm Bruſttuch deßgleichen, ſagte ein<lb/>
Anderer.</p><lb/><p>Der hat dem Dr— 'n Ohrfeig' 'geben! verſetzte ein Dritter.</p><lb/><p>Reitet der das Maul ſpazieren, oder das Maul <hirendition="#g">ihn</hi>?</p><lb/><p>Ja, der reitet ſich ſelber hinein.</p><lb/><p>Und die Augen ſind auch mit ihm durchgegangen.</p><lb/><p>Ich glaub', die hat's ihm angethan.</p><lb/><p>Beckin, ich glaub', Euer Dötle kann hexen. Sie gäb' übrigens<lb/>
eine zierliche Sonnenwirthin, heißt das, wenn ihm der Alte, nach Ge¬<lb/>ſtalt der Sachen, die Regierung übergibt.</p><lb/><p>O, ihr Leut', redet doch nicht ſo gottlos! ſagte die Bäckerin<lb/>
lachend dazwiſchen.</p><lb/><p>Der wird ankommen, wie die S— im Judenhaus.</p><lb/><p>Er iſt und bleibt halt des Sonnenwirths ſein Frieder.</p><lb/><p>Ja, ja! riefen Alle zuſammen, und nachdem ſie in ſolchen ſprich¬<lb/>
wörtlichen Redensarten dem „Geiſt“ Luft gemacht hatten, gingen ſie<lb/>
heim, um denſelben für dieſesmal „ruhen zu laſſen“.</p><lb/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/></div><divn="1"><head>5.<lb/></head><p>Der trotzigſte Burſche in ganz Ebersbach war mit Einem Schlage<lb/>ſo umgewandelt, daß ihn ſein eigener Vater nicht mehr erkannte. Er<lb/>
zeigte ſich demüthig, dienſtfertig und zu Allem willig; ſeine angeborene<lb/>
Gutherzigkeit brach ſiegreich hervor, wie wenn nach langem Unwetter<lb/>
der Himmel wieder blau erſcheint. Sein Vater wurde täglich zufriede¬<lb/>
ner mit ihm: denn einmal erſparte ihm Friedrich ein paar Knechte,<lb/>ſo fleißig und anſtellig war er jetzt; dann that er der Kundſchaft<lb/>ſichtlichen Vorſchub, ſowohl in der Metzig, wo der weibliche Theil<lb/>
des Fleckens die Fleiſcheinkäufe am liebſten bei ihm beſorgte, als auch<lb/>
in der Schenke, wo ſeine heitere Laune an die Gäſte, während er<lb/></p></div></body></text></TEI>
[66/0082]
Feuer, das ſich durch Flammen und Rauch verrathen hatte, und zwar
kreuzten ſich die Bemerkungen über dieſe beiden Gegenſtände.
Ich glaub', der hat 'n Leibſchaden unterm Hut, fing einer an.
Schätz' wohl, und unterm Bruſttuch deßgleichen, ſagte ein
Anderer.
Der hat dem Dr— 'n Ohrfeig' 'geben! verſetzte ein Dritter.
Reitet der das Maul ſpazieren, oder das Maul ihn?
Ja, der reitet ſich ſelber hinein.
Und die Augen ſind auch mit ihm durchgegangen.
Ich glaub', die hat's ihm angethan.
Beckin, ich glaub', Euer Dötle kann hexen. Sie gäb' übrigens
eine zierliche Sonnenwirthin, heißt das, wenn ihm der Alte, nach Ge¬
ſtalt der Sachen, die Regierung übergibt.
O, ihr Leut', redet doch nicht ſo gottlos! ſagte die Bäckerin
lachend dazwiſchen.
Der wird ankommen, wie die S— im Judenhaus.
Er iſt und bleibt halt des Sonnenwirths ſein Frieder.
Ja, ja! riefen Alle zuſammen, und nachdem ſie in ſolchen ſprich¬
wörtlichen Redensarten dem „Geiſt“ Luft gemacht hatten, gingen ſie
heim, um denſelben für dieſesmal „ruhen zu laſſen“.
5.
Der trotzigſte Burſche in ganz Ebersbach war mit Einem Schlage
ſo umgewandelt, daß ihn ſein eigener Vater nicht mehr erkannte. Er
zeigte ſich demüthig, dienſtfertig und zu Allem willig; ſeine angeborene
Gutherzigkeit brach ſiegreich hervor, wie wenn nach langem Unwetter
der Himmel wieder blau erſcheint. Sein Vater wurde täglich zufriede¬
ner mit ihm: denn einmal erſparte ihm Friedrich ein paar Knechte,
ſo fleißig und anſtellig war er jetzt; dann that er der Kundſchaft
ſichtlichen Vorſchub, ſowohl in der Metzig, wo der weibliche Theil
des Fleckens die Fleiſcheinkäufe am liebſten bei ihm beſorgte, als auch
in der Schenke, wo ſeine heitere Laune an die Gäſte, während er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/82>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.