Meines Erachtens wird zu dem täglichen Umdrehen der Erde um ihre Achse weiter nichts erfordert, als daß sie nur einmal einen Stoß bekommen hat, dadurch ihr diese Bewegung mitgetheilt worden ist. Keiner, welcher die Hervorbringung der Welt einem allmächtigen Wesen zuschreibt, wird die Möglichkeit dieser ersten Bewegung in Zweifel ziehen. Ein Atheist aber behauptet, daß diese Bewegung nothwendig und ewig sey. Last uns also se- tzen: die Erde habe einmal bey dem Ursprunge der Din- ge oder auch nach der Zeit einen Stoß an ihre Oberfläche bekommen: so sage ich, wenn sie einmal dergleichen er- halten hat, so muß sie ihre Bewegung entweder in Ewigkeit, oder doch auf undenkliche Zeiten behalten kön- nen. Jhr Umdrehen würde ohne Ende fortdauren, wenn gar keine Materie vorhanden wäre, welche ihrer Bewe- gung widerstünde, und daran sie sich reiben könnte. Denn dieses erfordert das erste Gesetze der Bewegung, vermöge welches ein jeder Körper in der einmal angefangenen Be- wegung verharret, wenn nicht eine Kraft vorhanden ist, die diese Bewegung zu vermindern oder völlig aufzuhe- ben vermag, auf undenkliche Zeiten aber muß die Be- wegung fortdauren, wenn der Widerstand in Ansehung der Kraft des bewegten Körpers unendlich klein ist. Nun können wir zwar nicht sagen, daß sich die Erde an gar keinen Körper reiben sollte, wenn sie sich um die Achse herumdrehet. Nein, ihre Atmosphäre reibt sich an der Himmelsluft und denen Sonnenstrahlen. Wer sieht aber nicht, daß dieses Reiben an einer sehr subtilen Ma- terie bey nahe so viel als nichts sey. Ja man möchte fast sagen, es wäre vollkommen nichts, wenn man die Gewalt bedenkt, mit welcher sich ein Köryer wie die Erde, ein Körper dessen Jnhalt 2662560000. Cubickmeilen sind bewegt, wenn er sich in vier und zwanzig Stunden um seine Achse herumdrehet. Jn Wahrheit, hier verschwin-
det
in den alleraͤlteſten Zeiten.
§. 95.
Meines Erachtens wird zu dem taͤglichen Umdrehen der Erde um ihre Achſe weiter nichts erfordert, als daß ſie nur einmal einen Stoß bekommen hat, dadurch ihr dieſe Bewegung mitgetheilt worden iſt. Keiner, welcher die Hervorbringung der Welt einem allmaͤchtigen Weſen zuſchreibt, wird die Moͤglichkeit dieſer erſten Bewegung in Zweifel ziehen. Ein Atheiſt aber behauptet, daß dieſe Bewegung nothwendig und ewig ſey. Laſt uns alſo ſe- tzen: die Erde habe einmal bey dem Urſprunge der Din- ge oder auch nach der Zeit einen Stoß an ihre Oberflaͤche bekommen: ſo ſage ich, wenn ſie einmal dergleichen er- halten hat, ſo muß ſie ihre Bewegung entweder in Ewigkeit, oder doch auf undenkliche Zeiten behalten koͤn- nen. Jhr Umdrehen wuͤrde ohne Ende fortdauren, wenn gar keine Materie vorhanden waͤre, welche ihrer Bewe- gung widerſtuͤnde, und daran ſie ſich reiben koͤnnte. Denn dieſes erfordert das erſte Geſetze der Bewegung, vermoͤge welches ein jeder Koͤrper in der einmal angefangenen Be- wegung verharret, wenn nicht eine Kraft vorhanden iſt, die dieſe Bewegung zu vermindern oder voͤllig aufzuhe- ben vermag, auf undenkliche Zeiten aber muß die Be- wegung fortdauren, wenn der Widerſtand in Anſehung der Kraft des bewegten Koͤrpers unendlich klein iſt. Nun koͤnnen wir zwar nicht ſagen, daß ſich die Erde an gar keinen Koͤrper reiben ſollte, wenn ſie ſich um die Achſe herumdrehet. Nein, ihre Atmoſphaͤre reibt ſich an der Himmelsluft und denen Sonnenſtrahlen. Wer ſieht aber nicht, daß dieſes Reiben an einer ſehr ſubtilen Ma- terie bey nahe ſo viel als nichts ſey. Ja man moͤchte faſt ſagen, es waͤre vollkommen nichts, wenn man die Gewalt bedenkt, mit welcher ſich ein Koͤryer wie die Erde, ein Koͤrper deſſen Jnhalt 2662560000. Cubickmeilen ſind bewegt, wenn er ſich in vier und zwanzig Stunden um ſeine Achſe herumdrehet. Jn Wahrheit, hier verſchwin-
det
<TEI><text><body><pbfacs="#f0185"n="171"/><fwplace="top"type="header">in den alleraͤlteſten Zeiten.</fw><lb/><divn="1"><head>§. 95.</head><lb/><p>Meines Erachtens wird zu dem taͤglichen Umdrehen<lb/>
der Erde um ihre Achſe weiter nichts erfordert, als daß<lb/>ſie nur einmal einen Stoß bekommen hat, dadurch ihr<lb/>
dieſe Bewegung mitgetheilt worden iſt. Keiner, welcher<lb/>
die Hervorbringung der Welt einem allmaͤchtigen Weſen<lb/>
zuſchreibt, wird die Moͤglichkeit dieſer erſten Bewegung<lb/>
in Zweifel ziehen. Ein <hirendition="#fr">Atheiſt</hi> aber behauptet, daß dieſe<lb/>
Bewegung nothwendig und ewig ſey. Laſt uns alſo ſe-<lb/>
tzen: die Erde habe einmal bey dem Urſprunge der Din-<lb/>
ge oder auch nach der Zeit einen Stoß an ihre Oberflaͤche<lb/>
bekommen: ſo ſage ich, wenn ſie einmal dergleichen er-<lb/>
halten hat, ſo muß ſie ihre Bewegung entweder in<lb/>
Ewigkeit, oder doch auf undenkliche Zeiten behalten koͤn-<lb/>
nen. Jhr Umdrehen wuͤrde ohne Ende fortdauren, wenn<lb/>
gar keine Materie vorhanden waͤre, welche ihrer Bewe-<lb/>
gung widerſtuͤnde, und daran ſie ſich reiben koͤnnte. Denn<lb/>
dieſes erfordert das erſte Geſetze der Bewegung, vermoͤge<lb/>
welches ein jeder Koͤrper in der einmal angefangenen Be-<lb/>
wegung verharret, wenn nicht eine Kraft vorhanden iſt,<lb/>
die dieſe Bewegung zu vermindern oder voͤllig aufzuhe-<lb/>
ben vermag, auf undenkliche Zeiten aber muß die Be-<lb/>
wegung fortdauren, wenn der Widerſtand in Anſehung<lb/>
der Kraft des bewegten Koͤrpers unendlich klein iſt. Nun<lb/>
koͤnnen wir zwar nicht ſagen, daß ſich die Erde an gar<lb/>
keinen Koͤrper reiben ſollte, wenn ſie ſich um die Achſe<lb/>
herumdrehet. Nein, ihre <hirendition="#fr">Atmoſphaͤre</hi> reibt ſich an<lb/>
der Himmelsluft und denen Sonnenſtrahlen. Wer ſieht<lb/>
aber nicht, daß dieſes Reiben an einer ſehr ſubtilen Ma-<lb/>
terie bey nahe ſo viel als nichts ſey. Ja man moͤchte<lb/>
faſt ſagen, es waͤre vollkommen nichts, wenn man die<lb/>
Gewalt bedenkt, mit welcher ſich ein Koͤryer wie die Erde,<lb/>
ein Koͤrper deſſen Jnhalt 2662560000. Cubickmeilen ſind<lb/>
bewegt, wenn er ſich in vier und zwanzig Stunden um<lb/>ſeine Achſe herumdrehet. Jn Wahrheit, hier verſchwin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">det</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[171/0185]
in den alleraͤlteſten Zeiten.
§. 95.
Meines Erachtens wird zu dem taͤglichen Umdrehen
der Erde um ihre Achſe weiter nichts erfordert, als daß
ſie nur einmal einen Stoß bekommen hat, dadurch ihr
dieſe Bewegung mitgetheilt worden iſt. Keiner, welcher
die Hervorbringung der Welt einem allmaͤchtigen Weſen
zuſchreibt, wird die Moͤglichkeit dieſer erſten Bewegung
in Zweifel ziehen. Ein Atheiſt aber behauptet, daß dieſe
Bewegung nothwendig und ewig ſey. Laſt uns alſo ſe-
tzen: die Erde habe einmal bey dem Urſprunge der Din-
ge oder auch nach der Zeit einen Stoß an ihre Oberflaͤche
bekommen: ſo ſage ich, wenn ſie einmal dergleichen er-
halten hat, ſo muß ſie ihre Bewegung entweder in
Ewigkeit, oder doch auf undenkliche Zeiten behalten koͤn-
nen. Jhr Umdrehen wuͤrde ohne Ende fortdauren, wenn
gar keine Materie vorhanden waͤre, welche ihrer Bewe-
gung widerſtuͤnde, und daran ſie ſich reiben koͤnnte. Denn
dieſes erfordert das erſte Geſetze der Bewegung, vermoͤge
welches ein jeder Koͤrper in der einmal angefangenen Be-
wegung verharret, wenn nicht eine Kraft vorhanden iſt,
die dieſe Bewegung zu vermindern oder voͤllig aufzuhe-
ben vermag, auf undenkliche Zeiten aber muß die Be-
wegung fortdauren, wenn der Widerſtand in Anſehung
der Kraft des bewegten Koͤrpers unendlich klein iſt. Nun
koͤnnen wir zwar nicht ſagen, daß ſich die Erde an gar
keinen Koͤrper reiben ſollte, wenn ſie ſich um die Achſe
herumdrehet. Nein, ihre Atmoſphaͤre reibt ſich an
der Himmelsluft und denen Sonnenſtrahlen. Wer ſieht
aber nicht, daß dieſes Reiben an einer ſehr ſubtilen Ma-
terie bey nahe ſo viel als nichts ſey. Ja man moͤchte
faſt ſagen, es waͤre vollkommen nichts, wenn man die
Gewalt bedenkt, mit welcher ſich ein Koͤryer wie die Erde,
ein Koͤrper deſſen Jnhalt 2662560000. Cubickmeilen ſind
bewegt, wenn er ſich in vier und zwanzig Stunden um
ſeine Achſe herumdrehet. Jn Wahrheit, hier verſchwin-
det
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/185>, abgerufen am 24.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.