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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Züchtung.
II.
Die Züchtung.

Die verschiedenen Thierarten werden durch die Paarung fortgepflanzt1). Die
weitere Entwickelung des Thieres hängt jedoch nicht nur von der Beschaffenheit der
Elternthiere, welche zur Fortpflanzung verwendet werden, sondern auch von
außerhalb des Thieres liegenden äußeren Einflüssen ab. Letztere können entweder natür-
liche oder künstlich geschaffene sein; beide nehmen auf die Fortentwickelung des Thieres,
auf seine Aufzucht, bestimmenden Einfluß.

1. Die Fortpflanzung.

Ueber die Verwendung der Thiere zur Fortpflanzung entscheidet die genaue
Erwägung des Züchtungszweckes. Letzterer führt zur richtigen Wahl unter den ver-
schiedenen Thieren einer Art und unter den verschiedenen Thierindividuen. Mit Be-
ziehung auf jene ist der Begriff der Race und mit Beziehung auf diese die Methode
der Züchtung zu erörtern. Weiterhin sind die ausgewählten Thiere zu paaren und
schließlich das Resultat der Paarung, welches in der Vererbung zum Ausdrucke
gelangt, zu beobachten. Bei der Entstehung eines Thieres sind daher zu beachten:
1. der Züchtungszweck, 2. der Racebegriff, 3. die Zuchtmethode, 4. die Zeugung
und Vererbung, und 5. das Exterieur.

1. Der Züchtungszweck.

Unter Züchtung hat man nach Settegast2) "die von Grundsätzen ausgehende
und sich der Ziele bewußte Paarung der Hausthiere zu verstehen. Sie hat den
Zweck, von den vorhandenen Zuchtthieren eine möglichst zahlreiche, kräftige und gesunde
Nachkommenschaft -- Nachzucht -- zu gewinnen, in welcher die Vorzüge der Eltern
thunlichst conservirt, deren etwaige Fehler und Mängel dagegen verdrängt sind." Sie
bezweckt daher die Heranbildung von Thieren, welche entweder für bestimmte, zeit-
gemäße Verhältnisse die größte Verwerthung versprechen, oder überhaupt die höchste
Leistungsfähigkeit, abgesehen von dem wirthschaftlichen Erfolge, erwarten lassen. Im
ersteren Falle handelt es sich vornehmlich um die einseitige Steigerung gewisser
Nutzungseigenschaften, während im letzteren Falle auch die Schönheit und Harmonie
der Form meist unabhängig von dem augenblicklichen Vortheile in Berücksichtigung zu
ziehen sind. Gewöhnlich werden beide Richtungen eingehalten, sehr häufig jene bei

1) Zu eingehenderen Studien über die Züchtungslehre empfehlen sich: H. Settegast,
Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872; H. v. Nathusius (Hundisburg), Vorträge über
Viehzucht und Racenkenntniß, 1. Theil, Allgemeines, Berlin 1872.
2) H. Settegast, Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872, S. 303.
Die Züchtung.
II.
Die Züchtung.

Die verſchiedenen Thierarten werden durch die Paarung fortgepflanzt1). Die
weitere Entwickelung des Thieres hängt jedoch nicht nur von der Beſchaffenheit der
Elternthiere, welche zur Fortpflanzung verwendet werden, ſondern auch von
außerhalb des Thieres liegenden äußeren Einflüſſen ab. Letztere können entweder natür-
liche oder künſtlich geſchaffene ſein; beide nehmen auf die Fortentwickelung des Thieres,
auf ſeine Aufzucht, beſtimmenden Einfluß.

1. Die Fortpflanzung.

Ueber die Verwendung der Thiere zur Fortpflanzung entſcheidet die genaue
Erwägung des Züchtungszweckes. Letzterer führt zur richtigen Wahl unter den ver-
ſchiedenen Thieren einer Art und unter den verſchiedenen Thierindividuen. Mit Be-
ziehung auf jene iſt der Begriff der Race und mit Beziehung auf dieſe die Methode
der Züchtung zu erörtern. Weiterhin ſind die ausgewählten Thiere zu paaren und
ſchließlich das Reſultat der Paarung, welches in der Vererbung zum Ausdrucke
gelangt, zu beobachten. Bei der Entſtehung eines Thieres ſind daher zu beachten:
1. der Züchtungszweck, 2. der Racebegriff, 3. die Zuchtmethode, 4. die Zeugung
und Vererbung, und 5. das Exterieur.

1. Der Züchtungszweck.

Unter Züchtung hat man nach Settegaſt2) „die von Grundſätzen ausgehende
und ſich der Ziele bewußte Paarung der Hausthiere zu verſtehen. Sie hat den
Zweck, von den vorhandenen Zuchtthieren eine möglichſt zahlreiche, kräftige und geſunde
Nachkommenſchaft — Nachzucht — zu gewinnen, in welcher die Vorzüge der Eltern
thunlichſt conſervirt, deren etwaige Fehler und Mängel dagegen verdrängt ſind.“ Sie
bezweckt daher die Heranbildung von Thieren, welche entweder für beſtimmte, zeit-
gemäße Verhältniſſe die größte Verwerthung verſprechen, oder überhaupt die höchſte
Leiſtungsfähigkeit, abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Erfolge, erwarten laſſen. Im
erſteren Falle handelt es ſich vornehmlich um die einſeitige Steigerung gewiſſer
Nutzungseigenſchaften, während im letzteren Falle auch die Schönheit und Harmonie
der Form meiſt unabhängig von dem augenblicklichen Vortheile in Berückſichtigung zu
ziehen ſind. Gewöhnlich werden beide Richtungen eingehalten, ſehr häufig jene bei

1) Zu eingehenderen Studien über die Züchtungslehre empfehlen ſich: H. Settegaſt,
Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872; H. v. Nathuſius (Hundisburg), Vorträge über
Viehzucht und Racenkenntniß, 1. Theil, Allgemeines, Berlin 1872.
2) H. Settegaſt, Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872, S. 303.
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[29/0045] Die Züchtung. II. Die Züchtung. Die verſchiedenen Thierarten werden durch die Paarung fortgepflanzt 1). Die weitere Entwickelung des Thieres hängt jedoch nicht nur von der Beſchaffenheit der Elternthiere, welche zur Fortpflanzung verwendet werden, ſondern auch von außerhalb des Thieres liegenden äußeren Einflüſſen ab. Letztere können entweder natür- liche oder künſtlich geſchaffene ſein; beide nehmen auf die Fortentwickelung des Thieres, auf ſeine Aufzucht, beſtimmenden Einfluß. 1. Die Fortpflanzung. Ueber die Verwendung der Thiere zur Fortpflanzung entſcheidet die genaue Erwägung des Züchtungszweckes. Letzterer führt zur richtigen Wahl unter den ver- ſchiedenen Thieren einer Art und unter den verſchiedenen Thierindividuen. Mit Be- ziehung auf jene iſt der Begriff der Race und mit Beziehung auf dieſe die Methode der Züchtung zu erörtern. Weiterhin ſind die ausgewählten Thiere zu paaren und ſchließlich das Reſultat der Paarung, welches in der Vererbung zum Ausdrucke gelangt, zu beobachten. Bei der Entſtehung eines Thieres ſind daher zu beachten: 1. der Züchtungszweck, 2. der Racebegriff, 3. die Zuchtmethode, 4. die Zeugung und Vererbung, und 5. das Exterieur. 1. Der Züchtungszweck. Unter Züchtung hat man nach Settegaſt 2) „die von Grundſätzen ausgehende und ſich der Ziele bewußte Paarung der Hausthiere zu verſtehen. Sie hat den Zweck, von den vorhandenen Zuchtthieren eine möglichſt zahlreiche, kräftige und geſunde Nachkommenſchaft — Nachzucht — zu gewinnen, in welcher die Vorzüge der Eltern thunlichſt conſervirt, deren etwaige Fehler und Mängel dagegen verdrängt ſind.“ Sie bezweckt daher die Heranbildung von Thieren, welche entweder für beſtimmte, zeit- gemäße Verhältniſſe die größte Verwerthung verſprechen, oder überhaupt die höchſte Leiſtungsfähigkeit, abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Erfolge, erwarten laſſen. Im erſteren Falle handelt es ſich vornehmlich um die einſeitige Steigerung gewiſſer Nutzungseigenſchaften, während im letzteren Falle auch die Schönheit und Harmonie der Form meiſt unabhängig von dem augenblicklichen Vortheile in Berückſichtigung zu ziehen ſind. Gewöhnlich werden beide Richtungen eingehalten, ſehr häufig jene bei 1) Zu eingehenderen Studien über die Züchtungslehre empfehlen ſich: H. Settegaſt, Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872; H. v. Nathuſius (Hundisburg), Vorträge über Viehzucht und Racenkenntniß, 1. Theil, Allgemeines, Berlin 1872. 2) H. Settegaſt, Die Thierzucht, 3. Aufl., Breslau 1872, S. 303.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/45>, abgerufen am 20.11.2024.