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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Fischzucht.
Abwachsteich) eingesetzt. Außer der Karpfenbesatzung gibt man in die Hauptteiche
als Nebenbesatzung ungefähr auf je 10 Schock Karpfen 1 Schock Hechte und auf je
20 Schock Karpfen 1 Schock Schill, um den Teich von Fischbrut der verschiedensten
Arten rein zu halten, welche, selbst ohne Werth, nur den Hauptkarpfen die Nahrung
wegnehmen würden. In den Hauptteichen werden die Fische durch einen, zwei oder
drei Sommer (Hitzen) belassen, bis sie mit mindestens 1 Kilogr., gewöhnlich mit
1.3--2 Kilogr. und darüber als "wagbare Fische" zum Verkaufe gebracht werden
können. 1 Hektar Hauptteich gibt in 3 Jahren durchschnittlich 120--180 Stück
a 1.5 Kilogr., d. i. 180--270 Kilogr. Fische oder per Jahr 60--90 Kilogr., per
Joch und Jahr der Gesammtteichfläche (Haupt- und Zuchtteiche) 36--54 Kilogr.

Nach dem Abfischen, welches meist im Herbste in der zweiten Hälfte des Octo-
bers vorgenommen wird, bleiben die Hauptteiche, bevor sie neuerdings bespannt werden,
durch ein oder zwei Jahre trocken und werden zur Heugewinnung oder zum Hafer-
anbau, zur Sämmerung, verwendet. Die Sämmerung oder Teichbrache liefert,
abgesehen von den Hafer- und Heuerträgen, durch die zurückbleibenden Pflanzentheile
für die nachfolgende Fischbesatzung einen werthvollen Nahrungszufluß. Zur Sicherung
der Erträge der eingebauten Früchte, vorzugsweise Hafer, aber auch Buchweizen,
Futterpflanzen, Hanf etc., vor plötzlich hereinbrechenden Ueberschwemmungen werden
rings um den Teichrand, wie schon S. 309 erwähnt, Gräben mit entsprechenden
Querprofilen gezogen, welche den unzeitgemäßen Wasserzufluß möglichst gefahrlos abzu-
führen haben. Nicht zu übersehen ist jedoch, daß bei den Teichsämmerungen durch das
Trockenstehen der Rechen und der hölzernen Ablaßvorrichtungen die Abnutzung dieser
Wasserwerke eine bedeutendere wird und die Anlage der Schutz- und Entwässerungs-
gräben erhebliche Kosten verursacht.

3. Die künstliche Fischzucht.

Der natürliche Vorgang bei der Fortpflanzung der Fische ist mancherlei Stö-
rungen unterworfen. Es ist schon fraglich, ob jedes Ei von Samenfäden befruchtet
wird. Der ausgeschlüpften Brut droht die Freßgier der eigenen Eltern und zahlreicher
anderer Fischfeinde als der Raubfische, Wasserkäfer, Flohkrebse, Wasserspitzmäuse, Gänse,
Enten etc. Weitere Verwüstungen richtet die Schifffahrt, besonders die Dampfschiff-
fahrt an. In Folge dieser zahlreichen Gefahren tritt eine stetig weiter gehende
Entvölkerung der Gewässer ein. Um derselben nach Thunlichkeit Einhalt zu thun,
wird in neuerer Zeit der künstlichen Fischzucht erhöhte Beachtung geschenkt. Bei
derselben handelt es sich nicht nur um die künstliche Befruchtung, sondern auch um
die künstliche Bebrütung und Aufzucht der Fische.

Die künstliche Befruchtung und somit auch die künstliche Fischzucht be-
schränkt sich jedoch nur auf jene Fische, welche, wie die Salmoniden, freie Eier legen,
die zu ihrer Bebrütung fließendes Wasser erfordern. Es gelingt zwar auch zu-
sammenhängende Eier von Fischen, welche wie die Karpfen in stehenden Wässern
laichen, künstlich zu befruchten, der Erfolg ist jedoch derart unsicher, daß die natür-
liche Fortpflanzung in Brutteichen immer noch vortheilhafter bleibt.

Die Fiſchzucht.
Abwachsteich) eingeſetzt. Außer der Karpfenbeſatzung gibt man in die Hauptteiche
als Nebenbeſatzung ungefähr auf je 10 Schock Karpfen 1 Schock Hechte und auf je
20 Schock Karpfen 1 Schock Schill, um den Teich von Fiſchbrut der verſchiedenſten
Arten rein zu halten, welche, ſelbſt ohne Werth, nur den Hauptkarpfen die Nahrung
wegnehmen würden. In den Hauptteichen werden die Fiſche durch einen, zwei oder
drei Sommer (Hitzen) belaſſen, bis ſie mit mindeſtens 1 Kilogr., gewöhnlich mit
1.3—2 Kilogr. und darüber als „wagbare Fiſche“ zum Verkaufe gebracht werden
können. 1 Hektar Hauptteich gibt in 3 Jahren durchſchnittlich 120—180 Stück
à 1.5 Kilogr., d. i. 180—270 Kilogr. Fiſche oder per Jahr 60—90 Kilogr., per
Joch und Jahr der Geſammtteichfläche (Haupt- und Zuchtteiche) 36—54 Kilogr.

Nach dem Abfiſchen, welches meiſt im Herbſte in der zweiten Hälfte des Octo-
bers vorgenommen wird, bleiben die Hauptteiche, bevor ſie neuerdings beſpannt werden,
durch ein oder zwei Jahre trocken und werden zur Heugewinnung oder zum Hafer-
anbau, zur Sämmerung, verwendet. Die Sämmerung oder Teichbrache liefert,
abgeſehen von den Hafer- und Heuerträgen, durch die zurückbleibenden Pflanzentheile
für die nachfolgende Fiſchbeſatzung einen werthvollen Nahrungszufluß. Zur Sicherung
der Erträge der eingebauten Früchte, vorzugsweiſe Hafer, aber auch Buchweizen,
Futterpflanzen, Hanf ꝛc., vor plötzlich hereinbrechenden Ueberſchwemmungen werden
rings um den Teichrand, wie ſchon S. 309 erwähnt, Gräben mit entſprechenden
Querprofilen gezogen, welche den unzeitgemäßen Waſſerzufluß möglichſt gefahrlos abzu-
führen haben. Nicht zu überſehen iſt jedoch, daß bei den Teichſämmerungen durch das
Trockenſtehen der Rechen und der hölzernen Ablaßvorrichtungen die Abnutzung dieſer
Waſſerwerke eine bedeutendere wird und die Anlage der Schutz- und Entwäſſerungs-
gräben erhebliche Koſten verurſacht.

3. Die künſtliche Fiſchzucht.

Der natürliche Vorgang bei der Fortpflanzung der Fiſche iſt mancherlei Stö-
rungen unterworfen. Es iſt ſchon fraglich, ob jedes Ei von Samenfäden befruchtet
wird. Der ausgeſchlüpften Brut droht die Freßgier der eigenen Eltern und zahlreicher
anderer Fiſchfeinde als der Raubfiſche, Waſſerkäfer, Flohkrebſe, Waſſerſpitzmäuſe, Gänſe,
Enten ꝛc. Weitere Verwüſtungen richtet die Schifffahrt, beſonders die Dampfſchiff-
fahrt an. In Folge dieſer zahlreichen Gefahren tritt eine ſtetig weiter gehende
Entvölkerung der Gewäſſer ein. Um derſelben nach Thunlichkeit Einhalt zu thun,
wird in neuerer Zeit der künſtlichen Fiſchzucht erhöhte Beachtung geſchenkt. Bei
derſelben handelt es ſich nicht nur um die künſtliche Befruchtung, ſondern auch um
die künſtliche Bebrütung und Aufzucht der Fiſche.

Die künſtliche Befruchtung und ſomit auch die künſtliche Fiſchzucht be-
ſchränkt ſich jedoch nur auf jene Fiſche, welche, wie die Salmoniden, freie Eier legen,
die zu ihrer Bebrütung fließendes Waſſer erfordern. Es gelingt zwar auch zu-
ſammenhängende Eier von Fiſchen, welche wie die Karpfen in ſtehenden Wäſſern
laichen, künſtlich zu befruchten, der Erfolg iſt jedoch derart unſicher, daß die natür-
liche Fortpflanzung in Brutteichen immer noch vortheilhafter bleibt.

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[311/0327] Die Fiſchzucht. Abwachsteich) eingeſetzt. Außer der Karpfenbeſatzung gibt man in die Hauptteiche als Nebenbeſatzung ungefähr auf je 10 Schock Karpfen 1 Schock Hechte und auf je 20 Schock Karpfen 1 Schock Schill, um den Teich von Fiſchbrut der verſchiedenſten Arten rein zu halten, welche, ſelbſt ohne Werth, nur den Hauptkarpfen die Nahrung wegnehmen würden. In den Hauptteichen werden die Fiſche durch einen, zwei oder drei Sommer (Hitzen) belaſſen, bis ſie mit mindeſtens 1 Kilogr., gewöhnlich mit 1.3—2 Kilogr. und darüber als „wagbare Fiſche“ zum Verkaufe gebracht werden können. 1 Hektar Hauptteich gibt in 3 Jahren durchſchnittlich 120—180 Stück à 1.5 Kilogr., d. i. 180—270 Kilogr. Fiſche oder per Jahr 60—90 Kilogr., per Joch und Jahr der Geſammtteichfläche (Haupt- und Zuchtteiche) 36—54 Kilogr. Nach dem Abfiſchen, welches meiſt im Herbſte in der zweiten Hälfte des Octo- bers vorgenommen wird, bleiben die Hauptteiche, bevor ſie neuerdings beſpannt werden, durch ein oder zwei Jahre trocken und werden zur Heugewinnung oder zum Hafer- anbau, zur Sämmerung, verwendet. Die Sämmerung oder Teichbrache liefert, abgeſehen von den Hafer- und Heuerträgen, durch die zurückbleibenden Pflanzentheile für die nachfolgende Fiſchbeſatzung einen werthvollen Nahrungszufluß. Zur Sicherung der Erträge der eingebauten Früchte, vorzugsweiſe Hafer, aber auch Buchweizen, Futterpflanzen, Hanf ꝛc., vor plötzlich hereinbrechenden Ueberſchwemmungen werden rings um den Teichrand, wie ſchon S. 309 erwähnt, Gräben mit entſprechenden Querprofilen gezogen, welche den unzeitgemäßen Waſſerzufluß möglichſt gefahrlos abzu- führen haben. Nicht zu überſehen iſt jedoch, daß bei den Teichſämmerungen durch das Trockenſtehen der Rechen und der hölzernen Ablaßvorrichtungen die Abnutzung dieſer Waſſerwerke eine bedeutendere wird und die Anlage der Schutz- und Entwäſſerungs- gräben erhebliche Koſten verurſacht. 3. Die künſtliche Fiſchzucht. Der natürliche Vorgang bei der Fortpflanzung der Fiſche iſt mancherlei Stö- rungen unterworfen. Es iſt ſchon fraglich, ob jedes Ei von Samenfäden befruchtet wird. Der ausgeſchlüpften Brut droht die Freßgier der eigenen Eltern und zahlreicher anderer Fiſchfeinde als der Raubfiſche, Waſſerkäfer, Flohkrebſe, Waſſerſpitzmäuſe, Gänſe, Enten ꝛc. Weitere Verwüſtungen richtet die Schifffahrt, beſonders die Dampfſchiff- fahrt an. In Folge dieſer zahlreichen Gefahren tritt eine ſtetig weiter gehende Entvölkerung der Gewäſſer ein. Um derſelben nach Thunlichkeit Einhalt zu thun, wird in neuerer Zeit der künſtlichen Fiſchzucht erhöhte Beachtung geſchenkt. Bei derſelben handelt es ſich nicht nur um die künſtliche Befruchtung, ſondern auch um die künſtliche Bebrütung und Aufzucht der Fiſche. Die künſtliche Befruchtung und ſomit auch die künſtliche Fiſchzucht be- ſchränkt ſich jedoch nur auf jene Fiſche, welche, wie die Salmoniden, freie Eier legen, die zu ihrer Bebrütung fließendes Waſſer erfordern. Es gelingt zwar auch zu- ſammenhängende Eier von Fiſchen, welche wie die Karpfen in ſtehenden Wäſſern laichen, künſtlich zu befruchten, der Erfolg iſt jedoch derart unſicher, daß die natür- liche Fortpflanzung in Brutteichen immer noch vortheilhafter bleibt.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/327>, abgerufen am 22.12.2024.