Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite
Allgemeine Ackerbaulehre.
VI.
Die Düngung.

Der im Boden enthaltene Vorrath an Pflanzennährstoffen erleidet im Verlaufe
der Zeit in verschiedenem Sinne eine mannigfaltige Veränderung. Durch die Ernte
der Culturpflanzen wird derselbe um jenen Theil der Nährstoffe, welcher von den
Pflanzen aus dem Boden aufgenommen wurde, vermindert, während demselben durch
die unausgesetzt thätige Verwitterung stets neue Mengen, jedoch auf Kosten des noch
unzersetzten Gesteines zugeführt werden.

Durch den Anbau tiefwurzelnder Pflanzen, den Hackfruchtbau, die Tiefackerung,
die Brache, den Fruchtwechsel, welche in früherer Zeit als bodenbereichernde Cultur-
maßregeln angesehen wurden, wird zwar die Verwitterung beschleunigt und werden
noch unberührte Bodenschichten für die Pflanzenernährung herangezogen, aber die
Erschöpfung des Bodens an gebundenen und aufnehmbaren Nährstoffen zusammen-
genommen nicht hintan gehalten, sondern noch erheblich vermehrt.

In allen Böden, mit Ausnahme jener, welchen durch Ueberschwemmungs- oder
Untergrundswasser Mineralsalze zugeführt werden, reicht daher die Verwitterung und
die dieselbe befördernden Culturmaßregeln, welche die gebundenen Nährstoffe nur
aufnahmsfähig machen können, nicht aus, um dem Boden die durch die Pflanzen-
ernten entnommenen Nährstoffe wieder zu ersetzen. Wenn der Boden für das Wachs-
thum der Culturpflanzen nicht ungeeignet, pflanzenmüde werden soll, so muß dieser
Ersatz durch eine entsprechende Nährstoffzufuhr von Außen, durch die Düngung 1)
gegeben werden. Durch letztere allein ist es möglich, den Nährstoffvorrath im Boden
je nach dem wirthschaftlichen Bedarfe auf einer den Anforderungen der Pflanze an-
gemessenen Höhe zu erhalten.

Der Dünger wirkt jedoch nicht allein durch die in demselben enthaltenen Pflanzen-
nährstoffe, sondern auch durch seinen Einfluß auf die Verwitterung und durch die
Wiederherstellung des günstigen physikalischen Bodenzustandes, welcher durch die
Pflanzenvegetation und die Witterungseinflüsse verschlechtert wurde.

Die Düngung hat daher den Zweck, dem Boden mit Rücksicht auf seinen Nähr-
stoffvorrath jene Nährstoffe, welche zur vollkommenen Entwickelung der nach der
Düngung anzubauenden Pflanzen erforderlich sind, zuzuführen und einen günstigen
physikalischen Zustand des Bodens herzustellen.

Bei dem Ersatze, der durch die Ernten dem Boden entzogenen Nährstoffen ist
noch weiter, abgesehen von dem wirthschaftlichen Vortheile, die Frage zu beachten,
welche Nährstoffe im Dünger ersetzt werden sollen.

Von den verschiedenen Nährstoffen, welche die Pflanze zu ihrer Entwickelung

1) Dr. E. Heiden, Lehrbuch der Düngerlehre. 2. Band. Stuttgart. 1866--1868;
Dr. E. Wolff, Praktische Düngerlehre mit einer Einleitung über die Nährstoffe der Pflanzen
und die Eigenschaften des Culturbodens. 5. Aflg. Berlin 1874.
Allgemeine Ackerbaulehre.
VI.
Die Düngung.

Der im Boden enthaltene Vorrath an Pflanzennährſtoffen erleidet im Verlaufe
der Zeit in verſchiedenem Sinne eine mannigfaltige Veränderung. Durch die Ernte
der Culturpflanzen wird derſelbe um jenen Theil der Nährſtoffe, welcher von den
Pflanzen aus dem Boden aufgenommen wurde, vermindert, während demſelben durch
die unausgeſetzt thätige Verwitterung ſtets neue Mengen, jedoch auf Koſten des noch
unzerſetzten Geſteines zugeführt werden.

Durch den Anbau tiefwurzelnder Pflanzen, den Hackfruchtbau, die Tiefackerung,
die Brache, den Fruchtwechſel, welche in früherer Zeit als bodenbereichernde Cultur-
maßregeln angeſehen wurden, wird zwar die Verwitterung beſchleunigt und werden
noch unberührte Bodenſchichten für die Pflanzenernährung herangezogen, aber die
Erſchöpfung des Bodens an gebundenen und aufnehmbaren Nährſtoffen zuſammen-
genommen nicht hintan gehalten, ſondern noch erheblich vermehrt.

In allen Böden, mit Ausnahme jener, welchen durch Ueberſchwemmungs- oder
Untergrundswaſſer Mineralſalze zugeführt werden, reicht daher die Verwitterung und
die dieſelbe befördernden Culturmaßregeln, welche die gebundenen Nährſtoffe nur
aufnahmsfähig machen können, nicht aus, um dem Boden die durch die Pflanzen-
ernten entnommenen Nährſtoffe wieder zu erſetzen. Wenn der Boden für das Wachs-
thum der Culturpflanzen nicht ungeeignet, pflanzenmüde werden ſoll, ſo muß dieſer
Erſatz durch eine entſprechende Nährſtoffzufuhr von Außen, durch die Düngung 1)
gegeben werden. Durch letztere allein iſt es möglich, den Nährſtoffvorrath im Boden
je nach dem wirthſchaftlichen Bedarfe auf einer den Anforderungen der Pflanze an-
gemeſſenen Höhe zu erhalten.

Der Dünger wirkt jedoch nicht allein durch die in demſelben enthaltenen Pflanzen-
nährſtoffe, ſondern auch durch ſeinen Einfluß auf die Verwitterung und durch die
Wiederherſtellung des günſtigen phyſikaliſchen Bodenzuſtandes, welcher durch die
Pflanzenvegetation und die Witterungseinflüſſe verſchlechtert wurde.

Die Düngung hat daher den Zweck, dem Boden mit Rückſicht auf ſeinen Nähr-
ſtoffvorrath jene Nährſtoffe, welche zur vollkommenen Entwickelung der nach der
Düngung anzubauenden Pflanzen erforderlich ſind, zuzuführen und einen günſtigen
phyſikaliſchen Zuſtand des Bodens herzuſtellen.

Bei dem Erſatze, der durch die Ernten dem Boden entzogenen Nährſtoffen iſt
noch weiter, abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Vortheile, die Frage zu beachten,
welche Nährſtoffe im Dünger erſetzt werden ſollen.

Von den verſchiedenen Nährſtoffen, welche die Pflanze zu ihrer Entwickelung

1) Dr. E. Heiden, Lehrbuch der Düngerlehre. 2. Band. Stuttgart. 1866—1868;
Dr. E. Wolff, Praktiſche Düngerlehre mit einer Einleitung über die Nährſtoffe der Pflanzen
und die Eigenſchaften des Culturbodens. 5. Aflg. Berlin 1874.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0172" n="154"/>
          <fw place="top" type="header">Allgemeine Ackerbaulehre.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Die Düngung.</hi> </head><lb/>
            <p>Der im Boden enthaltene Vorrath an Pflanzennähr&#x017F;toffen erleidet im Verlaufe<lb/>
der Zeit in ver&#x017F;chiedenem Sinne eine mannigfaltige Veränderung. Durch die Ernte<lb/>
der Culturpflanzen wird der&#x017F;elbe um jenen Theil der Nähr&#x017F;toffe, welcher von den<lb/>
Pflanzen aus dem Boden aufgenommen wurde, vermindert, während dem&#x017F;elben durch<lb/>
die unausge&#x017F;etzt thätige Verwitterung &#x017F;tets neue Mengen, jedoch auf Ko&#x017F;ten des noch<lb/>
unzer&#x017F;etzten Ge&#x017F;teines zugeführt werden.</p><lb/>
            <p>Durch den Anbau tiefwurzelnder Pflanzen, den Hackfruchtbau, die Tiefackerung,<lb/>
die Brache, den Fruchtwech&#x017F;el, welche in früherer Zeit als bodenbereichernde Cultur-<lb/>
maßregeln ange&#x017F;ehen wurden, wird zwar die Verwitterung be&#x017F;chleunigt und werden<lb/>
noch unberührte Boden&#x017F;chichten für die Pflanzenernährung herangezogen, aber die<lb/>
Er&#x017F;chöpfung des Bodens an gebundenen und aufnehmbaren Nähr&#x017F;toffen zu&#x017F;ammen-<lb/>
genommen nicht hintan gehalten, &#x017F;ondern noch erheblich vermehrt.</p><lb/>
            <p>In allen Böden, mit Ausnahme jener, welchen durch Ueber&#x017F;chwemmungs- oder<lb/>
Untergrundswa&#x017F;&#x017F;er Mineral&#x017F;alze zugeführt werden, reicht daher die Verwitterung und<lb/>
die die&#x017F;elbe befördernden Culturmaßregeln, welche die gebundenen Nähr&#x017F;toffe nur<lb/>
aufnahmsfähig machen können, nicht aus, um dem Boden die durch die Pflanzen-<lb/>
ernten entnommenen Nähr&#x017F;toffe wieder zu er&#x017F;etzen. Wenn der Boden für das Wachs-<lb/>
thum der Culturpflanzen nicht ungeeignet, pflanzenmüde werden &#x017F;oll, &#x017F;o muß die&#x017F;er<lb/>
Er&#x017F;atz durch eine ent&#x017F;prechende Nähr&#x017F;toffzufuhr von Außen, durch die <hi rendition="#g">Düngung</hi> <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Dr.</hi> E. Heiden, Lehrbuch der Düngerlehre. 2. Band. Stuttgart. 1866&#x2014;1868;<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> E. Wolff, Prakti&#x017F;che Düngerlehre mit einer Einleitung über die Nähr&#x017F;toffe der Pflanzen<lb/>
und die Eigen&#x017F;chaften des Culturbodens. 5. Aflg. Berlin 1874.</note><lb/>
gegeben werden. Durch letztere allein i&#x017F;t es möglich, den Nähr&#x017F;toffvorrath im Boden<lb/>
je nach dem wirth&#x017F;chaftlichen Bedarfe auf einer den Anforderungen der Pflanze an-<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;enen Höhe zu erhalten.</p><lb/>
            <p>Der Dünger wirkt jedoch nicht allein durch die in dem&#x017F;elben enthaltenen Pflanzen-<lb/>
nähr&#x017F;toffe, &#x017F;ondern auch durch &#x017F;einen Einfluß auf die Verwitterung und durch die<lb/>
Wiederher&#x017F;tellung des gün&#x017F;tigen phy&#x017F;ikali&#x017F;chen Bodenzu&#x017F;tandes, welcher durch die<lb/>
Pflanzenvegetation und die Witterungseinflü&#x017F;&#x017F;e ver&#x017F;chlechtert wurde.</p><lb/>
            <p>Die Düngung hat daher den Zweck, dem Boden mit Rück&#x017F;icht auf &#x017F;einen Nähr-<lb/>
&#x017F;toffvorrath jene Nähr&#x017F;toffe, welche zur vollkommenen Entwickelung der nach der<lb/>
Düngung anzubauenden Pflanzen erforderlich &#x017F;ind, zuzuführen und einen gün&#x017F;tigen<lb/>
phy&#x017F;ikali&#x017F;chen Zu&#x017F;tand des Bodens herzu&#x017F;tellen.</p><lb/>
            <p>Bei dem Er&#x017F;atze, der durch die Ernten dem Boden entzogenen Nähr&#x017F;toffen i&#x017F;t<lb/>
noch weiter, abge&#x017F;ehen von dem wirth&#x017F;chaftlichen Vortheile, die Frage zu beachten,<lb/>
welche Nähr&#x017F;toffe im Dünger er&#x017F;etzt werden &#x017F;ollen.</p><lb/>
            <p>Von den ver&#x017F;chiedenen Nähr&#x017F;toffen, welche die Pflanze zu ihrer Entwickelung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0172] Allgemeine Ackerbaulehre. VI. Die Düngung. Der im Boden enthaltene Vorrath an Pflanzennährſtoffen erleidet im Verlaufe der Zeit in verſchiedenem Sinne eine mannigfaltige Veränderung. Durch die Ernte der Culturpflanzen wird derſelbe um jenen Theil der Nährſtoffe, welcher von den Pflanzen aus dem Boden aufgenommen wurde, vermindert, während demſelben durch die unausgeſetzt thätige Verwitterung ſtets neue Mengen, jedoch auf Koſten des noch unzerſetzten Geſteines zugeführt werden. Durch den Anbau tiefwurzelnder Pflanzen, den Hackfruchtbau, die Tiefackerung, die Brache, den Fruchtwechſel, welche in früherer Zeit als bodenbereichernde Cultur- maßregeln angeſehen wurden, wird zwar die Verwitterung beſchleunigt und werden noch unberührte Bodenſchichten für die Pflanzenernährung herangezogen, aber die Erſchöpfung des Bodens an gebundenen und aufnehmbaren Nährſtoffen zuſammen- genommen nicht hintan gehalten, ſondern noch erheblich vermehrt. In allen Böden, mit Ausnahme jener, welchen durch Ueberſchwemmungs- oder Untergrundswaſſer Mineralſalze zugeführt werden, reicht daher die Verwitterung und die dieſelbe befördernden Culturmaßregeln, welche die gebundenen Nährſtoffe nur aufnahmsfähig machen können, nicht aus, um dem Boden die durch die Pflanzen- ernten entnommenen Nährſtoffe wieder zu erſetzen. Wenn der Boden für das Wachs- thum der Culturpflanzen nicht ungeeignet, pflanzenmüde werden ſoll, ſo muß dieſer Erſatz durch eine entſprechende Nährſtoffzufuhr von Außen, durch die Düngung 1) gegeben werden. Durch letztere allein iſt es möglich, den Nährſtoffvorrath im Boden je nach dem wirthſchaftlichen Bedarfe auf einer den Anforderungen der Pflanze an- gemeſſenen Höhe zu erhalten. Der Dünger wirkt jedoch nicht allein durch die in demſelben enthaltenen Pflanzen- nährſtoffe, ſondern auch durch ſeinen Einfluß auf die Verwitterung und durch die Wiederherſtellung des günſtigen phyſikaliſchen Bodenzuſtandes, welcher durch die Pflanzenvegetation und die Witterungseinflüſſe verſchlechtert wurde. Die Düngung hat daher den Zweck, dem Boden mit Rückſicht auf ſeinen Nähr- ſtoffvorrath jene Nährſtoffe, welche zur vollkommenen Entwickelung der nach der Düngung anzubauenden Pflanzen erforderlich ſind, zuzuführen und einen günſtigen phyſikaliſchen Zuſtand des Bodens herzuſtellen. Bei dem Erſatze, der durch die Ernten dem Boden entzogenen Nährſtoffen iſt noch weiter, abgeſehen von dem wirthſchaftlichen Vortheile, die Frage zu beachten, welche Nährſtoffe im Dünger erſetzt werden ſollen. Von den verſchiedenen Nährſtoffen, welche die Pflanze zu ihrer Entwickelung 1) Dr. E. Heiden, Lehrbuch der Düngerlehre. 2. Band. Stuttgart. 1866—1868; Dr. E. Wolff, Praktiſche Düngerlehre mit einer Einleitung über die Nährſtoffe der Pflanzen und die Eigenſchaften des Culturbodens. 5. Aflg. Berlin 1874.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/172
Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/172>, abgerufen am 21.11.2024.