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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

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Und ich ergrimmt' im Geist. Unmuthig schwoll
Das Herz im Busen mir, dass ungestraft
Der dummen Kläffer höhnendes Geschrey
Das heil'ge Lied verschrie; dass dem Gezücht
Der geistigen Eunuchen, die, entmannt
In Mutterleibe schon, dem Genius,
Des Genius göttlichsten Ausblitzungen
Hass und Verfolgung schwuren -- dass der Brut
Ihr kirchenschändend gottverläugnend Thun
Auch auf Momente nur frommt' und gedieh.
Ich irrt' entlang den blumenvollen Strand,
Ertrat Violen und Vergissmeinnicht,
Entrauft erzürnt dem wilden Rosenstrauch
Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind.
Nicht so der Schwan. Gross, schweigend und
in Ruh
Des Selbstbewusstseyns rudert' er dahin.
Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht
Der Frevler rings um ihn, wie durch die Welt
Voll Bosheit eine gute Seele glänzt.
Dess grollten ärger noch die Frevelnden,
Und neue Bosheit keimte, wuchs und reift'
Im Hui! in ihrer neidgeschwollnen Brust.
Und ich ergrimmt' im Geist. Unmuthig schwoll
Das Herz im Busen mir, daſs ungestraft
Der dummen Kläffer höhnendes Geschrey
Das heil'ge Lied verschrie; daſs dem Gezücht
Der geistigen Eunuchen, die, entmannt
In Mutterleibe schon, dem Genius,
Des Genius göttlichsten Ausblitzungen
Haſs und Verfolgung schwuren — daſs der Brut
Ihr kirchenschändend gottverläugnend Thun
Auch auf Momente nur frommt' und gedieh.
Ich irrt' entlang den blumenvollen Strand,
Ertrat Violen und Vergiſsmeinnicht,
Entrauft erzürnt dem wilden Rosenstrauch
Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind.
Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und
in Ruh
Des Selbstbewuſstseyns rudert' er dahin.
Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht
Der Frevler rings um ihn, wie durch die Welt
Voll Bosheit eine gute Seele glänzt.
Deſs grollten ärger noch die Frevelnden,
Und neue Bosheit keimte, wuchs und reift'
Im Hui! in ihrer neidgeschwollnen Brust.
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[294/0320] Und ich ergrimmt' im Geist. Unmuthig schwoll Das Herz im Busen mir, daſs ungestraft Der dummen Kläffer höhnendes Geschrey Das heil'ge Lied verschrie; daſs dem Gezücht Der geistigen Eunuchen, die, entmannt In Mutterleibe schon, dem Genius, Des Genius göttlichsten Ausblitzungen Haſs und Verfolgung schwuren — daſs der Brut Ihr kirchenschändend gottverläugnend Thun Auch auf Momente nur frommt' und gedieh. Ich irrt' entlang den blumenvollen Strand, Ertrat Violen und Vergiſsmeinnicht, Entrauft erzürnt dem wilden Rosenstrauch Sein grünes Haar, und streut' es in den Wind. Nicht so der Schwan. Groſs, schweigend und in Ruh Des Selbstbewuſstseyns rudert' er dahin. Sein Schneegefieder glänzte durch die Nacht Der Frevler rings um ihn, wie durch die Welt Voll Bosheit eine gute Seele glänzt. Deſs grollten ärger noch die Frevelnden, Und neue Bosheit keimte, wuchs und reift' Im Hui! in ihrer neidgeschwollnen Brust.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/320>, abgerufen am 26.04.2024.