Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich
schreckt:

Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen.
Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt!
Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen!
Von grausen Larven wird mein Geist geneckt.
Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde.
Flösst Lebenssaft ihm ein, dass nicht mein Freund
verscheide!

Jutta.
O süsse Schwester, gleicher Jammer presst
Auch dieses Herz. Lass denn vereint uns trauern,
Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge-
nässt,

Wie Thränenweiden über Gräbern schauern.
Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest
Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen,
Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich
krächzen!
Eleonore.
Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten
wach,

Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze.
Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag
Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze.
Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.

Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich
schreckt:

Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen.
Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt!
Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen!
Von grausen Larven wird mein Geist geneckt.
Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde.
Flöſst Lebenssaft ihm ein, daſs nicht mein Freund
verscheide!

Jutta.
O süſse Schwester, gleicher Jammer preſst
Auch dieses Herz. Laſs denn vereint uns trauern,
Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge-
näſst,

Wie Thränenweiden über Gräbern schauern.
Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest
Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen,
Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich
krächzen!
Eleonore.
Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten
wach,

Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze.
Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag
Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze.
Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0105" n="85"/>
              <l>Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich<lb/>
schreckt:</l><lb/>
              <l>Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen.</l><lb/>
              <l>Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt!</l><lb/>
              <l>Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen!</l><lb/>
              <l>Von grausen Larven wird mein Geist geneckt.</l><lb/>
              <l>Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde.</l><lb/>
              <l>Flö&#x017F;st Lebenssaft ihm ein, da&#x017F;s nicht mein Freund<lb/>
verscheide!</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <head>Jutta.</head><lb/>
              <lg n="2">
                <l>O sü&#x017F;se Schwester, gleicher Jammer pre&#x017F;st</l><lb/>
                <l>Auch dieses Herz. La&#x017F;s denn vereint uns trauern,</l><lb/>
                <l>Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge-<lb/>&#x017F;st,</l><lb/>
                <l>Wie Thränenweiden über Gräbern schauern.</l><lb/>
                <l>Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest</l><lb/>
                <l>Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen,</l><lb/>
                <l>Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich<lb/>
krächzen!</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <head>Eleonore.</head><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten<lb/>
wach,</l><lb/>
                <l>Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze.</l><lb/>
                <l>Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag</l><lb/>
                <l>Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze.</l><lb/>
                <l>Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0105] Vernimm die Zeitung, Schwester, die mich schreckt: Mein Trauter ist mit York ins Feld gezogen. Wenn nur kein Blut die weisse Rose fleckt! Bis, heil'ger Cuthbert, meinem Freund gewogen! Von grausen Larven wird mein Geist geneckt. Sieh sieh; er liegt auf leichenvoller Hayde. Flöſst Lebenssaft ihm ein, daſs nicht mein Freund verscheide! Jutta. O süſse Schwester, gleicher Jammer preſst Auch dieses Herz. Laſs denn vereint uns trauern, Vom Morgenthau, vom Dunst der Nacht ge- näſst, Wie Thränenweiden über Gräbern schauern. Vernimm, wie rings, wo vormal Fest für Fest Gesang und Reigen tobt', jetzt Uhu's ächzen, Die Eule grausig heult, und Raben ängstlich krächzen! Eleonore. Nicht pfeift der Minstrel mehr den Hirten wach, Nicht geigt der Geiger mehr zum raschen Tanze. Kein Hifthorn hallt; und keines Hufes Schlag Stört mehr den Fuchs aus seiner sichern Schanze. Ich irr' im Hayn den lieben langen Tag.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/105
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/105>, abgerufen am 26.04.2024.