dem gepreßten Herzen Luft, und sind Thau für die welkende Pflanze.
c) Heinrich und Marie, im Leben ge- trennt, durch den Tod verbunden.
Zu Leiningen, einem Gute im M .. lebte im lezten Viertel dieses Jahrhunderts, Wilhelm Meier, der von seinem Vater ein Freischulzen- gericht ererbt, und sich durch seinen Fleiß ein ansehnliches Vermögen, nach seinem Stande er- worben hatte. Marie war die einzige Tochter dieses Landmanns, ein gutes vollwangigtes Mädchen, die für die Schönste in der ganzen um- liegenden Gegend gehalten wurde. Sie besaß dabei einen guten Verstand, spielte die Laute, sang und las zuweilen, wenn es die häuslichen Beschäftigungen zuliessen, Gellerts Schriften, Vorzüge, die etwas seltenes in dasiger Gegend waren, daher kams, daß das Mädchen überall geschäzt und angesehen war, so daß sie ihr Glük in der nahen Residenzstadt hätte machen können. Aber ihr Vater ging damit um, für sie einen rei-
dem gepreßten Herzen Luft, und ſind Thau fuͤr die welkende Pflanze.
c) Heinrich und Marie, im Leben ge- trennt, durch den Tod verbunden.
Zu Leiningen, einem Gute im M .. lebte im lezten Viertel dieſes Jahrhunderts, Wilhelm Meier, der von ſeinem Vater ein Freiſchulzen- gericht ererbt, und ſich durch ſeinen Fleiß ein anſehnliches Vermoͤgen, nach ſeinem Stande er- worben hatte. Marie war die einzige Tochter dieſes Landmanns, ein gutes vollwangigtes Maͤdchen, die fuͤr die Schoͤnſte in der ganzen um- liegenden Gegend gehalten wurde. Sie beſaß dabei einen guten Verſtand, ſpielte die Laute, ſang und las zuweilen, wenn es die haͤuslichen Beſchaͤftigungen zulieſſen, Gellerts Schriften, Vorzuͤge, die etwas ſeltenes in daſiger Gegend waren, daher kams, daß das Maͤdchen uͤberall geſchaͤzt und angeſehen war, ſo daß ſie ihr Gluͤk in der nahen Reſidenzſtadt haͤtte machen koͤnnen. Aber ihr Vater ging damit um, fuͤr ſie einen rei-
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dem gepreßten Herzen Luft, und ſind Thau fuͤr
die welkende Pflanze.
c) Heinrich und Marie, im Leben ge-
trennt, durch den Tod verbunden.
Zu Leiningen, einem Gute im M .. lebte im
lezten Viertel dieſes Jahrhunderts, Wilhelm
Meier, der von ſeinem Vater ein Freiſchulzen-
gericht ererbt, und ſich durch ſeinen Fleiß ein
anſehnliches Vermoͤgen, nach ſeinem Stande er-
worben hatte. Marie war die einzige Tochter
dieſes Landmanns, ein gutes vollwangigtes
Maͤdchen, die fuͤr die Schoͤnſte in der ganzen um-
liegenden Gegend gehalten wurde. Sie beſaß
dabei einen guten Verſtand, ſpielte die Laute,
ſang und las zuweilen, wenn es die haͤuslichen
Beſchaͤftigungen zulieſſen, Gellerts Schriften,
Vorzuͤge, die etwas ſeltenes in daſiger Gegend
waren, daher kams, daß das Maͤdchen uͤberall
geſchaͤzt und angeſehen war, ſo daß ſie ihr Gluͤk
in der nahen Reſidenzſtadt haͤtte machen koͤnnen.
Aber ihr Vater ging damit um, fuͤr ſie einen rei-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/122>, abgerufen am 03.03.2025.
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