Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
11.

Sey höflich und geschliffen im Aeussern!
Man muß an Höfen und im Umgange in großen
Städten manchen Menschen sehn, ertragen und
freundlich behandeln, den man nicht schätzt, auch
sucht man ja in diesem Getümmel keine Freunde,
sondern nur Gesellschafter. Allein wo es Nutzen
stiften, oder wenigstens unser Ansehn befestigen,
wo es würken kann, daß Der Dich fürchte, der
nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬
ten ist; da laß ihn Dein Ansehn fühlen! Nim
eine Art von Würde, von edelm Stolze und von
Hoheit an gegen den Hofschranzen, damit nie
der Gedanke in ihm aufkeimen könne, Dich zu
foppen, oder zu misbrauchen! Diese Sclaven-
Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬
ständigen, consequenten Mannes; allein das
muß weder in Aufgeblasenheit, noch in Bauern¬
stolz ausarten. Sage diesen Leuten zuweilen
einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die
Wahrheit! Schlage ihre flachen, schiefen Ur¬
theile kaltblütig mit Gründen nieder, wo es nach
den Umständen die Klugheit erlaubt! Stopfe
ihnen das Maul, wenn sie den Redlichen lä¬
stern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thä¬

tig¬
11.

Sey hoͤflich und geſchliffen im Aeuſſern!
Man muß an Hoͤfen und im Umgange in großen
Staͤdten manchen Menſchen ſehn, ertragen und
freundlich behandeln, den man nicht ſchaͤtzt, auch
ſucht man ja in dieſem Getuͤmmel keine Freunde,
ſondern nur Geſellſchafter. Allein wo es Nutzen
ſtiften, oder wenigſtens unſer Anſehn befeſtigen,
wo es wuͤrken kann, daß Der Dich fuͤrchte, der
nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬
ten iſt; da laß ihn Dein Anſehn fuͤhlen! Nim
eine Art von Wuͤrde, von edelm Stolze und von
Hoheit an gegen den Hofſchranzen, damit nie
der Gedanke in ihm aufkeimen koͤnne, Dich zu
foppen, oder zu misbrauchen! Dieſe Sclaven-
Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬
ſtaͤndigen, conſequenten Mannes; allein das
muß weder in Aufgeblaſenheit, noch in Bauern¬
ſtolz ausarten. Sage dieſen Leuten zuweilen
einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die
Wahrheit! Schlage ihre flachen, ſchiefen Ur¬
theile kaltbluͤtig mit Gruͤnden nieder, wo es nach
den Umſtaͤnden die Klugheit erlaubt! Stopfe
ihnen das Maul, wenn ſie den Redlichen laͤ¬
ſtern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thaͤ¬

tig¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0083" n="61"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>11.<lb/></head>
            <p>Sey ho&#x0364;flich und ge&#x017F;chliffen im Aeu&#x017F;&#x017F;ern!<lb/>
Man muß an Ho&#x0364;fen und im Umgange in großen<lb/>
Sta&#x0364;dten manchen Men&#x017F;chen &#x017F;ehn, ertragen und<lb/>
freundlich behandeln, den man nicht &#x017F;cha&#x0364;tzt, auch<lb/>
&#x017F;ucht man ja in die&#x017F;em Getu&#x0364;mmel keine Freunde,<lb/>
&#x017F;ondern nur Ge&#x017F;ell&#x017F;chafter. Allein wo es Nutzen<lb/>
&#x017F;tiften, oder wenig&#x017F;tens un&#x017F;er An&#x017F;ehn befe&#x017F;tigen,<lb/>
wo es wu&#x0364;rken kann, daß Der Dich fu&#x0364;rchte, der<lb/>
nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬<lb/>
ten i&#x017F;t; da laß ihn Dein An&#x017F;ehn fu&#x0364;hlen! Nim<lb/>
eine Art von Wu&#x0364;rde, von edelm Stolze und von<lb/>
Hoheit an gegen den Hof&#x017F;chranzen, damit nie<lb/>
der Gedanke in ihm aufkeimen ko&#x0364;nne, Dich zu<lb/>
foppen, oder zu misbrauchen! Die&#x017F;e Sclaven-<lb/>
Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigen, con&#x017F;equenten Mannes; allein das<lb/>
muß weder in Aufgebla&#x017F;enheit, noch in Bauern¬<lb/>
&#x017F;tolz ausarten. Sage die&#x017F;en Leuten zuweilen<lb/>
einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die<lb/>
Wahrheit! Schlage ihre flachen, &#x017F;chiefen Ur¬<lb/>
theile kaltblu&#x0364;tig mit Gru&#x0364;nden nieder, wo es nach<lb/>
den Um&#x017F;ta&#x0364;nden die Klugheit erlaubt! Stopfe<lb/>
ihnen das Maul, wenn &#x017F;ie den Redlichen la&#x0364;¬<lb/>
&#x017F;tern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Tha&#x0364;¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tig¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0083] 11. Sey hoͤflich und geſchliffen im Aeuſſern! Man muß an Hoͤfen und im Umgange in großen Staͤdten manchen Menſchen ſehn, ertragen und freundlich behandeln, den man nicht ſchaͤtzt, auch ſucht man ja in dieſem Getuͤmmel keine Freunde, ſondern nur Geſellſchafter. Allein wo es Nutzen ſtiften, oder wenigſtens unſer Anſehn befeſtigen, wo es wuͤrken kann, daß Der Dich fuͤrchte, der nicht anders als durch Furcht im Zaume zu hal¬ ten iſt; da laß ihn Dein Anſehn fuͤhlen! Nim eine Art von Wuͤrde, von edelm Stolze und von Hoheit an gegen den Hofſchranzen, damit nie der Gedanke in ihm aufkeimen koͤnne, Dich zu foppen, oder zu misbrauchen! Dieſe Sclaven- Seelen zittern vor dem Uebergewichte des ver¬ ſtaͤndigen, conſequenten Mannes; allein das muß weder in Aufgeblaſenheit, noch in Bauern¬ ſtolz ausarten. Sage dieſen Leuten zuweilen einmal, doch ohne Hitze und Grobheit, die Wahrheit! Schlage ihre flachen, ſchiefen Ur¬ theile kaltbluͤtig mit Gruͤnden nieder, wo es nach den Umſtaͤnden die Klugheit erlaubt! Stopfe ihnen das Maul, wenn ſie den Redlichen laͤ¬ ſtern! Setze ihren Schleichwegen Muth, Thaͤ¬ tig¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/83
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/83>, abgerufen am 21.12.2024.